Martin Buber

Ein Mittler zwischen verhärteten Fronten

Der Religionsphilosoph Martin Buber nimmt am 3. Juli 1963 in Amsterdam den Erasmus-Preis aus der Hand von Prinz Bernhard der Niederlande in Gegenwart von Königin Juliana der Niederlande und Prinzessin Beatrix entgegen. Buber wird für seine Verdienste um das europäische Geistesleben ausgezeichnet.
Auch zu Lebzeiten geehrt: Der Philosoph Martin Buber © dpa / picture alliance / ANP
Karl-Josef Kuschel im Gespräch mit Maike Albath · 04.04.2015
Martin Buber ist einer der großen Denker des Judentums gewesen. Zu seinem 50. Todestag erscheint die Biografie, die der Theologe Karl-Josef Kuschel verfasst hat. Und er würdigt Buber als jemanden, dem es gelungen sei, den interreligiösen Dialog neu zu entfachen.
Er sei einer der ganzen großen Denker des Judentums deutscher Sprache gewesen, der es gerade zu seinem 50. Todestag verdient habe, an sein Vermächtnis zu erinnern, so begründet es Karl-Josef Kuschel, dass er eine Biografie über Martin Buber geschrieben hat.
Der jüdische Religionsphilosoph wurde 1878 in Wien geboren und starb 1965 in Jerusalem - wuchs aber bei den Großeltern im galizischen Lemberg auf. Seine theologische Programmatik entwickelte er aus den Erzählungen der osteuropäischen Chassidim – und das zu einer Zeit, in der das Ostjudentum intellektuell verachtet worden war. Aus diesen Quellen habe er die Erneuerung des Judentums vorangetrieben, resümiert der Professor für katholische Theologie, der lange Jahre Ko-Direktor des Instituts für ökumenische und interreligiöse Forschung an der Universität Tübingen war.
Und Buber sei auch dadurch zu einer epochalen Figur geworden, weil im Verhältnis von Juden und Christen vorgedacht hätte, was heute noch das Niveau des Dialogs ausmache: einzigartige Versuche, die lange verhärteten Fronten des Antijudaismus wie der Polemik gegenüber dem Christentum zu überwinden. Dialog habe für den jüdischen Gelehrten auf Begegnung beruht, auf Tiefenerfahrungen, die existenziell verändern und geistig erweitern würden, nicht aber auf "Vergegnungen", bei denen sich verschiedene Religionen träfen, sich aber nichts zu sagen hätten.
Der Dialog ist nach wie vor fragil
Den christlichen Kirchen habe er entgegengehalten, dass der Bund Gottes mit dem Volk Israel nicht gekündigt, das Judentum mithin nicht überholt und vom Christentum abgelöst sei, sondern eine bleibende Herausforderung, die einen eigenen Weg zu Gott zeige. So habe er eine neue Grundlage für christlich-jüdischen Dialog geschaffen.
Karl-Josef Kuschel: Martin Buber - seine Herausforderung an das Christentum
Karl-Josef Kuschel: Martin Buber - seine Herausforderung an das Christentum© Promo
Dem christlichen Anti-Judaismus habe das II. Vatikanische Konzil mit seiner Erklärung zu den nichtchristlichen Religionen eine Absage erteilt. Darin seien biblische Figuren aufgenommen worden, die anerkennen, dass der Bund Gottes mit dem Volk Israel unverändert bestehe, ferner dass Jesus und seine Apostel Juden gewesen seien.
Noch immer aber, so fügt Karl-Josef Kuschel hinzu, gebe es Spannungen zwischen Juden und Katholiken, etwa durch die neue Karfreitagsfürbitte, eingeführt von Benedikt XVI., die den Eindruck entstehen lasse, es gehe doch letztlich um eine Bekehrung der Juden und um eine andere Form der Judenmission. So gesehen sei der Dialog nach wie vor fragil.

Karl-Josef Kuschel: Martin Buber – seine Herausforderung an das Christentum
Gütersloher Verlagshaus 2015
363 Seiten, 24,99 Euro