"Man wollte es schlicht nicht mehr hören"

14.01.2013
Die Kunsthistorikerin Maike Bruhns hat es sich zur Aufgabe gemacht, vergessene Künstler aus Hamburg zu Zeiten des Nationalsozialismus zu erforschen und deren Andenken zu erhalten. Zum 50. Jubiläum des Kunsthauses Hamburg wird ein Teil ihrer Sammlung ausgestellt.
Über 100 Arbeiten von 80 Künstlern umfasst die Ausstellung zum 50. Jubiläum des Kunsthauses Hamburg. Den Schwerpunkt in "Nachtmahre und Ruinenengel. Hamburger Kunst 1920 bis 1949. Werke der Sammlung Maike Bruhns" bilden die Jahre zwischen 1933 und 1945, die Verfolgung, Diskriminierung, Entrechtung und sogar vereinzelte Deportation bis dahin angesehener Hamburger Künstler.

Maike Bruhns forscht seit 1978 zur Hamburger Kunst im 20. Jahrhundert. Dabei hat sie sich auch mit Elfriede Lohse-Wächtler beschäftigt. Zum ersten Mal habe sie von der Künstlerin gehört, als deren Nachlass auftauchte, bei einer Familie, die den Bruder Lose-Wächtlers gepflegt hatte. Diese Familie bemühte sich Ende der 90er-Jahre um die Veröffentlichung des Nachlasses.

Elfriede Lose-Wächtlers Geschichte nennt Maike Bruhns zwar besonders grausam, aber nicht einzigartig für die Zeit. Im Rahmen der Ausstellung seien 80 Künstler zu erfahren, die die abenteuerlichsten Biografien vorzuweisen haben: von Exil und Flucht bis innere Emigration bis Kriegstod.

Bruhns Beschäftigung mit dem Thema wurde ausgelöst durch eine Ausstellung der Hamburger Kunsthalle 1983 zu Kunst unterm Hakenkreuz. Da habe sie erstmals Bilder von Anita Reh gesehen und für einen Film über die Künstlerin deren Leben und Wirken recherchiert. Das war der Auslöser für eine späte Dissertation zum Thema.

Werke von kriegsgeplagten Künstlern aus Hamburg zu finden, sei nur durch aufwändige Recherche möglich gewesen. Zum einen in unzähligen Ausstellungslisten., zum anderen habe sie sich einen Ruf als Forscherin aufbauen müssen, um über Fundstücke benachrichtigt zu werden. Bis Argentinien ist Maike Bruhns auf den Spuren der Hamburger Künstler gereist, die oftmals während des Nationalsozialismus emigriert seien. Eine davon war Roma Geber, die 1940 ihrem Vater nach Argentinien gefolgt war und dort eigentlich ein schönes Leben hatte. "Sie hat sich in einer Serie Bilder frei gemalt", sagt Bruhns. Das habe sie immer wieder gefunden, dass abenteuerliche Biografien auf Kunst übersprangen und da zum Ausdruck gebracht wurden.

Man habe sich in Kunstszene nach 1945 von dem Thema abgewandt. "Man wollte es schlicht nicht mehr hören", sagt Bruhns. Zahlreiche Künstler versuchten über die Kunst, ihre lästigen Alpträume loszuwerden, indem sie Bilder davon malten, als Befreiungsversuch. "Aber das wollte man nicht sehen." Nach 1945 habe man anderes zu tun gehabt, die Geschichte sei zu präsent gewesen, man habe versucht, nach vorne zu blicken und zu vergessen.

Das vollständige Gespräch mit Maike Bruhns können Sie bis zum 14. Juni 2013 als MP3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Angebot nachhören.