Malerin Oda Jaune im Porträt

Ein leiser Film, der laut nachhallt

Irene Immendorff (Mutter von Maler Jörg Immendorff) neben Oda Jaune (re., Witwe von Immendorff) anlässlich einer Trauerfeier für Maler Jörg Immendorff in der Alten Nationalgalerie in Berlin, 2007
Die Künstlerin Oda Jaune, hier mit der Mutter ihres verstorbenen Mannes © imago/Christian Thie
Von Susanne Luerweg · 23.06.2016
Für viele ist Oda Jaune vor allem die Ehefrau des verstorbenen Malers Jörg Immendorf. Dabei ist sie selbst Künstlerin und erfolgreiche Malerin - eine, die Jonathan Meese als "eigenförmig" beschreibt. Nun kommt ein beeindruckendes Porträt über sie in die Kinos.
Eine zierliche Frau bearbeitet energiegeladen eine Leinwand. Mit heftigen Pinselstrichen fährt sie immer wieder darüber. In den ersten fünf Minuten der Dokumentation über die Malerin Oda Jaune wird nicht gesprochen. Einzig der Raum, die Künstlerin, die Leinwände sind zu sehen. Oda Jaune wirkt hochkonzentriert. Der Eindruck täuscht. Das Filmteam stört sie.
"Wirklich so eine Anwesenheit. Die Gedanken fließen woanders hin. Das ist das Problem. Ich muss malen. Alleine. Und ihr könnt immer wieder kommen."
Klare Worte, sanft vorgetragen von einer Frau, die gerne als die schönste Malerin des Kunstbetriebs gehandelt wird.
"Ich weiß nicht, ob ich schön bin. Aber ich weiß, dass man das so wahrnimmt und das hat eher geschadet. Also, was die Arbeit angeht, hat das nur geschadet."
Kitschig oder zu explizit?
Immer wieder ruht die Kamera auf ihrem Gesicht. Um dann auf ihre Arbeiten zu schwenken. Bilder, die monströse Wesen zeigen, Menschen mit amputierten Gliedmaßen, Mündern die Vaginas gleichen und Männer, deren Unterkörper aus zwei Schweinen bestehen. Die Kunst von Oda Jaune ist nicht gefällig, wird von einigen als kitschig kritisiert, von anderen als zu explizit und von vielen geschätzt. Unter anderem vom Schauspieler Lars Eidinger.
"Ich finde, dass sie sehr mutig ist, das darzustellen. In aller Abscheulichkeit. Weil man sich ja sehr angreifbar macht. Und es gibt ja den Satz, ich weiß gar nicht von wem der ist: 'Kitsch ist die Abwesenheit von Tod und Scheiße'. Und das ist der Grund warum ihre Bilder nicht kitschig sind. Sie sind sehr poetisch, aber nicht kitschig, weil der Tod immer mitschwingt."
Lars Eidinger ist ein Weggefährte. Andere sind ihr französischer Galerist Daniel Templon, der in Jaunes Bildern ein Malen gegen die Angst sieht, eine französische Sammlerin , die viel Mut beobachtet und der Theaterregisseur Thomas Ostermeier. Während des Interviews sitzt er vor einem Bild von Oda Jaune. Es zeigt eine Frau mit einer schwarzen, verformten Gesichtsmaske, die von einem Schleier umrahmt ist. Ein verstörendes Bild, das Ostermeier an Othello erinnert, und das er gerne irgendwann jemandem schenken möchte.
"Es geht eher darum, wem ich das mal geben will oder wer das mal haben soll. Aber wenn man jemandem dieses Bild schenkt, was hält der dann von einem?"
"Mich macht es glücklich, wenn meine Bilder berühren. Wenn die Bilder wirklich etwas bewegen."

"Sie gehört zu nichts"

Die Filmemacherin stellt der Künstlerin immer wieder sehr intime Fragen. Nach der großen Liebe, dem richtigen Alter und auch nach ihrem verstorbenen Mann.
"Und dann hatte ich später den Namen Immendorff und mit diesem Namen konnte ich auch nicht arbeiten. Ich wollte einen ganz eigenen Namen und dann habe ich meinen Mann gefragt, ob er mir einen gibt."
Aus Michaela Danowska, geboren in Sofia, wurde so Oda Jaune. Oda ist altdeutsch und heißt besonders wertvoll. Jaune ist französisch für gelb, der Lieblingsfarbe des verstobenen Malerfürsten.
Aber Oda Jaune ist nicht mehr länger die Witwe von Jörg Immendorff. Sie ist eine eigenständige Künstlerin, die ruhig und bedächtig antwortet, und sehr leise auftritt. Ganz anders als ihr Kollege Jonathan Meese, der aber als einziger deutliche Worte findet, wenn es darum geht, das Phänomen Oda Jaune zu beschreiben.
"Oda Jaune ist mit Sicherheit eine ganz hermetische Figur und das ist auch notwendig. Ich sehe sie überhaupt nicht als Bestandteil der Kulturszene. Die ist keine Netzwerkerin. Sie ist sehr eigenförmig. Die gehört zu nichts."
Auch der Film "Wer ist Oda Jaune" kann sie letztendlich nicht dechiffrieren. Kamilla Pfeffer ist trotzdem ein behutsames Künstlerinnenportrait gelungen. Mit ruhigen Bildern, unaufgeregten Kameraeinstellungen, und viel Raum für die Protagonistin. Ein Film der so leise, aber beeindruckend daher kommt wie die Portraitierte selbst. Aber der, wie die Protagonistin, beim Zuschauer laut nachhallt. Was kann man von Kunst, von einem Film mehr erwarten?
Mehr zum Thema