Macho, nein danke!

Von Nicholas Buschschlüter (ARD Madrid) · 03.04.2013
Spanien gehört zu den Vorreitern bei den Rechten von Homosexuellen. Noch unter Francos Regime gingen bis Mitte der 70er-Jahre mehrere tausend Spanier wegen ihrer Homosexualität in Gefängnisse, Irrenanstalten oder Lager. Heute aber heißt die Devise "Leben und leben lassen".
Der Madrider Stadtbezirk Chueca war früher einmal ein Problemviertel: Drogen, Junkies, Dreck und Überfälle, sogar am hellichten Tag. Seitdem Chueca der Schwulen- und Lesbenbezirk der Hauptstadt ist, hat sich dagegen vieles verändert. Schmucke Boutiquen, schicke Cafés, schöne Außenfassaden. Chueca ist ein Beispiel dafür, wie tolerant Spanien gegenüber Homosexuellen geworden ist, findet auch Emilio, Mitte 30, Sozialarbeiter, der Hand in Hand mit seinem amerikanischen Freund durch die Straßen schlendert:

"Spanien ist viel weiter als andere Länder wie Deutschland, Frankreich und England, wo Homosexuelle zwar sichtbar sind, aber längst nicht die gleichen Rechte haben wie wir. Hier haben wir eine große Sicherheit nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kinder."

Seit acht Jahren gibt es hier die Homo-Ehe, damit war Spanien nach den Niederlanden und Teilen der USA erst die dritte Nation weltweit, wo dies möglich gemacht wurde. Und im Gegensatz zu Deutschland ist die Homo-Ehe in Spanien vollwertig. Das heißt, Ehepartner können steuerlich zusammen veranlagt werden und zusammen Kinder adoptieren. Wenn es in Spanien noch Homophobie gibt, dann eher auf dem Land. Emilio spricht erst mal nicht von Ablehnung, sondern lediglich von Neugierde:

"In meinem Dorf zeige ich offen, dass ich schwul bin, und manchmal hat es schon etwas Ablehnung gegeben, zum Beispiel an meiner Schule, aber das war dann nach einiger Zeit vorbei. Es stimmt aber schon, auf dem Land gibt es immer noch viele, die einfach Angst davor haben, sich zu outen."

Einen großen Erfolg feierte die Schwulen- und Lesbengemeinde auch im vergangenen November. Das spanische Verfassungsgericht lehnte eine Klage der Konservativen Volkspartei PP gegen die Homoehe ab. Der Einspruch war sieben lange Jahre verhandelt worden. Die PP hatte argumentiert, durch die Homoehe werde die traditionelle Ehe als Grundelement der Gesellschaft entwertet.

Mariano Rajoy, damals Oppositionsführer, heute Regierungschef, versuchte kurz vor der Urteilsverkündung die Sache noch herunterzuspielen:

"Wir haben Einspruch eingelegt, nicht weil wir die Gleichberechtigung verhindern wollten, sondern was uns nicht gefiel, war lediglich die Bezeichnung Ehe. Jetzt warten wir einfach erst mal den Richterspruch ab."

Nach der juristischen Niederlage verzichtete die Regierung aber auf jeden weiteren Vorstoß gegen Homosexuelle. Mit der schweren Wirtschaftskrise in Spanien hat die PP auch jede Menge andere Probleme. Aber auch wenn die Regierung die Rechte von Schwulen und Lesben wieder beschneiden wollte, wäre das Rad nicht mehr zurückzudrehen, glaubt Emilio:

"Diesen Kampf würde die Regierung verlieren. Denn die Homo-Ehe ist etwas ganz Normales geworden. Auch die älteren Generationen haben schwule oder lesbische Kinder oder Enkel, die geheiratet haben."

Seit 2005 wurden in Spanien über 21.500 Homo-Ehen geschlossen. Mit Sicherheit leben auch viele getraute Paare im Madrider Stadtteil Chueca. Das Schöne sei aber, sagt Emilio, daß man in Spanien inzwischen überall offen gay sein könne.
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