M. Lucas, C. Löbbert: "Ice Ice Baby"

Eintagsfliegen in der Erinnerung

Der Popsänger Lou Bega ("Mambo No. 5") in der Fernsehshow "Wetten, daß...", 1999.
Landete mit Mambo No.5 einen Riesenhit: der Popsänger Lou Bega © picture alliance / dpa / Katja Lenz
Von Gesa Ufer · 30.10.2015
Vom grässlich kurzen Ruhm musikalischer Eintagsfliegen erzählt das Buch "Ice Ice Baby – One-Hit Wonders 1995-2015" von Autor Marcus Lucas und Illustratorin Carolin Löbbert. Das hätte eigentlich interessant werden können.
Von Carl Perkins' "Blue Suede Shoes" über Opus' "Live Is Life" bis zum "Gangnam Style" von PSY: One-Hit-Wonders markieren den Höhepunkt einer Karriere – und zugleich auch schon ihr Ende. Hinter vielen großen Hits stecken Geschichten, die sind so tragisch, grotesk oder rührend, dass sich ganze Romane daraus stricken ließen. 80 solcher Geschichten stellen der Journalist Marcus Lucas und die Illustratorin Carolin Löbbert in ihrem Buch "Ice Ice Baby – One Hit Wonders 1995-2015" vor.
Quälende Ohrwürmer, die man lieber für immer vergessen hätte
Chronologisch erzählt und getextet auf Deutsch und Englisch, graben die Beiden mit ihren Portraits auf jeweils einer Doppelseite längst vergessene Perlen aus. Aber auch quälende Ohrwürmer, an die man lieber nie wieder erinnert worden wäre. "I'm a Barbie Girl" zum Beispiel oder den "Mambo No. 5". Dabei erzählen Carolin Löbberts Zeichnungen mit nur wenigen Strichen viel vom kurzen Ruhm.
Da sind die zu großen Posen vor kitschigem Hintergrund, umnebelte Blicke und grenzdebiles Lachen, da sind die schmierigen Haartollen der 50er, die psychedelischen Muster der 60er und jede Menge anderer oft auch zeitloser Geschmacklosigkeiten. Und manchmal scheint sich bereits die Frage anzudeuten, was von all dem Glanz und Glamour wohl übrig bleiben mag. Die Texte bleiben die Antwort oft schuldig. Dafür sind sie zu kurz angelegt und können die Schicksale nur anreißen. Aber immerhin machen Sie Lust, auf eigene Faust tiefer zu recherchieren. Dabei hilft auch ein im Buch angegebener eigener Blog mit Videos und weitergehenden Informationen und eine eigene You-Tube-Playlist.
Auswahl oft nicht nachvollziehbar
Echtes Manko der Sammlung: Die Auswahl ist in vielen Fällen nicht nachzuvollziehen. Denn auch wenn die Autoren angeben, der internationale Blick auf die Künstler sei entscheidend gewesen, so haben es Musiker wie Serge Gainsbourg, Screamin' Jay Hawkins oder Bobby McFerrin wahrhaftig nicht verdient, zwischen den zahlreichen echten Eintagsfliegen eingereiht zu werden. Selbst Nena mag man allerlei vorwerfen, ein One-Hit-Wonder ist sie nicht. Und so bleibt am Ende der Eindruck, ein in erster Linie hoch dekoratives Coffee-Table-Buch in den Händen zu halten, das zwar knackige kurze Geschichten über Ruhm und Niederlagen erzählt, möglicherweise aber selbst nur ein auf Effekt konzipiertes One-Hit-Wonder zu sein scheint.
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