Luther als Marke

Von Susanne Arlt · 13.09.2008
Am 31. Oktober 2017 jährt sich zum 500. Mal der Thesenanschlag von Martin Luther. Schon jetzt beginnen die Vorbereitungen. Die sogenannte Lutherdekade wird aus diesem Anlass offiziell am 19. September in Wittenberg eröffnet.
Carla, Christin und Brendan angeln sich aus einer Schubkarre Harke, Besen und Heckenschere. Die College-Studenten aus North Carolina verbringen ihren Sommerurlaub in Deutschland. Vier Tage lang besuchen die US-Amerikaner Lutherstadt Wittenberg – und begeben sich auf die Suche nach einem Schatz. Wie Indiana Jones. Aber nach einem spirituellen Schatz.

Eine Enkelin von Martin Luther liegt auf dem evangelischen Friedhof begraben und mehrere Nachfahren von Phillip Melanchthon. Ehrfürchtig schauen sich die College-Studenten um. Wo genau sich die Grabstätten befinden, vermag heute keiner mehr zu sagen. Aber darum geht es den jungen Gläubigen aus den USA eigentlich auch nicht. Sie wollen ein wenig von der Geschichte einatmen, die sich vor 500 Jahren in dieser Kleinstadt zutrug.

Im September 1508 kam der damals junge Theologiestudent Martin Luther nach Wittenberg. Ganz freiwillig tat er das nicht, aber sein Beichtvater hatte ihn an die Universität empfohlen. Luther nannte das Städtchen abfällig als am Rande der Zivilisation gelegen.

Für die jungen Leute aus den USA ist Wittenberg dagegen Zentrum der Zivilisation, nämlich der christlichen. In einer Umfrage der Times wurde Wittenberg auf den dritten Platz der wichtigsten Ereignisse der Weltgeschichte gewählt. Friedhofsverwalter Werner Piefke weist die Studenten kurz ein. Freiwillig wollen die jungen Frauen und Männer während ihres Mission-Trips Dienste verrichten. Dienst im Sinne der Nächstenliebe, erklärt Tim Smith. Er ist Pfarrer an der lutherischen Kirche in Boone in North Carolina und leitet zudem den Kirchenkreis an der Appalachian State University. Mit den jungen Studenten ist er nach Wittenberg gereist, um mehr über das Erbe Luthers zu erfahren.

Tim Smith: "Wir glauben, dass es wichtig ist für die Stundenten zu lernen, etwas für andere Menschen zu tun, ihnen sozusagen zu dienen. Glaube und Beistand müssen Hand in Hand gehen. Man kann sie nicht von einander trennen. Andernfalls ist es kein Glaube. Beide sind Teil unseres christlichen Glaubens. Und dann kommt noch die Erfahrung mit einer anderen Kultur dazu. Wir US-Amerikaner denken ja immer, wir seien der Mittelpunkt der Welt. Und es ist ganz gut, auch mal das Gegenteil festzustellen. Hier in Wittenberg, die Geschichte, unsere Dienste, die wir leisten, unserer geistigen Reflektionen, unsere gemeinsamen Gebete, all das hilft uns, uns mehr in unserem Glauben zu zentrieren."

Darum werden die 29 College Stundenten in den nächsten Stunden Rasen mähen, Unkraut jäten und die Hecke um den Lutherplan kürzen – und das ganz freiwillig.

Mit einer Heckenschere schneidet Brendan einen dicken Ast durch. Nach wenigen Minuten läuft dem jungen Mann der Schweiß von der Stirn. In der Schule hat er einiges über Martin Luthers Ansichten gelernt. Zum Beispiel, dass der Mensch ein freier Herr aller Dinge ist und niemandem untertan. Und dass er doch ein dienstbarer Knecht aller Dinge ist und jedermann untertan. Den Sinn, sagt Brendan, habe er lange nicht verstanden.
Brendan Braaten: "Den engsten Kontakt, den wir bislang zu Martin Luther hatten, der stammt aus einem Lehrbuch. Aber jetzt hier in Wittenberg zu sein, dies alles aus nächster Nähe zu erleben, da wird einem plötzlich vieles klarer. Wenn ich die historischen Plätze hier besuche, mehr über die Geschichte unserer Religion erfahre – dann merke ich, dass uns das in unserem Glauben weiterhilft. Wittenberg ist so ein historischer Ort und das spürt man. Wenn ich auf diesen Straßen laufe, dann laufe ich auf denselben Straßen wie einst Martin Luther oder Phillip Melanchthon. Das fühlt sich einfach großartig an."

Lutherstadt Wittenberg. Wohl nirgendwo sonst in der Welt ist die Reformationsgeschichte so erlebbar und gegenwärtig wie in dieser Kleinstadt in Sachsen-Anhalt. Manch Besucher verspürt die ganze Altstadt als auratischen Ort. Das liegt aber nicht so sehr an Luthers Bildnis, das in den Schaufenstern jegliche Hökerware ziert: Fingerhüte, Streichholzschachteln, Likörflaschen, Tassen, Münzen und natürlich Socken in allen Größen und Farben auf denen steht: Hier stehe ich und kann nicht anders.

Es ist vielmehr das löchrige Kopfsteinpflaster, über das einst der große Meister zum Gottesdienst in die Stadtkirche eilte, was den Gläubigen erschauern lässt. Oder die buntbemalte Holzkanzel, die der Museumsbesucher heute im Lutherhaus bewundern kann. Vor einiger Zeit legten Archäologen in einem Gemäuer aus gelbem Backstein eine mittelalterliche Latrine frei. Sie sind überzeugt, das stille Örtchen des Reformators gefunden zu haben. In der Umgebung gruben die Altertumsforscher 40.000 Einzelstücke aus: Scherben, Fragmente, Haushaltsteile. In Lutherstadt Wittenberg hat sich die Tourismusbranche schon vor Jahren mit aller Kraft dem Erbe des Reformators gewidmet. Als vor zwölf Jahren die Stadt den 450. Todestag von Martin Luther feierte, sah die Marketing Welt in Wittenberg allerdings noch ganz anders aus. Es klaffte ein tiefer, schier unüberwindlicher Graben zwischen Tourismusmanagern und Theologen. Damals umfasste die Produktpalette 240 Einzelteile. Es gab Luther-Tassen, Luther-Untersetzer, Luther-Besteck. Der Tourismusmanager der Stadt fand es originell, Touristen in grellfarbigen Doppelstöcker-Bussen durch die Stadt zu schicken mit einem drei Meter hohen Luther-Konterfei aus Plastik auf dem Dach. Friedrich Schorlemmer, der Pfarrer in Wittenberg und Bürgerrechtler zürnte und nannte die Tourismusleute damals geistige Kastraten. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Denn auch die Kirche hat erkannt, allein mit Sonntagspredigten lassen sich keine Schäfchen mehr in die Gotteshäuser locken. In Wittenberg leben gerade mal achtzehn Prozent Christen. Darum sieht die Evangelische Kirche in Deutschland im anstehenden Jubiläumsjahr 2017 eine große Chance. 500 Jahre Reformation lassen sich in modernen Zeiten bestens vermarkten.

Stephan Dorgerloh: "Wir wollen ja, dass Menschen kommen, wir müssen nur gucken, dass sie sich in guter Weise dann auch mit Luther beschäftigen können. Also nicht nur im Museum, sondern sich auch lebendig sich mit ihm auseinandersetzen. Einen Text lesen, Kirchenmusik erleben oder eine Andacht. Also auf vielfältige Weise mit den Themen und Theologie in Kontakt kommen. Da müssen wir ein Interesse dran haben. Ich glaube, dass wir da mit den Touristikern Hand in Hand arbeiten sollten, weil das natürlich auch was mit der Gastgeberschaft der Kirchen zu tun hat. Dann wird es sicherlich viele Ideen geben, wie man auch Luther vermarkten kann. Und da bin ich gespannt was es für geistreiche und weniger geistreiche Ideen gibt."

Stephan Dorgerloh ist Direktor der Evangelische Akademie von Sachsen-Anhalt. Nicht weit von der Schlosskirche, an dessen Tür Martin Luther angeblich seine 95 Thesen angeschlagen haben soll, befindet sich sein Büro. Aber nicht mehr lange, denn im September wird Stephan Dorgerloh ein neues Amt antreten. Der Rat der Evangelischen Kirche hat ihn zum Prälaten der Stadt Wittenberg ernannt. Die EKD möchte auf diese Weise stärker Einfluss nehmen auf die Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum 2017. Martin Luther sei es darum gegangen, die Gesellschaft zu modernisieren, erklärt Stephan Dorgerloh. Dazu zählten vor allem das Bildungswesen und der soziale Bereich. Dem Theologen Dorgerloh schwebt ein neues Reformprojekt vor. Die Agenda 2017 als Gegenstück zur Agenda 2010. Grundideen der Reformation sollen weitergedacht werden.

Stephan Dorgerloh: "Wir haben immer Agenda 2010 im Ohr, da gibt es jetzt eine Agenda 2017. Und die ist inhaltlich ganz anders gefüllt. Da können wir die Frage der Würde des Menschen diskutieren, da können wir diskutieren, wie ist das eigentlich in einer Leistungsgesellschaft, was zählt der Mensch. Also das sind völlig andere Fragen, aber ich meine es sind die Grundfragen, die also unsere Gesellschaft zusammen hält und die auch unsere Gesellschaft entwickelt auch eben gerade in diesem Kontext globaler Entwicklung, auf die ja die Agenda 2010 reagieren will. Dagegen setzten wir mal die Agenda 2017, weil sie an den Grund der Dinge geht und da ist Luther ein guter Partner mit dem man das anstoßen kann."

Stefan Rhein: "Die Marke Luther gibt es schon zu Luthers Zeiten. Luther selber hat sich dagegen gewehrt, dass seine Anhänger sich Lutherani nennen und trotzdem haben sie sich nach ihm genannt. Er sagte zu ihnen, ich bin ein armer Madensack, nennt euch nicht nach mir, nennt euch nach Christus."

Stefan Rhein hat sein Büro im ersten Stock des Lutherhauses. In seinem Büro hängt ein Porträt von Martin Luther. Wohlgenährt und streng dreinschauend hat ihn Lucas Cranach der Ältere dargestellt. Stefan Rein ist Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten. Er könne sich noch gut an die langweiligen Diskussionen zwischen Touristikern und Theologen aus den 90er Jahren erinnern. Rhein ist Katholik. Vermutlich darum hat er eine eher pragmatische Einstellung zum Thema Luther und Vermarktung. Außerdem sie das ein alter Hut, sagt Rhein. Schon kurz nach seinem Tod wird die Lutherstube zu einer Art Pilgerstätte. Seine zahlreichen Anhänger verewigen sich mit ihren Namen an den Wänden. Im 17. Jahrhundert ist die Lutherstube Museum. Heute besuchen im Jahr 80.000 Gäste das Lutherhaus. Aber verkommt deswegen Luther zur Marke? Oft geht es in dem Streit zwischen Theologen und Touristikern nur um Begrifflichkeiten.

Stefan Rhein: "Also die Sprache der Touristiker lautet, Luther ist ein touristisches Produkt. Da muss der Theologe aufheulen. Wenn wir aber sagen, Luther ist ein Angebot. Auch für touristische Besucher wie auch zu an den inhaltlich interessierten religiösen Gruppen, dann haben wir schon eine sprachliche Brücke damit geschaffen, indem wir statt Produkt ein Angebot sagen."

Inzwischen hätten beide Seite die Denke des anderen verstehen gelernt, sagt der Dirktor der Stiftung Luthergedenkstätten. Theologen verstunden inzwischen mehr von den Rentabilitätszwängen der Touristiker. Und statt einen drei Meter hohen Plastikkopf von Martin Luther auf einem Doppelstöckerbus zu montieren, fragen die Marketingstrategen jetzt lieber vorher die Theologen, was sie von ihren Ideen halten. Doch dass die EKD erst im Jahr 2008 Lutherstadt Wittenberg für sich entdeckt, findet der Katholik Stefan Rhein schon ein bisschen seltsam. Eine Wittenbergstiftung soll erst in diesem Jahr gegründet werden. Alle 23 Landeskirchen sind aufgerufen, sich an der Stiftung zu beteiligen. Im Sinne der Reformation soll sie die Themen Bildung und Predigtkultur anschieben. EKD- Ratsvorsitzender Wolfgang Huber ließ sich von dem Wittenberg-Virus erst spät infizieren. Er kam im Tross des Erzbischofs von Canterbury, der sich fünf Stunden Zeit für seinen Besuch nahm.

Stefan Rhein: "Ich werde das nie vergessen, wie ergriffen der von Wittenberg war und zwar nicht nur von den Gebäuden, sondern auch von der Botschaft, von der Kraft, von der Aura, die er offensichtlich hier gespürt hat. Und die deutschen Würdenträger der Kirche in seinem Schlepptau, spürten auf einmal, dass da auch Orte Wirkungen entfalten, die vielleicht ganz unerwartet waren. Das war wirklich sehr beeindruckend, wie der Ort Wittenberg auf ausländische Christen wirkt."

Christian Utpatel ist einer der wenigen Menschen, die quasi eine Art Symbiose zwischen Theologie und Touristik eingegangen sind. Der Pfarrer ist heute Geschäftsführer des Unternehmens "Reisen nach Terra Lutheraner". Er organisiert ausschließlich Fahrten, die mit Luther zu tun haben. Für den Landkreis Wittenberg hat er ein Strukturkonzept für ein Pilgerbüro entwickelt und darin Vorschläge erarbeitet, wie man mit dem Thema Reformation umgehen sollte. Für seine Ideen sei er vielfach belächelt worden, sagt Utpatel. Vor allem von kirchlicher Seite. Zum Beispiel für seinen Vorschlag einer Erlebnisausstellung. Dort sollen Touristen innerhalb von nur 20 Minuten die wesentlichen Grundzüge der Reformation verstehen lernen. Utpatel fordert außerdem, dass sich die evangelische Kirche nicht nur über Predigten und das Thema Bildung den Menschen in und um Wittenberg nähert. Ihm schweben Nachbarschaftsprojekte vor. Eine Dorfkirchengemeinde organisiert ein Fußballturnier mit dem Schützenverein.
Christian Utpatel: "Die normalen Wittenberger, die von so einem ganzen Thema das irgendwie an ihnen vorbeirauscht und was sich ja auch nur in der Altstadt abspielt im Grunde auf drei Straßenzügen, wo die so nur ein bisschen was mitkriegen davon. Das war unsere Beobachtung aus Gesprächen, die wir gemacht haben, dass der normale Wittenberger, wenn man den mal so chiffrieren kann, im Grunde überhaupt nicht weiß, worum es geht."

Dabei sei der Kampf um Wittenberg schon in vollem Gange, glaubt auch Stefan Rhein. In einem Vorort von Wittenberg ließen sich bereits Baptisten nieder. Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche kaufte zusammen mit der amerikanischen Missouri Synode, der zweitgrößten lutherischen Kirche in den Vereinigten Staaten, das alte Knabengymnasium neben der Stadtkirche. Dass beide Vereinigungen womöglich eine Pilgerstätte mit Hauskapelle errichten wollen, sorgte für viel Unruhe. Schließlich bekennt man sich zu einer konservativen Lehre und lehnt Frauen im Priesteramt kategorisch ab. Eine Vorstellung, die Hanna Kasparick so gar nicht teilen mag. Die Pfarrerin ist zugleich Direktorin des evangelischen Predigerseminars. Seit einem Jahr werden in Wittenberg die Vikare aus vier ostdeutschen Bundesländern auf ihren Dienst in den Gemeinden vorbereitet.

Hanna Kasparick: "Natürlich haben wir es hier mit einer breiten Konfessionslosigkeit zu tun, die ganz oft Areligiösität ist. Auf der anderen Seite erlebe ich eine neue Offenheit. Dass wirklich ein Interesse da ist: Dass Menschen gucken und vor allem wenn sie Kinder haben noch einmal überlegen, also für mich ich habe das nicht so gelernt mit Kirche, aber ich möchte gerne, dass meine Kinder was mitbekommen ich lasse die mal taufen oder ich schicke sie in den evangelischen Kindergarten. Und da gibt es ganz Bewegung in diesen Zwischenräumen."

Auch wenn die Zahl der Christen in Ostdeutschland immer weiter zurückgeht, so lassen die Analysen des Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung aufhorchen. Fast die Hälfte aller Ostdeutschen verspüre inzwischen das Interesse, über Religion zu sprechen.

Dies bekommen auch die vier Schwestern der Communität Christusbruderschaft Selbitz zu spüren. Der evangelische Orden aus Oberfranken hat vor wenigen Monaten einen Außenkonvent in Wittenberg errichtet. Seitdem finden drei Mal am Tag öffentlich Andachten in der kleinen Fronleichnamkapelle statt.

Die Nonnen Elisabeth, Karin, Hanna und Heike beten an diesem Abend allein in der alten Kirche. Das sei aber nicht immer so, sagt Schwester Elisabeth. Immer öfter kämen Wittenberger und würden sich dazu setzen.

Schwester Elisabeth: "Doch wir werden wahrgenommen, wir merken es auch, indem wir einfach angehalten werden, gefragt werden, sind sie ne Nonne. Am Stadtfest haben sie gefragt, sind Sie echt. Lachen. Viele Menschen kommen auf uns zu, vielleicht grad weil wir Nonnen sind. Und vielleicht ist es ein Vertrauensvorschuss, wir wissen es nicht so genau."

Die Menschen sprechen sie auf der Straße an. Manche erzählen von ihrer Stasi-Zeit, erzählen von ihren Gewissensbissen. Manche sprechen über das harte Leben, dass sie seit der Wende leben. Der Konvent hat sich für die Außenstelle in Wittenberg entschieden, weil die Menschen hier noch nicht so satt seien in ihrem Glauben, sagt Schwester Elisabeth. Manche Menschen beachten die Nonnen nicht, manche rufen ihnen dumme Sprüche hinterher. Die jüngste Schwester Heike arbeitet seit wenigen Wochen in einem evangelischen Kindergarten.

Schwester Heike: "Allerdings in einem Viertel wo es keine Touristen gibt und kein Luther um die Ecke steht, sondern in einem Plattenbaugebiet von Wittenberg. Wo es absolut anderes aussieht wie hier in der goldenen Innenstadt. Uns ist wichtig, zu den Werten zurück zu finden und den Eltern auch Erziehungshilfe zu geben. Solche Dinge schätzen auch die Eltern sehr, weil sie letztlich auch sehr Suchende sind."

Ihr neues Domizil liegt neben der Stadtkirche, in der einst Martin Luther predigte. Auch die geistliche Seite an Wittenberg hat die vier Schwestern gelockt. Vor der Fronleichnamkapelle appellierte einst der Reformator an Papst Leo, er möge endlich über seinen Ketzerprozess entscheiden. Hier an diesem weltgeschichtlichen Ort sei etwas von Gott in Gang gesetzt worden. Die vier Schwestern hoffen auf einen Aufbruch in der Stadt. Was Jahrhunderte lang voneinander getrennt war, könnte hier im Sinne der Ökumene vielleicht wieder zueinander finden.

Schwester Elisabeth: "Man kommt in eine Atmosphäre, die eben durch Jahrhunderte gewachsen ist, aber besteht. Und das spüren die Menschen. Und das muss man vielleicht gar nicht benennen, sondern es liegt in der Luft. Und da kann noch geschichtlich soviel drüber gegangen sein. Irgendwas ist davon noch zu spüren von diesem Geist, der Freiheit eines Christenmenschen, von dem Luther gesprochen hat."

Carla, Christin und Brendan harken noch immer das Laub auf dem evangelischen Friedhof zusammen und schneiden die Hecke in Form. Vielleicht finden wir unter all den Blättern doch noch das Grab der Luther-Enkelin, scherzt Carla Banker.

Carla Banker: "Dies hier macht mir einfach Spaß. Es ist so inspirierend hier zu seien, dort wo die Reformation begann. Das ist ein wirklich cooles Gefühl. Ich kann es mit Wörtern gar nicht richtig beschreiben. Aber ich würde liebend gern einmal zurückkommen."

Den Geist des Ortes spüren die College-Studenten aus North Carolina schon jetzt, auch wenn an diesem Tag noch viel zu tun bleibt.