Lori Nelson Spielman: "Und nebenan warten die Sterne"

Simple Botschaften fürs Poesiealbum

Löwenzahn
"Manchmal geht es im Leben darum, an etwas festzuhalten, viel öfter aber muss man einfach loslassen", schreibt Lori Nelson Spielman. © imago/blickwinkel
Von Kolja Mensing · 17.10.2016
Mit ihrer Sicht auf das Leben hat die Amerikanerin Lori Nelson Spielman vor allem viele Deutsche überzeugt. Ihr dritter Roman "Und nebenan warten die Sterne" erscheint deshalb auch zuerst auf Deutsch. Auch darin geht es wieder um eine Reise zu sich selbst.
Die Danksagung am Ende des Buches ist ausnahmsweise mal richtig interessant. An erster Stelle erwähnt Lori Nelson Spielman ihren "wunderbaren deutschen Verlag", den Krüger Verlag, der zum "phänomenalen Verlagshaus" S. Fischer gehört. Hier erschien vor drei Jahren Spielmans Debütroman "Morgen kommt ein neuer Himmel", in dem eine junge Frau nach dem Tod ihrer Mutter zu sich selbst finden muss. Das Buch wurde zum Überraschungsbestseller und war in der deutschen Übersetzung deutlicher erfolgreicher als im amerikanischen Original – so erfolgreich, dass der dritte Roman der Autorin jetzt zuerst auf Deutsch und nicht auf Englisch veröffentlicht wird.
"Und nebenan warten die Sterne" hält ansonsten allerdings wenig Überraschungen bereit. Lori Nelson Spielman bleibt bei ihrem bevorzugten Stoff: den manchmal nicht ganz einfachen Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern – sie schickt ihre Figuren wieder einmal auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Annie ist 19, lebt in New York und verliert bei einem Zugunglück ihre Schwester Kristen. Sie fühlt sich schuldig am Tod der Schwester, weil sie sie am Ende des Sommers allein zum College hat fahren lassen. Und auch ihre Mutter Erika, eine erfolgreiche Maklerin, die sich zu wenig um ihre Kinder gekümmert hat, macht sich große Vorwürfe. Beide Frauen begeben sich nun auf eine Reise: Annie geht als Au-pair nach Paris, Erika kehrt zum ersten Mal nach vielen Jahren zurück in die Kleinstadt, in der sie aufgewachsen ist. Dort setzt sie sich endlich mit dem Trauma auseinander, das ihre Kindheit überschattet hat, dem Selbstmord ihrer Mutter.

Geheimnisvolle E-Mails

Die Handlung ist nur Gerüst. Wichtiger ist: Annie und Erika werden auf ihren Reisen von geheimnisvollen E-Mails begleitet, die aus einem Geisterreich zu kommen scheinen, mit Sinnsprüchen von Erikas Mutter und Großmutter. "Manchmal geht es im Leben darum, an etwas festzuhalten, viel öfter aber muss man einfach loslassen." Oder: "Wir können 365-mal im Jahr von vorn anfangen. Jeden Morgen, wenn wir aufwachen." Das ist das eigentliche Material, aus dem dieser Roman gemacht ist, genau wie seine beiden Vorgänger: die "Weisheiten und Erkenntnisse" von "ungewöhnlichen Frauen", die die Kraft haben, dem Leben der Protagonistinnen eine neue Richtung zu verleihen – und vielleicht auch dem Leben derjenigen, die von ihnen lesen.
Die Botschaften sind nun so simpel formuliert, dass sie vermutlich in jedem Land der Welt verstanden werden können – aber sie passen natürlich sehr gut zu einem fast vergessenen, sehr deutschen Traditionsformat: dem guten alten Poesiealbum. Ob Lori Nelson Spielman darum in unserem Land so gern gelesen wird? In den USA, so war auf Anfrage vom Verlag zu erfahren, hat sie auf jeden Fall für "Und nebenan warten die Sterne" bisher noch keinen Verlag gefunden. Bei uns ist ihr neuer Roman seit dieser Woche in den Bestsellerlisten.

Lori Nelson Spielman: "Und nebenan warten die Sterne"
Aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer
Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2016
384 Seiten, 14,99 Euro