Live vom Milchschafhof in Diahren im Wendland

03.06.2009
Dass man aus Schafsmilch Fetakäse, Butter, Sahne oder Joghurt herstellen kann, liegt nahe. Doch der Milchschafhof in Diahren bietet mit einem Likör aus Schafsmilch, dem "White Wendish Liquor", noch eine weitere Delikatesse an. Einheimische und Touristen schwören auf dieses Wendlandprodukt.
Das Schaf ist im Gegensatz zur Kuh ein relativ unkompliziertes, aber dennoch ertragreiches Nutztier. Es wird zwei Mal am Tag gemolken, aber nur von April bis September. Die Lämmer werden im Alter von zirka zehn Monaten geschlachtet und schmecken bekanntlich sowohl als Braten als auch als Wurst ziemlich lecker. Mit dem Schafskäse ist es nicht anders, besonders wenn er in Olivenöl eingelegt und mit Thymian gewürzt aufgetischt wird. Und sogar für die Likörherstellung taugt die Schafsmilch, jedenfalls dann, wenn ein findiger Schafsbauer die Geschäfte lenkt.

Ein solcher ist Giselher Kühn, der im Wendland inmitten von satten, grünen Wiesen und gelben Rapsfeldern einen Milchschafhof betreibt: 30 Muttertiere versorgt er, dazu kommen 45 Lämmer, von denen allerdings im Herbst die meisten geschlachtet werden. Die Herde lebt auf dem Biohof in freier Natur, nur Unterstände mit Stroh schützen vor Kälte und Nässe. Der Melkstand am Rande einer Weide erinnert an eine alte, baufällige Holzbrücke und mutet geradezu mittelalterlich an im Vergleich zu den Melkanlagen, die viele Milchbauern in ihren Kuhställen betreiben.

Schafsmilch ist mit bis zu zwölf Prozent Fett wesentlich gehaltvoller als Kuhmilch, und wird nicht als Trinkmilch angeboten. Aber die Käseproduktion ist dafür umso üppiger: Schafskäse und Feta sind beliebt und lange haltbar, verschiedene Gewürze, Olivenöl und Knoblauch machen aus dem Naturprodukt eine echte Delikatesse. Auch Butter, Sahne und Joghurt verkaufen sich gut, zumal es immer mehr Allergiker gibt, die Kuhmilch nicht vertragen.

Der Verkaufsschlager auf dem Milchschafhof Diahren ist der White Wendish Liquor, ein Likör aus entfetteter Schafsmilch mit 15% Alkohol. Als Giselher Kühn das Rezept von einer alten Bäuerin Anfang der 90er-Jahre bekam, verkostete er seine erste Produktion auf den örtlichen Wochenmärkten. Die Menschen machten einen großen Bogen um den Stand, der Schafsmilchlikör anbot. Nicht einmal umsonst wollten sie das weiße Getränk probieren.
Dann änderte Giselher Kühn sowohl den Namen als auch das Etikett: nun boomt der White Wendish Liquor in der Region, viele Einheimische und Touristen schwören auf das einzigartige Wendlandprodukt.

Den Schafbauer freut’s, aber er bleibt gelassen: wenn im Januar mangels Milchproduktion der Nachschub an Likör aufgebraucht ist, dann muss der Kunde warten. Genauso verhält es sich mit dem Fleisch. Es gibt Bestelllisten auf dem Milchschafhof Diahren - und viele überraschte Kunden, die das Warten in der Überflussgesellschaft erst wieder lernen müssen.

Es fehlen nicht die guten Ratschläge von wohlmeinenden Besuchern: das Geschäft könnte noch besser gehen, man könnte mehr verkaufen, eine clevere Vermarktung müsste her, dann würde die Kasse klingeln.

Ja, das alles könnte man machen, nickt dann Giselher Kühn, aber wozu?
"Ich bin nicht reich, aber ich fühle mich reich", argumentiert er.
Und dann schweigen die schlauen Besucher.

Tagebucheintrag Diahren
www.milchschafhof.de