Live aus Eichstätt

Von Isabella Kolar · 04.03.2009
Seit 1965 werden in dem katholischen Städtchen Eichstätt mitten im oberbayerischen Naturpark Altmühltal Halogen- sowie Kinoprojektionslampen entwickelt und hergestellt. Derzeit produzieren die 750 Mitarbeiter des Eichstätter Osram-Werkes mehrere Millionen Halogen-Glühbirnen pro Jahr. Das Osram-Werk ist der größte Arbeitgeber in Eichstätt und einer der größten in der Region.
Wer in den Abendstunden von Ingolstadt oder Nürnberg aus nach Eichstätt fährt, bemerkt bei guter Sicht schon aus vielen Kilometern Entfernung einen hellen Lichtfinger am Himmel. Was manche Diskotheken als Lockmittel für Nachtschwärmer verwenden - hier ist es das Markenzeichen eines Industriekomplexes mit auffallend vielen Gastanks und Lüftungskanälen. Keine Eichstätter Diskothek käme auf die Idee, dem Erkennungs-Lichtstrahl des örtlichen Osram-Werks Konkurrenz zu machen. Seit 1965 werden in dem katholischen Städtchen mitten im oberbayerischen Naturpark Altmühltal Halogen- sowie Kinoprojektionslampen entwickelt und hergestellt.

Für Lampendesigner haben sie eine ganz neue Dimension eröffnet, weil sie Glühlampenlicht vom Birnen- ins Bohnenformat brachten: die Halogenlampen. Sie leuchten auf Schreib- und Nachttischen, in Deckenstrahlern wie in Vitrinen oder über der Küchenarbeitsplatte. Halogenlampen herzustellen ist eine Kunst, die extreme Temperaturen, viel Energie, seltene Materialien und spezielles Know-how erfordert.

Derzeit produzieren die 750 Mitarbeiter des Eichstätter Osram-Werkes mehrere Millionen Halogen-Glühbirnen pro Jahr. Das Osram-Werk ist der größte Arbeitgeber in Eichstätt und einer der größten in der Region.

Künstliches Licht macht circa 19 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus. Damit nimmt das Thema Beleuchtung nicht nur auf der privaten Stromrechnung einen der großen Posten ein, sondern auch beim Thema Klimaschutz.

Held der Produktion in Eichstätt ist deshalb im Moment der Halogen Energy Saver, eine energiesparende Lampe mit zum einen doppelter Lebensdauer (2000 - 5000 Stunden) im Vergleich zur herkömmlichen Glühlampe und zum anderen bis zu 30 Prozent Energieersparnis. Die Lichtqualität entspricht dabei der Glühlampe. Die energiesparenden Alleskönner passen mit ihrem Schraubsockel in jede Schlafzimmer-, Bad-, Wohnzimmer- oder Tischleuchte. Die Kosten: ca. 2,-- Euro pro Stück kommen über eine niedrigere Stromrechnung schnell wieder herein. Das rechnet sich!

Die Halogenlampen (unter ihnen auch Automobil- und Halogenlampen für Spezialanwendungen, zum Beispiel Landebahnbefeuerung auf Flughäfen), die in Eichstätt produziert werden, enthalten keinerlei giftige oder umweltschädliche Substanzen. Sie können daher bedenkenlos über den Hausmüll entsorgt werden.

Größter Konkurrent am Markt für Osram, eine hundertprozentige Siemens-Tochter, ist Philips. Beide gemeinsam sind auf dem Lichtherstellermarkt die Führenden.

Von den 750 Mitarbeitern in Eichstätt arbeiten 550 in der Fertigung, 100 im kaufmännischen Bereich und 100 Lampenentwickler. Sie kommen meist aus der bayerischen Umgebung des Werks und bleiben in der Regel von der Lehre bis zur Rente, die Fluktuation ist gering. In jedem Jahr werden 10 Azubis zum Industriemechaniker oder Industrieelektroniker ausgebildet, davon sind 20 Prozent Mädchen.

In Eichstätt wird vor allem auch entwickelt. Dabei geht es um Lichttechnologie und um Produktionstechnik.

Warum leuchten Halogenlampen so hell und sind dabei so klein? Die Erklärung aus der Eichstätter Entwicklungsabteilung: "Normale Glühlampen sind so groß, weil das verdampfende Wolfram aus der Glühwendel den Kolben bald trüb machen würde. Bei Halogenlampen sorgt die Edelgasfüllung dafür, dass das verdampfende Wolfram immer in der Nähe der Glühwendel bleibt".

Allerdings funktioniert dieser Effekt nur, wenn die Temperatur des Glaskolbens über 250 Grad Celsius liegt. Halogenlampen müssen sogar so klein sein, damit sie heiß genug sind und dieser Effekt eintreten kann. Bei Halogenlampen hält die Glühwendel länger, weil die Wolframteilchen zur Glühwendel zurückkehren und sich nicht am Glaskolben absetzen. Durch den Halogeneffekt halten diese Lampen mehr als doppelt so lange wie herkömmliche Glühlampen, sie brauchen weit weniger Platz, und der eingesetzte Strom wird doppelt so wirkungsvoll in sichtbares Licht umgewandelt.

Wolfram ist ein seltenes Metall, das vor allem in China, Kanada und Österreich aus Erz gewonnen wird. Es hat von allen Metallen den höchsten Schmelzpunkt.

Die Stäbe aus Quarzglas kommen aus Berlin; in Eichstätt werden sie per Laser auf Fingerlänge geschnitten, dann immer wieder mit dem Gasbrenner erhitzt, umgeformt und mit Kontakten und Glühwendel "verheiratet". Quarzglas ist extrem stabil und hitzebeständig.

In den Fertigungshallen des Osram-Werks in Eichstätt (7700 Quadratmeter Fläche bei 33.000 Gesamtgelände-Fläche) herrscht ein hoher Geräuschpegel: Maschinen rattern rund um die Uhr, 24 Stunden Schichtbetrieb, manch einer hat Ohropax im Ohr, alle tragen Plastik-Schutzbrillen gegen Glassplitter.

Seit dreieinhalb Jahren ist Hartmut Fröscher, 53, in Eichstätt Werkleiter. Geht er durch die Hallen - man kennt ihn - so begrüßt er alle Mitarbeiter per Handschlag. Er ist seit 29 Jahren bei Osram, den größten Teil seiner bisherigen Arbeitszeit verbrachte er im baden-württembergischen Herbrechtingen.

Fröscher sieht Eichstätt schon immer als "innovativen Standort". Das gilt auch im Bereich Umweltschutz. Eine vor anderthalb Jahren auf dem Betriebsgelände gepflanzte rot blühende Kastanie soll zeigen: "Wir wollen in Eichstätt mit dem Bekenntnis zur Umwelt wachsen".

Damit liegt er im Trend: Voraussichtlich im März dieses Jahres wird die EU-Kommission die Direktive zum Verbot der guten alten, aber klimabelastenden Glühlampe beschließen. Bis 2012 sollen Glühlampen schrittweise abgeschafft werden. Die Verordnung sieht vor, dass ab dem 1. September 2009 zunächst 100-Watt-Glühlampen nicht mehr verkauft werden sollen. Spätestens dann rechnet Werkleiter Fröscher mit einem Anziehen der Nachfrage nach Halogenlampen, insbesondere nach dem Halogen Energy Saver. Dem allerdings die klassische Energiesparlampe Konkurrenz macht, bei der die Energie-Einsparung nicht nur 30 Prozent, sondern bis zu 80 Prozent beträgt.