Little Havanna

Von Bettina Klein · 19.03.2012
Little Havanna wird der Stadtteil in Miami genannt, in dem sich in den 60er-Jahren vor allem kubanische Einwanderer niedergelassen haben. Auch wenn inzwischen viele von ihnen in andere, wohlhabende Gegenden gezogen sind – ihre Kultur prägt bis heute das Viertel.
"When you are looking outside, you are looking at the Miami Freedom Tower, you see the beautiful tower over there?"

Der Freedom Tower. Er ist jenes historische Wahrzeichen von Miami, in dem sich bis in die 70er-Jahre Hunderttausende Kubaner ihre staatliche Unterstützung abgeholt haben. Paul George ist Historiker am Miami Dade College. Sein Büro liegt in Sichtweite. Längst sind die Exilkubaner keine kleine Minderheit mehr. Mit 800.000 Einwohnern stellen sie ein Drittel der Bevölkerung im Großraum Miami: Bürgermeister und Polizeichefs, College-Präsidenten und Bankdirektoren, Vorsitzende von Bürgergruppen, Behördenleiter.

"We have never seen an immigrant group yet, that has progressed this quickly in America."

Noch nie gab es eine Einwandergruppe in den USA, die so schnell vorwärtsgekommen ist. Und natürlich spielte auch der Kalte Krieg eine Rolle. Sie haben den Kommunismus verlassen und die Freiheit gewählt, so der Historiker. Und wir wollten ihren Erfolg sicherstellen - um dadurch die Überlegenheit unseres Systems zu demonstrieren. Viele Kubaner in Miami haben es über die Jahrzehnte zu etwas gebracht. Doch keineswegs nur wegen der Vorzugsbehandlung.

"Es sind sehr fleißige Menschen. Sie haben in Amerika die Chancen genutzt, die ihnen diese Gesellschaft geboten hat."

Auch sie hat es längst geschafft. Die Pop-Sängern Gloria Estefan ist eine Lokal-Heilige in Miami. Zusammen mit ihrem Mann und ihrem Schwager besitzt oder betreibt der Estefan-Clan eine Reihe von Etablissements in der Stadt. Unter anderem das berühmte Cardozo-Hotel in Miami Beach. Die Eltern gehörten zur ersten großen Einwanderwelle nach Castro.

Damals begannen die Kubaner das heutige Little Havanna zu bevölkern, das einstige jüdische Viertel von Miami. Die Mieten waren billig und Downtown ganz in der Nähe. Und noch immer ist es für viele mittellose Neuankömmlinge aus Kuba die erste Anlaufstelle. Doch die meisten Einwohner von Little Havanna kommen heute aus anderen Staaten Lateinamerikas. Wer immer es zu Geld gebracht hat, zieht fort in die wohlhabenderen Vororte.

Das alle Kubaner in Miami reich seien ist jedoch ein Mythos. Nicht wenige haben zu kämpfen. Aber sie sind jedenfalls insofern privilegiert, als sie schon nach einem Jahr Anspruch auf die US-Staatsbürgerschaft besitzen. Davon können sonstige Einwanderergruppen nur träumen.

"Es gibt viel Kritik daran, dass sie dadurch gegenüber Menschen aus anderen Ländern bevorzugt werden,"

sagt Jaime Suchlicki, Direktor des Instituts für Kuba- und Kuba- Amerikastudien an der Universität Miami.
"Auf der anderen Seite steht eben die humantitäre Überzeugung, dass Kuba ein kommunistisches Regime ist."

Und er zieht als Vergleich die vielen Osdeutschen heran, die einst in den Westen geflohen sind und auch nicht einfach wieder zurükgeschickt wurden.

"Many people that left East Germany were accepted in the West
and not thrown back into East Germany."

Ihre Macht und ihr politischer Einfluss sind enorm. Auch im Kongress, wo sich Abgeordnete, wie Ileana Ros-Lethinen bis heute für die Beibehaltung des Embargos gegen Kuba starkmachen. Obwohl die Meinungen innerhalb dieser Immigranten-Gruppe auch in dieser Frage inzwischen weit auseinander gehen. Auch wenn die Exilkubaner in Miami noch immer eine Bastion für die Republikanische Partei sind – immerhin ein Drittel von ihnen hat 2008 Obama gewählt.

Es gibt einen kubanischen Grundkonsens, der viel mit Essen und Musik zu tun hat. Doch es sind gerade die Unterschiede zwischen den Einwanderungswellen, die die kubanische Community in Miami prägen:

"Die Konservativen, das sind die, die früher gekommen sind und noch direkt von der Revolution beeinflusst waren. Die, die jetzt zum Beispiel kommen sorgen sich vor allem um ihre Angehörigen. Sie sind allgemein weniger an der großen Politik interessiert, sondern vor allem daran ihren Familien in Kuba zu helfen und sie dort herauszuholen ."
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