Literatur

Schwaben, dein Thaddäus Troll

Der deutsche Schriftsteller und schwäbische Mundartdichter Thaddäus Troll
Thaddäus Troll © picture-alliance/ dpa / Albert Ostertag
Von Uschi Götz · 17.03.2014
Er lehnte das Bundesverdienstkreuz ab mit der Begründung, er habe keinen Frack. Er kämpfte für eine bessere Bezahlung von Journalisten und Autoren. Als Thaddäus Troll wurde der Stuttgarter Hans Bayer über Baden-Württemberg hinaus bekannt. Was er zunächst abgelehnt hatte, nämlich ein Buch über den Schwaben zu schreiben, wurde ein großer Erfolg und löste eine Buchwelle über regionale Mentalitäten aus.
Troll: "Komm rei, Aurora, du Drecksau. Nicht abwertend wird das Wort Sau als steigernde Vorsilbe gebraucht. Sauglatt hat die Bedeutung von sehr komisch und bei Friedrich Theodor Vischer erscheint sogar a saumäßig netts Mädle."
Eleonore Lindenberg . "Ich habe ihn nie erlebt, dass er zu mir oder in der Familie, dass er derb gewesen wäre. Im Gegenteil: Er war sehr charmant, sogar galant, was man hinter den Schwaben eigentlich nicht vermutet, und ich habe ihn nie schlecht gelaunt erlebt. Wenn er es einmal war, dann hat er es mich nicht spüren lassen."
Eleonore Lindenberg war Sekretärin und enge Vertraute von Thaddäus Troll. Heute verwaltet sie seinen wortgewaltigen Nachlass.
Troll: "Die Rede ist drastisch: I schlag dr ois uff d‘ Gosch nuff, dass dr d‘ Zäh sektionsweis em Galopp da Hals naklappereret. Oder: I Schlag dr d‘ Läuf ab, daß de uff de Schtopmpaa hoimkrattle muasch. Auch solche Drohungen sind harmlos."
In den 1960er-Jahren schrieb Thaddäus Troll das Buch "Deutschland deine Schwaben". Das Buch schlug ein "wie a Bomb".
Schwäbischer Bestseller
Lindenberg: "Er war total überrascht von dem Erfolg. Im Oktober wurden die Bücher ausgeliefert und die Buchhändler in Stuttgart, die kamen überhaupt nicht nach mit Nachbestellen. Ich habe im Juni (19)68, also ein knappes Jahr nach dem Erscheinen, habe ich das 100.000. Exemplar von ihm bekommen; er dachte, ja vielleicht, als der Verleger sagte 20.000 legt er auf, dachte er oh Gott, das ist doch viel zu viel, er würde mit 8000 rechnen, der Verleger musste ständig nachdrucken."
In dem Buch geht es auch um den schwäbischen Dialekt. Vielmehr geht es aber um das Wesen der Schwaben. Ihre Stammeseigenschaften. Thaddäus Troll erklärt den schwäbischen Pietismus, zählt Dichter, Denker und Erfinder auf, deren Werk das Land, den württembergischen Teil von Baden-Württemberg, geprägt haben.
Kurz nach dem Erscheinen der ersten Auflage, in den1960er-Jahren, erklärte Thaddäus Troll in einem Interview seinen Anspruch:
"Ich glaube, ich habe dem Schwaben durch meine liebevolle Kritik, habe ich ihm Selbstbewusstsein gegeben. Ich habe dafür gesorgt, dass Schwäbisch wieder ohne Hemmung gesprochen wird, das man sich zu seiner Muttersprache bekennt, und vielleicht auch, dass das Schwäbische nicht nur die Sprache der Deppen und Rundfunkjokele ist und Vereinsmeier, sondern, dass das Schwäbische wieder wenigstens in die Nähe der Literatur zurückgeführt wird."
Ein Buch als Befreiungslektüre
Das Buch wurde zu einer Befreiungslektüre für eine ganze Generation von Schwaben und Thaddäus Troll galt fortan an als der wahre Kenner dieses Menschenschlags. Eine Fernsehserie wurde auf der Grundlage des Buches gedreht und Thaddäus Troll schrieb weiter neue, erfolgreiche Bücher über die Schwaben. Um ein Haar hätte er damals allerdings seinen eigenen Erfolgt verpasst.
Biograf Jörg Bischoff: "Er hat wohl an die frühere Mundartberichterstattung, Mundartschreiberei aus Württemberg, die überwiegend romantisierend war. Und er hat wohl sofort gedacht: Da mach ich nicht mit. Aber er hat dann eine sehr kritische Einstellung gefunden und am Tag danach hat er beim Verlag angerufen und hat gesagt: Ich mache dieses Buch. Und ein Jahr lang hat er dazu gebraucht und hat es dann abgeliefert. Und es war ein riesen riesen Erfolg."
Troll: "Auch der gebildete Schwabe ist häufig unfähig eine Freundlichkeit zu äußern. Höflichkeit gilt unter den Schwaben als kriecherisch und devot."
Jörg Bischoff: "Ein Leser hat ihm geschrieben, jetzt brauche ich mich nicht mehr zu schämen Schwabe zu sein. Es gab in der Zeit wirklich eine starke Rückbesinnung auf das Regionale würde man heute sagen. Ich erwähne in dem Buch auch der Lothar Späth, der erste Ministerpräsident, der es nicht versteckt hat, dass er Schwabe ist mit seiner Aussprache, er hat den schwäbischen Komparativ 'größer wie' hat er ständig benützt. In diese Phase ist er hineingeraten mit diesem Buch und deswegen ist das Buch so ein großer Erfolg geworden."
Jörg Bischoff, Journalist und langjähriger Chefredakteur der Südwest Presse, hat eine Biografie über Thaddäus Troll geschrieben. Der Autor ist ein profunder Kenner der württembergischen Landesgeschichte und nicht zuletzt ist Jörg Bischoff selbst Schwabe. Ausgehend von Trolls Lebensstationen erfährt der Leser viel über kulturelle, religiöse und politische Zusammenhänge im vergangenen Jahrhundert. Bischoff verklärt dabei den erfolgreichsten schwäbischen Schriftsteller nicht. Im Gegenteil: Behutsam nähert er sich Seite um Seite einem anderen Thaddäus Troll.
Troll hat es mit der Wahrheit nicht ganz so genau genommen, stellte Biograf Bischoff bei seinen Recherchen fest. Musste er auch nicht, schließlich war er ja Schwabe. Thaddäus Troll schrieb, es gebe auch Schwaben, die so ehrlich sind, dass sie zugeben, es mit der Wahrheit nicht immer so genau zu nehmen: "Wenn mr’s net glaube willscht, i liag de gern ebbes anders a!"
Bischoff: "Er hat viele Legenden um sich herum gewoben. Einer seiner schönsten war, dass er erzählt hat, er sei mit einer Preußin verheiratet, die mache die besten Maultaschen, die er kenne. Seine Tochter hat mir aber gesagt: Meine Mutter hat nie im Leben Maultaschen gemacht."
Troll wurde als Hans Wilhelm Bayer 1914 in Stuttgart-Cannstatt geboren. Sein Vater war Seifensieder, seine Mutter galt als lebenslustige Frau mit pietistischen Wurzeln. Hans Bayer alias Thaddäus Troll machte in Cannstatt sein Abitur und studierte dann Germanistik, Kunstgeschichte, Theater- Zeitungs- und vergleichende Literaturwissenschaft.
Während seiner Studienzeit kam er viel herum. Er studierte in München, Halle und Leipzig und in Tübingen. In Tübingen trat er der schlagenden Verbindung "Turnerschaft Palatia" bei.
Kriegsberichterstatter und begeisteter Soldat
Bischoff: "Er war ziemlich fanatisch dabei, er hat auch Mensuren gehabt, die er später nach dem Krieg am liebsten verborgen hätte, das hat mir seine Sekretärin erzählt. Das hat er nicht gerne gesehen, wenn man die erkannt hat in seinem Gesicht. Aber er hat schwer gefochten in der schlagenden Verbindung. Ich deute das auf seine jugendliche Leidenschaft."
1939 promovierte er zum Doktor phil, wurde im selben Jahr noch Soldat und kam dann nach Potsdam. Dort wurde Hans Bayer, der erst später Thaddäus Troll heißen sollte, zum Kriegsberichterstatter ausgebildet.
Bischoff: "Er war bis 1941 wohl ein sehr begeisterter Soldat. Seine Tätigkeit in der Propagandakompanie, die muss man ihm nicht unbedingt anlasten, denn die Creme des deutschen Nachkriegsjournalismus war bei Propagandakompanien. Ich erinnere nur an Lothar Buchheim oder an Karl Holzhammer, den ZDF-Intendanten, oder an Ernst von Khuon oder Henri Nannen, die waren alle Mitglieder der Propagandakompanien und aus diesen journalistischen Anfängen haben sie dann weitergemacht nach dem Krieg."
Doch Hans Bayer alias Thaddäus Troll schrieb in seiner Zeit als Kriegsberichterstatter Texte aus dem Warschauer Ghetto, die ihn später sicher nicht mehr zur Ruhe kommen ließen. Auf entsprechendes Material stieß Biograf Bischoff bei der Historikerin Dr. Claudia Steur von der Berliner Stiftung "Topographie des Terrors".
Bischoff: "Er hat da eine schlimme Reportage abgeliefert für die Berliner Illustrierte, wo er (sich) wirklich antisemtisch sich verhält. Davon hat er bisher nichts erzählt, weder seiner Sekretärin noch erst recht der Öffentlichkeit."
Lindenberg: "Über die Kriegszeit hat er nie gesprochen mit mir. Das war ein Thema, was er nie anschneiden wollte. Ich kenne nur seine Texte über diese Zeit. Bei den Rotariern, da war es üblich, dass jeder einmal seinen Lebenslauf schildert. Aus diesen Texten kann man sehr viel herauslesen; er hat sich geschämt für diese Zeit. Und das war wohl für ihn nach dem Krieg ein Aufbruch, also so eine Art Wiedergutmachung. Er wollte etwas für andere tun."
Troll - ein Antisemit?
Bischoff: "Ob er innerlich dazu stand, zum Antisemitismus, das geht aus der Reportage nicht unbedingt hervor. Aber, da sind antisemtische Reportageelemente enthalten."
Nach Kriegsende heiratete Hans Bayer die Journalistin Dr. Elfriede Berger. Tochter Eva-Suzanne wurde geboren. Bayer alias Troll schrieb damals für verschiedene Zeitungen und arbeitete als Kulturkorrespondent für den Spiegel. 1948 ließ er sich scheiden und heiratete die aus Berlin-Sommerfeld stammende Susanne Ulrici. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor.
Unter dem Pseudonym Thaddäus Troll veröffentlichte er fortan Theaterkritiken, während Hans Bayer als freier Schriftsteller weiter schrieb. Sein Freund, der Tübinger Rhetorikprofessor Walter Jens, schätze ihn als "einen der letzten großen Impressionisten deutscher Sprache, ein Mann, der Worte, in immer neuem Umkreisen, zum Leuchten bringen kann, der mit Hilfe einer lyrisch-melodiösen Prosa Atmosphäre veranschaulicht, so, wie's Tucholsky einmal konnte ..."
Bischoff: "Er selber hat ja behauptet, er habe sich Thaddäus Troll genannt, um in alphabetisch geordneten Bibliotheken links von Tucholsky stehen zu können."
Allerdings gibt es noch eine weitere Variante, wie er zu dem Pseudonym Thaddäus Troll gekommen ist.
Bischoff: "In Wahrheit ist das Pseudonym entstanden in einem Gespräch mit einem Metteur (Schriftsetzer) beim Wespennest. Das war eine satirische Zeitschrift in Stuttgart, die kurz nach dem Krieg eröffnet worden ist. Und im Gespräch mit dem Metteur ist dieses Pseudonym dann entstanden. Der Metteur hat gesagt, das klinge sehr gut, das klinge wie Chlorodont. Das kann man zwar nicht nachvollziehen, aber immerhin …"
Knapp zehn Jahre war Thaddäus Troll Vorsitzender des baden-württembergischen Schriftstellerverbands.
Bischoff: "Der sich dann etliche Male geändert hat, bis er zum Schluss stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes der Schriftsteller wurde, weil er auch sehr dafür war, dass die Schriftsteller in die Gewerkschaft gingen. Am Anfang war er zögerlich, aber er hat sich dann umbesonnen und war sehr dafür, dass die Schriftsteller in die Gewerkschaft IG Druck und heute VERDI eintreten."
Einsatz für die Gründung der Künstlersozialkasse
1978 wurde Troll zum stellvertretenden Vizepräsidenten des deutschen PEN Zentrums gewählt. Präsident war zu dieser Zeit Walter Jens. Sein Engagement galt vor allem bedürftigen Kolleginnen und Kollegen. Troll hat sich für die Gründung der Künstlersozialkasse eingesetzt.
Bischoff: "Die Künstlersozialkasse ist sicher eins seiner Verdienste. Das hat Bundeskanzler Helmut Schmidt dann eingeführt. Das hat noch den Prozess beim Bundesverfassungsgericht ausgelöst. Aber am Ende ist alles gutgegangen; er hat vor allem sich für die Bibliotheksabgabe eingesetzt, also wenn ein Buch in einer Bibliothek stand, musste die Bibliothek dann an den Autor oder an den Verlag wie ein Obolus bezahlen."
Die Pensionskasse der Rundfunkanstalten für freie Mitarbeiter ist Thaddäus Troll zu verdanken. Er saß im ARD Programmbeirat und kämpfte als SDR -Rundfunkrat für eine bessere Bezahlung der freischaffenden Journalisten und Sprecher.
Bischoff: "Er hat sich massiv eingesetzt für die bessere Honorierung der Autoren vor allem gegenüber dem Ministerpräsidenten Filbinger. Fast unterwürfig hat er ihm geschrieben, das gehe alles nicht, diese Kooperation zwischen Südwestfunk und Süddeutschem Rundfunk. Wenn, dann müssten die Autoren bezahlt werden wie bisher. Er ist da nicht sehr erfolgreich gewesen, wie man weiß. Heute ist die Fusion gelaufen unter seinen Nachfolgern, aber er hat es versucht."

Der Schriftsteller Günter Grass (M) auf einer Pressekonferenz der Sozialdemokratischen Wählerinitiative am 8. September 1972 in Stuttgart. Rechts der Schriftsteller Thaddäus Troll, 2.v.r. Prof. Eberhard Jäckel. Links neben Grass die Landeschefin der Wählerinitiative, Heincke Jädicke.
Der Schriftsteller Günter Grass (M) auf einer Pressekonferenz der Sozialdemokratischen Wählerinitiative am 8. September 1972 in Stuttgart. Rechts der Schriftsteller Thaddäus Troll, 2.v.r. Prof. Eberhard Jäckel. Links neben Grass die Landeschefin der Wählerinitiative, Heincke Jädicke.© picture-alliance/ dpa / Rauschnick
Mit Böll und Grass für Willy Brandt
Mit Kollegen wie Heinrich Böll und Günter Grass schloss sich Thaddäus Troll der SPD-Wählerinitiative an und warb für den damaligen Kandidaten der Sozialdemokraten Willy Brandt.
Bischoff: "Ich deute ja auch etwas an, dass er angezogen worden ist durch Namen Günter Grass. Mit dem wollte er sich natürlich gerne an einer Seite zeigen. Er hat da wirklich werbetechnisch sehr gut agiert."
Obwohl er sich nie öffentlich zur RAF geäußert hatte, galt er eine Zeitlang auch als "RAF-Sympathisant". Sehr viel später wurde darüber spekuliert, ob Thaddäus Troll möglicherweise auch für den Bundesnachrichtendienst gearbeitet haben könnte. Ein entsprechender Bericht im "Spiegel" deutete eine mögliche Verbindung an.
Bischoff: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er für einen westdeutschen Geheimdienst aktiv tätig war. Wahrscheinlich ist er nur abgeschöpft worden, weil er viele Auslandsreisen gemacht hatte. Wahrscheinlich nur abgeschöpft worden, ohne sein Wissen."
"Tatsächlich war Troll viel unterwegs. Als schwäbischer Schriftsteller verdiente er mittlerweile gutes Geld. Er schrieb weiter erfolgreich Bücher und Theaterstücke.
Troll galt als Garant für ein volles Haus. Allerding gab es im Land nur wenige Theaterschaffende, die seine Werke so gekonnt geben konnten, wie Bernhard Hurm und Uwe Zellmer vom Theater Lindenhof in Melchingen.
Mit anderen Schriftstellern wurde Thaddäus Troll einmal aufgefordert, seinen Nachruf zu schreiben. Troll schrieb den Nachruf und vertonte das Papier auch noch. Der Saarländische Rundfunk strahlte den Rückblick aus:
"Gestern wurde Thaddäus Troll auf dem Steigfriedhof beerdigt. An seinem Grab spielte eine Dixieland-Band. Der Pfarrer fasste sich kurz. Cannstatter Troller wurde ausgeschenkt. Die Trauergäste erhielten folgenden Text: Liebe Freunde, mein vor ein paar Tagen beendetes Leben lang hatte ich eine Aversion gegen die Zeremonien einer Beisetzung. Die routinierte Pompes funebre, die Betretenheit der Trauergäste, der bemühte Trost des Priesters, die larmoyante Schönfärberei der Nachrufer, der rasche Transit des Krematoriums, die gewerbsmäßig geheuchelte Anteilnahme der Sargträger, die jämmerlichen Bläser, die hinter Grabsteinen getarnt, ihren Zank unterbrachen, um 'So nimm den meine Hände' zu tuten, der Motor der Pflicht, der die meisten Anwesenden in schlecht sitzende, eingemottete Trauerkleidung gezwängt und zum Friedhof getrieben hatte. Das alles löste aus, dass ich mich mit der kalauernden Begründung vor Beisetzungen drückte: Er kommt ja auch nicht zur der meinigen."
Er erspare den Trauergästen die elende Beschönigung eines Nachrufs, so Troll weiter in seinem eigenen Nachruf:
"Um die heutige Beerdigung komme ich um den besten Willen nicht herum. Wohl aber kann ich Euch und mir die elenden Beschönigungen eines Nachrufs, den Friedhof funeraler Sprachklischees ersparen: Der Dahingeschiedene, der Vonunsgegangene, der teure Freund, denn er war unser, für immer verslassen, herzliches Beileid, nie vergessen in einer schöneren Welt, letzte Ehre erweisen ... Indem ich mir selbst nachrufe, hiermit von der ersten Person des Präsens in die dritte Person des Imperfekts transzendiere und damit schon einen Aufhänger habe: Perfekt war er nie - eher imperfekt."
Die Zeitschrift "Baden-Württemberg" druckte den Nachruf ohne Kommentar ab, was bei der vermeintlichen Witwe eine Welle von Beileidstelegrammen auslöste. Thaddäus Troll aber lebte. Noch.
Troll: "Vorgabe. Wo I jong gwe be, ben i vor dr Zeit hergsponga. Mo i in dr Johr komma be, ben i mitdr Zeit ganga, jetzt, mo i alt werd, muss e heidemässig strampla um henter dr Zeit hinterherzkomma. Hoffentlich gat mr et dr Schnauffer dabei aus."
Humor und Depression
Thaddäus Troll litt unter Depressionen. Hinter seinem Humor verbarg sich eine große Traurigkeit.
Lindenberg: "Das Wort Humor, das hat für ihn auch eben, ja, man muss manches überwinden, mit Humor, und er war da ein ganz ganz großer Meister darin."
Bischoff: "Zumal er die harten Phasen seines Lebens hinterher nicht aufgearbeitet hat. Und dass da trotzdem was hängen geblieben ist in seiner Seele, was dann dazu geführt hat, zu seinen Depressionen, das halte ich für denkbar; es ist Spekulation, aber ich glaube, es liegt ziemlich nahe an der Realität."
Lindenberg: "Das Reden war ganz wichtig und ihm auch Mut machen, dass das wieder vorbei geht und er wieder eine richtig fruchtbare Phase hat; er hatte ja so viele Pläne, was er alles noch schreiben wollte. Über das Schimpfen wollte er ein Buch schreiben. Dann wollte er noch einen Schelmenroman schreiben, das war der letzte Plan, an dem hat er in Soltau gearbeitet, da war er Stadtschreiber, in der Bibliothek Waldmühle, hat sich dort auch sehr wohl gefühlt. Dann, als er zurückkam, nach Stuttgart, dann hat es schon bald wieder angefangen, mit der Depression. Da war es so schlimm, dass er nicht mehr die Hoffnung hatte, dass es wieder vorbeigeht."
Troll: "Wozu? Wenn Se des Rauche lassed und nemme so viel trenked, bloß oi zwoi Viertele em Tag, hot dr Doktor gsagt, dann no kennte se glatt 100 Johr alt wärda. Aber zu was au? Han ihn druf no gfrogt."
Hundert könne er werden, versprach ihm der Doktor, wenn er das Rauchen ließe und auch das übermäßige Trinken. Warum 100 werden? Fragt er den Arzt.
Am 5. Juli 1980 schied Thaddäus Troll aus dem Leben. Er wurde 66 Jahre alt.