Literatur

Schreiben auf Maltesisch

Malta: Blick auf die Hauptstadt Valletta mit der St. Paul's Kathedrale (Aufnahme vom 27.3.2004).
Malta ist nicht nur schön, sondern auch historisch interessant: Blick auf die Hauptstadt Valletta © dpa / Lehtikuva Wennström
Von Anette Selg · 12.11.2014
Der 31-jährige Schriftsteller Pierre J. Mejlak schreibt seine Bücher auf Maltesisch - einer Sprache, die weniger als eine Million Menschen verstehen. Dass er damit erfolgreich ist, hat auch mit der EU zu tun.
"Unsere Sprache bietet ein ziemlich genaues Abbild unserer Geschichte. Ich verwende dafür gern die Metapher eines Hauses. Die Besitzer wechseln immer wieder und jeder kommt ins Haus, stellt die Möbel um, verändert hier etwas, dort etwas. Sie alle hinterlassen ihre Spuren, und in diesen Spuren ist unsere Geschichte und die unserer Sprache sichtbar."
Der auf der kleinen maltesischen Insel Gozo geborene Pierre J. Mejlak schreibt seine Bücher in seiner Muttersprache: auf Maltesisch. Das Maltesische gehört zur semitischen Sprachfamilie, wie auch das Arabische, wird aber mit lateinischen Buchstaben geschrieben.
"Maltesisch ist die Sprache, in der ich mit mir selber rede und in der ich denke. Meine Eltern stammen beide von Malta. Sie sprechen mit mir Maltesisch und ich mit ihnen. Wenn ich meiner Mutter allerdings eine SMS sende, schreibe ich die auf Englisch. Das geht einfach viel schneller."
Die Übermacht des Englischen auf Malta hat nicht nur mit dem technologischen Fortschritt zu tun. Rund 160 Jahre lang waren die Mittelmeerinseln britische Kolonie, erst 1964 wurden sie unabhängig. Davor herrschten auf Malta die napoleonischen Truppen, der Malteserorden, die Araber, die Römer, Griechen, Phönizier.
Französische Einflüsse bis heute
"Am Morgen sagen wir 'Bonjour' und am Abend 'Bonsoir'. Das kommt von den paar Jahren, in denen die Franzosen auf Malta waren. Dann ist die Sprache natürlich durchsetzt mit englischen Wörtern, aus der Kolonialzeit. Vor Gericht, in der Kirche oder auf Ämtern hört man aber auch viele italienische Wörter. Die Sprache, wie das Land selbst, war immer sehr vielen Einflüssen ausgesetzt."
Pierre Mejlak ist 31 Jahre alt und gehört zur der Generation von Maltesern, deren Leben wesentlich vom EU-Beitritt im Jahr 2004 geprägt wurde. Mit der Aufnahme Maltas in die Europäische Union wurde Maltesisch zur Amtssprache und auf einmal wurden in ganz Europa Maltesisch sprechende Übersetzer und Dolmetscher gesucht. Auch Pierre Mejlak verließ vor zehn Jahren Malta, ging zuerst nach Luxemburg und dann nach Brüssel, wo er heute lebt.
Die Folgen des EU-Beitritts
"Mit dem EU-Beitritt Maltas wurde unserer Sprache eine große Dosis Enthusiasmus verabreicht. Maltesische Studierende konnten auf einmal ohne Probleme im Ausland arbeiten, gerade weil sie Maltesisch sprachen. Und auch kulturelle Organisationen entdeckten das Maltesische, die maltesische Literatur. Sonst würde ich auch heute nicht hier sitzen, in Berlin, Interviews geben oder aus meinen Geschichten lesen. Unsere Sprache wird endlich wahrgenommen und das ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung."
"Exzellenzen, sehr geehrter Herr Mejlak, sehr verehrte Gäste, ich freue mich sehr, Sie heute Abend im Europäischen Haus, der Vertretung der Europäischen Kommission und des Informationsbüros des Europäischen Parlaments, begrüßen zu dürfen. Besonders freue ich mich über die Anwesenheit des Botschafters der Republik, Herrn Friggieri, der heute Abend zugegen ist, herzlich willkommen, Herr Botschafter!"
Berlin, in der Nähe des Brandenburger Tores. Pierre J. Mejlak liest seine Kurzgeschichten – sie sind auf Maltesisch und auf Deutsch zu hören. Im Europäischen Haus – ein Name, der an diesem Abend besondere Symbolkraft hat.