Literatur

Konfrontation mit den Mächtigen

Der Verleger und Publizist Walter Janka
Der Verleger und Publizist Walter Janka (1914 bis 1994) © dpa / picture alliance / Elsner
Von Manfred Jäger  · 29.04.2014
Er wurde von den Nazis verfolgt, nach dem Krieg kam er zum Aufbau-Verlag, später wurde er ein Opfer der DDR-Justiz: Der Verleger Walter Janka führte ein bewegtes Leben. Vor 100 Jahren wurde er geboren.
Für den jungen Walter Janka war es 1933 selbstverständlich, aktiv Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur zu leisten. Der am 29. April 1914 in Chemnitz Geborene stammte aus einer kommunistischen Arbeiterfamilie.
"Als wir von den Nazis verfolgt wurden, wurden wir ja völlig zu Recht verfolgt, denn wir haben ja die Nazis auf Gedeih und Verderb bekämpft. Schlimmer und viel schwieriger ist es, wenn man von den eigenen Genossen ungerechtfertigt beschuldigt und unter damals eben menschenunwürdigen Zuständen im Gefängnis absolut isoliert wird."
Der bittere Vergleich in einer späten Rückschau auf sein Leben zeigt, dass Janka erst als Opfer der DDR-Justiz in eine Existenzkrise geriet. Denn nach Hitlers Machtergreifung bewegte er sich trotz aller Gefährdungen stets inmitten klarer Frontlinien. Die Nazis brachten ihn für anderthalb Jahre ins Zuchthaus und anschließend ins Konzentrationslager. Zu seinem Glück wurde er im Sommer 1935 in die Tschechoslowakei abgeschoben.
Kommandant im Spanischen Bürgerkrieg
Ein Jahr später zog er in den Spanischen Bürgerkrieg. Er wurde früh Bataillonskommandant und überlebte schwere Verletzungen. Nach der Niederlage der Republikaner wurde er in mehreren französischen Lagern interniert. Im August 1941 konnte er nach Marseille fliehen, wo er seine spätere Frau Charlotte Scholz kennenlernte, mit der ihm die gemeinsame Überfahrt nach Mexiko gelang. Dort gründete und leitete er einen der wichtigsten Exil-Verlage: El Libro Libre, Das Freie Buch.
"Die Zeit in Mexiko war meine Lehrzeit, und ich hab' eben von der Picke an alles machen müssen was, zu einem Verlag gehörte."
1947 kehrte er in die Heimat zurück. Nach einigen Zwischenstationen erhielt er 1951 eine leitende Funktion im Aufbau-Verlag, wo er als gewitzter Manager rasch zum wichtigsten Organisator aufstieg. Im Krisenjahr 1956 geriet Janka jedoch in eine unerwartete und folgenreiche Konfrontation mit der Macht. Die Geheimrede Nikita Chruschtschows über die Verbrechen Stalins, gehalten auf dem 20. Parteitag der sowjetischen Kommunisten, sorgte auch in der DDR für geistige Unruhe.
Unter Jankas Schutz kam es in den Verlagsräumen zu regelmäßigen Treffen, bei denen über politische Reformen und personelle Änderungen diskutiert wurde. Auch der prominente Lektor Wolfgang Harich beteiligte sich mit waghalsigen Initiativen, die der bedächtige Janka nur zum Teil kannte. Die Staatssicherheit aber wusste über alles Bescheid. Der Machtpolitiker Walter Ulbricht, der stets vor Aufweichung gewarnt hatte, sah sich durch den ungarischen Aufstand vom Oktober 1956 bestätigt.
Er wollte kein Anti-Kommunist sein
Nach dessen Niederschlagung durch sowjetische Panzer nutzte der SED-Chef die Chance, durch eine Reihe politischer Prozesse die unzufriedenen Autoren mit harter Hand einzuschüchtern. Am 6. Dezember 1956 wurde Janka verhaftet. Das im Juli 1957 verhängte Urteil - fünf Jahr Haft - traf die Familie nach dem Zeugnis von Charlotte Janka wie ein Schlag:
"Wie man so schön sagt, stürzte eine Welt zusammen. Wir hatten in der ganzen Welt gute Freunde, angefangen von Thomas Mann bis Halldór Laxness, und plötzlich war alles vorbei, der Vater als Staatsverbrecher im Zuchthaus, die Kinder wurden laufend angepöbelt."
Nach der vorzeitigen Freilassung zu Weihnachten 1960 änderte Janka seine Position nicht. Er wollte kein Anti-Kommunist sein. Im Westen zu publizieren oder gar dorthin zu gehen, kam ihm nicht in den Sinn. Erst als die SED-Führung 1989 das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens bejubelte, übergab er die drei brisantesten Kapitel seiner Memoiren dem Hamburger Rowohlt-Verlag. Denn:
"Ausgerechnet die DDR fühlte sich verpflichtet, als erstes Land der Welt, denen zu gratulieren zur Niederschlagung der Konterrevolution in China, wie es nach unserem Sprachgebrauch heißt, und die Hände zu drücken den Generälen, die das Blutbad angerichtet hatten."
In überfüllten öffentlichen Lesungen erfuhr der alte Kämpfer endlich eine späte Genugtuung. Walter Janka starb am 17. März 1994 als Rentner in Kleinmachnow.