Literarischer Adventskalender: 17. Dezember 2016

Burt Glinn: "Kuba 1959"

Von Julia Riedhammer · 17.12.2016
Ein Bildband mit Arbeiten des Magnum-Fotografen Burt Glinns lässt die kubanische Revolution fast unmittelbar miterleben. Dicht dran an Fidel Castro zeigt Glinn den Siegeszug des Máximo Líder.
Dieser Bildband ist ein sinnliches Zeitdokument, erscheint fast wie ein Film. Dem Magnum-Fotografen Burt Glinn ist es gelungen, die ersten zehn Tage nach der Machtübernahme der kubanischen Rebellen im Jahr 1959 zu dokumentieren. Schon die Vorgeschichte ist irrwitzig: Am Silvesterabend 1958 feiert Glinn auf einer Party in New York, als er von der Vertreibung des kubanischen Diktators Battista erfährt. Er entscheidet sich, sofort Kameras einzupacken und nach Havanna zu fliegen.
Dort herrscht Chaos. Niemand weiß genau, wer Rebell und wer ehemaliger Kollaborateur ist. Fast jeder hat eine Waffe, ständig fallen Schüsse. All das vermitteln die Bilder: Menschenmassen laufen durcheinander, einmal fällt im gleichen Moment, in dem Glinn fotografiert, ein Schuss. Die Gesichter sind verzerrt von diesem Knall. Man ist mitten in der Szene.

Politischer Rat für Castro von einer Tankstellenbetreiberin

Glinn entscheidet sich, Fidel Castro, der noch ein paar hundert Kilometer von der Hauptstadt entfernt ist, entgegenzufahren und ihn bei seinem Siegeszug durch das Land zu begleiten: Wenn Castro mit den jubelnden Menschen am Wegesrand spricht, wie ihm einmal eine Tankstellenbetreiberin vertraulich die Hand auf die Schulter legt und ihm politische Ratschläge gibt und bei seinen legendären Reden, die oft Stunden dauerten. Hautnah, so scheint es, erlebt man so diese Zeit des Aufbruchs mit.

Burt Glinn: Kuba 1959
Midas, Zürich 2016
192 Seiten, 59 Euro

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