Lily & Madeleine

Zwei verzaubernde Stimmen

Auf dem Album "Fumes" dominieren ruhige Folkmelodien. Aber es gibt auch ein paar rockige Momente.
Auf dem Album "Fumes" dominieren ruhige Folkmelodien. Aber es gibt auch ein paar rockige Momente. © Asthmatic Kitty
Von Kerstin Poppendieck · 29.10.2014
Eine Ausnahmekarriere: Vor zwei Jahren wurde das Duo "Lily & Madeleine" von einem Produzenten auf YouTube entdeckt. Jetzt erscheint ihr zweites Album mit wunderschön harmonischen Gesängen. Über ihren Erfolg staunen die Teenager-Schwestern selbst.
Zwischen dieser Aufnahme von YouTube und dieser – "The Wolf is free" vom neuen Album – liegen gerade mal gut zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen sich das Leben der Schwestern Lily und Madeleine komplett verändert hat. Aus zwei ganz normalen Teenagern, die zur Schule gehen und Hausaufgaben machen, wurden zwei gefragte Musikerinnen, die die Welt bereisen und ausverkaufte Konzerte spielen. Genau ein Jahr nach ihrem ersten Album erscheint mit "Fumes" Album Nummer zwei. Warum so schnell? Zum Einen wollten die Schwestern den Hype nutzen, den es gerade vor allem in der USA um sie gibt und im Gespräch zu bleiben. Zum anderen gab es aber auch einen ganz pragmatischen Grund.

"Wir hatten noch jede Menge Material aus den vergangenen zwei Jahren. Die Aufnahmen zu diesem neuen Album haben vier Wochen gedauert. Wir haben so lange an jedem einzelnen Song gefeilt, bis Gesang und Instrumente perfekt waren. Auf unserem ersten Album ging es noch um Themen wie Unsicherheit und sich als Musiker zu behaupten in dieser Industrie. Beim zweiten Album jetzt sind die Texte viel stärker. Wir wissen jetzt, wo wir stehen."
Sehr persönliche Texte
"Die Texte sind größtenteils biografisch, aber es gibt ein paar Songs, die sind eher metaphorisch, wie 'The Wolf is free' oder 'Rabit'. Diese Lieder erzählen auch Persönliches, aber eher im übertragenen Sinn. Wir verwenden Tiere und Fantasie-Elemente. Bei den meisten anderen Songs geht es um Engagement und sich selbst stark zu machen. So wollen wir auch unsere persönliche Entwicklung als Künstler zeigen.
Als sie ihr erstes Album aufgenommen haben, war Lily gerade mal 16, Madeleine 18. Ihr musikalisches Talent haben sie von der Mutter geerbt. Von ihr haben sie gelernt zu singen und sie hat ihnen Gitarre- und Klavierspielen beigebracht. Wie man allerdings eigene Songtexte schreibt, davon hatten Lily und Madeleine keine Ahnung. Nachdem Produzent Paul Mayern die deiden entdeckt hat, hat er ihnen deshalb gleich mal eine Hausaufgabe gegeben: zwei Wochen lang mussten sie jeden Tag einen Liedtext schreiben. Nachdem sie sich auf ihrem ersten Album eher noch selbst entdeckt und ausprobiert haben, hört man den Stücken und vor allem den Texten des neuen Albums an, dass Lily und Madeleine erwachsen werden.

"Ich hab das Gefühl, dass wir an einem kritischen Punkt sind. Vieles in unserem Leben verändert sich. Wir reisen kreuz und quer durch Europa während unsere Freunde zu Hause sind. Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mir wünsche, dass sich nichts ändert, ich ein normaler Teenager sein kann, zur Uni gehen und mit meinem Freund zusammen sein. Aber gleichzeitig ist das so eine großartige Chance, die wir bekommen haben, dass wir einfach nicht nein sagen können. Darum geht es in dem Lied: die Balance zu halten zwischen dem normalen Leben und dieser verrückten Gelegenheit."
Songs sind üppiger produziert
Den Druck des zweiten Albums haben sie sehr wohl gespürt. Die Angst, die Fans zu enttäuschen, von den Kritikern verrissen zu werden und damit die Karriere ganz schnell wieder zu beenden. Doch am Ende haben sie auf ihr Markenzeichen vertraut: dieser wundervolle Harmoniegesang. Während Madeleines Stimme eher in die Musical-Richtung geht, klingt Lily manchmal nach Rock. Es sind nur Nuancen, aber genau die machen den Zauber ihres Gesanges aus. Außerdem wurden die einzelnen Stücke üppiger produziert und sind vielschichtiger als auf dem Debüt. Allerdings war der Weg dorthin nicht ganz leicht. Sich als Teenager im harten Musikbusiness durchzubeißen und ernst genommen zu werden, ist harte Arbeit. Und wenn man dann auch noch eine Frau ist … Lily verdreht nur die Augen
"Es passiert immer wieder, dass uns Tontechniker komisch anschauen, wenn sie uns sehen und uns behandeln, als hätten wir keine Ahnung. Das nervt echt. Aber da muss man einfach drüber stehen und jeden mit Respekt behandeln, denn das kann dir immer passieren, auch wenn du älter bist."
Keine Experten, aber selbstbewusste Schwestern
"Man muss wissen, was man tut und muss den Leuten zeigen, was man drauf hat. Klar, es passiert immer wieder, dass wir uns dumme Sprüche anhören müssen, so von wegen, wir hätten doch keine Ahnung. Ja, wir lernen noch, wir sind keine Experten der Musikindustrie. Ich weiß zwar wie man einen Song schreibt, aber nicht, wie man ihn produziert. Aber wir lernen ständig dazu. Und ich glaube, es ist wichtig für junge Frauen wie uns zusammenzuhalten, egal ob im Musikgeschäft oder im restlichen Leben. Deshalb bin ich dankbar, dass ich meine Schwester an meiner Seite habe. Ich glaube, ich könnte all das nicht ohne sie."
Skandalvideos im Internet oder halbnackte Auftritte um die Karriere voran zu treiben – darauf können Lily und Madeleine verzichten. Es geht ihnen nicht um einen schnellen Erfolg. Sie wollen ernst genommen werden als Musikerinnen. Auch beim neuen Album stehen ruhige Folkmelodien im Vordergrund. Aber die beiden Schwestern wagen sich auch mal in die eher rockige Richtung, was dem Album gut tut. Weil man so als Zuhörer immer mal wieder aus der Verträumtheit herausgerissen wird, in die man bei Hören schnell gerät. Verzaubernd und einnehmend – Lily und Madeleine und ihr neues Album.
Mehr zum Thema