Lieder im Ersten Weltkrieg

Stahlbad und Massentod

Eine Gürtelschnalle aus dem Ersten Weltkrieg mit der Aufschrift "Gott mit uns" ist am 27.06.2014 in der Ausstellung "Kriegs(er)leben im Rheinland - Zwischen Begeisterung und Verzweiflung" im LVR-Freilichtmuseum Kommern auf einem Gürtel mit Köchern an einem Armeemantel von 1915 zu sehen.
Die Gürtelschnalle eines deutschen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg mit der Aufschrift "Gott mit uns" © picture-alliance / dpa / Matthias Balk
10.12.2014
Einen Krieg dieser Dimension hatte es noch nie gegeben – das lässt sich auch an den weltweiten künstlerischen Reaktionen ablesen. Wie verhielten sich Komponisten und Dichter zum Ersten Weltkrieg? Eine Spurensuche zwischen Stahlbad und Massengrab bot der Liederabend der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart am Ende des Gedenkjahres zur 100. Wiederkehr des Kriegsbeginns.
„Die letzten Tage der Menschheit" – mit diesem Titel seines monumentalen, einem „Marstheater" zugedachten literarischen Panoptikums, fand Karl Kraus die wohl eindringlichsten Worte für den „Großen Krieg" ab 1914. Kraus war es auch, der als nahezu einziger prominenter Künstler schon vor Kriegsausbruch gegen diese Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts anschrieb. Sein Umfeld, auch seine Bewunderer aus dem Kreis um Arnold Schönberg, ließen sich dagegen von der allgemeinen Kriegsbegeisterung anstecken. Schönbergs abstoßendes Säbelrasseln kann man heute nur mit großem Befremden zur Kenntnis nehmen. Wie konnte ein so herausragender Künstler so etwas tun? Und warum stießen auch Claude Debussy, Alexander Skrjabin, Edward Elgar und viele andere ins kriegerische Horn?
Dieser Frage geht Jens Malte Fischer in seiner Präsentation des Konzertes der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie Stuttgart nach. Fischer, Jahrgang 1943, ist emeritierter Professor für Theatergeschichte aus München, maßgeblicher Biograf Gustav Mahlers und Experte für die Kulturgeschichte des Antisemitismus. Seine Mitstreiter sind der brasilianische Pianist Marcelo Amaral und der junge britische Bariton Ronan Collett. Neben Liedern rund um den Krieg aus verschiedenen Ländern widmet sich Collett natürlich auch Werken seiner Heimat, wobei ein Komponist besondere Beachtung verdient: George Butterworth fiel 1916, wenige Tage nach seinem 31. Geburtstag, auf dem Schlachtfeld. Sein Liedzyklus nach Gedichten von Alfred Edward Housman gehört zum schönsten und zugleich zum traurigsten, was die Liedkunst im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat.
Konzertsaal der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
Aufzeichnung vom 2. Dezember 2014
Der Erste Weltkrieg – Lieder und Texte des Todes
Lieder von George Butterworth, Hanns Eisler, John Ireland, Charles Ives, Francis Poulenc u.a.
Ronan Collett, Bariton
Marcelo Amaral, Klavier
Moderation: Jens Malte Fischer