Lieblingsort: Waldlauf in Mainz

Lass meinen Wald in Ruhe!

Novembernebel und erster Raureif verzaubern den Herbstwald im Sauerland auch in diesem Monat.
Novembernebel im Herbstwald © picture alliance / Klaus Rose
Von Anke Petermann · 06.01.2015
Im Lennebergwald heißt es: "Vorsicht Wurzeln, nur nicht purzeln!". Anke Petermann läuft ihren Lieblingsflecken in zwei Minuten und 50 Sekunden ab - und sie ist nicht alleine.
Der Berg am alten Wasserwerk ist mörderisch, aber wie die Sonnenstrahlen durch das schüttere bunte Herbstlaub flirren, das entschädigt. Mit meiner Begeisterung fürs Schnaufen durch den Lennebergwald bin ich nicht allein. Ich überhole ganze Nordic Walking-Damengeschwader, für die der Stockeinsatz nur Symbolhandlung und Kommunikation alles ist. Mich überholen Männer mit Ehrgeiz verzerrten Gesichtern und Frauen wie Manuela Luster, die mir Angst machen.
Manuela Luster: "Ja, wir sind zu viert gerade 15 Kilometer gelaufen. Ich habe die Männer motiviert."
"Also ihr seid die Ehrgeizigen?"
Luster: "Wir haben ununterbrochen Walking und Talking gemacht. Ich finde, wir haben es gut hingekriegt?"
Gruppe: "Ja!"
Eine Frau aus der Gruppe: "Das ist ne klasse Strecke, wobei es auch das Community-Gefühl ist."
Ein Großer Pilgerweg voller Läufer?
Ein Mann aus der Gruppe: "Das bringts, genau."
Mitten im kontinentalen Rheinhessen
Der sandige Untergrund federt weich in Santiago de Gonsenheim, kaum zu glauben, aber der Lennebergwald ist Dünengebiet mitten im kontinentalen Rheinhessen, vielleicht ist es das, was Urlaubsgefühle auslöst. Kiefernhallenwald mit Trockenrasen dazwischen. Steppen-Biotope mit zartrosa Storchschnabel-Sprenkeln im Sommer. Einzigartige Natur und einzigartige Infrastruktur: an jedem zweiten Baum ein Schild, das einem mitteilt, wo man abzubiegen hat, um sechs, zehn oder 15 Kilometer zu laufen.
Eine Frau aus der Gruppe: "Idiotensicher, genau. Das einzige Problem sind die Wurzeln, über die ich schon mindestens dreimal geflogen bin."
Obwohl es an einer Stelle sogar dafür ein Warnschild gibt, sinngemäß "Vorsicht Wurzeln, nur nicht purzeln". Steppenwald barrierefrei zu kriegen, ist gar nicht so einfach. Ruhe zu finden in diesem Wald – auch nicht. Am Anfang und am Ende der Strecke muss man Brücken über die A 643 Mainz – Wiesbaden überqueren. Damit nicht genug, der Bundesverkehrsminister will sie sechsspurig ausbauen. Der Ramsauer hat's angewiesen, sein Nachfolger Dobrindt will's machen. Obwohl man einfach die Standstreifen nutzen könnte. Und obwohl eine Million Menschen und 90.000 Hunde, die jährlich durch den Lennebergwald hecheln, dagegen sind.
Ein Mädchen aus der Gruppe: "Für die ganzen Eichhörnchen wär's ja auch schlecht und die Vögel und alles."
Wissen schon Achtjährige. Also, Dobrindt, lass meinen Wald in Ruhe.
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