Liebe, teuer bezahlt

08.10.2013
Es war, als schöpften wir aus demselben Geist, so beschrieb der Dichter Ted Hughes die Beziehung zu seiner Frau, der Schriftstellerin Sylvia Plath. Hughes und Plath hatten sich 1956 leidenschaftlich ineinander verliebt. Die Doppelbiografie von Diane Middlebrook, die in den USA und England für Furore sorgte, ist nun auf Deutsch erschienen.
Eingegangen sind sie in die Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts nicht allein wegen ihrer eindrucksvollen Gedichte, sondern auch wegen ihrer Liebesgeschichte, die mit ihrem Selbstmord endete: Das Dichterpaar Sylvia Plath und Ted Hughes.

1961 antwortete Ted Hughes auf die Frage, ob sie denn ein Paar seien, bei dem sich die Gegensätze anzögen, sie seien sehr verschieden, Sylvia Plath hingegen sagte, sie seien sich ziemlich ähnlich.

Als Ted Hughes dann "verschieden" erklärte, gestand er, dass er und Plath ähnlich veranlagt seien und im selben Rhythmus arbeiteten – genaugenommen gehe ihre Ähnlichkeit so weit, dass er oft das Gefühl habe, sie schöpften beide geradezu telepathisch aus einem Geist. Aber er und Plath, so meinte er, nutzten diese Gemeinsamkeit für recht unterschiedliche Zwecke, Phantasie und Gestaltungskraft führten jeweils ein ganz "geheimes Leben".

Plath erklärte "ziemlich ähnlich" dahingehend, dass sie und Hughes zwar einen sehr unterschiedlichen Hintergrund hätten, ihr aber ständig unerwartet Ähnlichkeiten auffielen... Ihre eigene Vergangenheit könne in ihre Dichtung einfließen, weil Hughes daran so interessiert sei: Im Schreiben also wurden die Ähnlichkeiten für beide fruchtbar, selbst wenn – und das war ihr wichtig – die Texte dann überhaupt nicht ähnlich waren.

Ted Hughes Rolle in dem Ehedrama bleibt die des Betrügers
Gedichte hatte Hughes und Plath zueinander geführt, als sie sich 1956 leidenschaftlich ineinander verliebten, und die Dichtung sollte sie bis zum Tod von Ted Hughes 1998 verbinden. Als (wenn auch umstrittener) Nachlassverwalter ihrer unveröffentlichten Manuskripte machte er Sylvia Plath nach deren Selbstmord berühmt. Als er 1965 den Band "Ariel" mit ihren letzten Gedichten herausbrachte, sagte er stolz: "Dieses Buch ist wie Sylvia – aber es wird bleiben."

Als diese Paarbiografie von Diane Mittlebrook in Amerika und England vor zehn Jahren erschien, sorgte sie für Furore. Die Autorin habe sich zu sehr auf die Seite von Hughes gestellt und Sylvia Plath zu negativ dargestellt. Dass das nicht stimmt, dass hier versucht wird, beiden gerecht zu werden, davon kann man sich mit der deutschen Übersetzung nun überzeugen.

Sylvia Plath mag unerträglich gewesen sein, aber Ted Hughes Rolle in diesem Drama bleibt gleichwohl die des Betrügers. Dass und wie er seine Frau verlassen hat, macht ihn – wie er sich selber sah – wohl für immer zum Schuldigen, auch wenn ihr Arzt erklärt hatte, dass sie zum Zeitpunkt ihres Selbstmords, im Februar 1963, krank und depressiv, also nicht bei Verstand gewesen und deswegen jede Art psychologischer Erklärung unangemessen sei.

Erst 35 Jahre nach dem Tod hat Ted Hughes sich über seine Ehe mit Sylvia Plath geäußert, in seinem letzten Gedichtband "Birthday Letters" erinnerte er sich an die Zeit mit ihr, er schrieb Gedichte, die vor allem ein Zwiegespräch mit der Toten waren. Die ähnliche Verschiedenheit funktionierte immer noch.

Am Ende war es also eine Liebe und eine Partnerschaft fürs Leben, zwar teuer bezahlt mit ihrem frühen Tod, die aber – daran lässt auch die Autorin dieser materialreichen und genauen Biografie des Ausnahmepaares keinen Zweifel - ungemein produktiv war. Sowohl ihre wie seine Gedichte bleiben.

Rezensiert von Manuela Reichart

Diane Middlebrook: Du wolltest deine Sterne
edition fünf, Hamburg 2013
476 Seiten, 22,90 Euro
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