Letzte Vorstellung am Potsdamer Platz

"In Deutschland hat das Musical ein Luxusproblem"

Bühnenbild des Musicals "Hinterm Horizont" im Musical Theater am Potsdamer Platz in Berlin mit übergroßem Hut von Udo Lindenberg
Bühnenbild des Musicals "Hinterm Horizont" im Musical Theater am Potsdamer Platz in Berlin © picture-alliance / XAMAX
Peter Lund im Gespräch mit André Hatting · 24.08.2016
Der Musical-Marktführer Stage Entertainment hat sich von einem Finanzinvestor kaufen lassen - und schließt nun das Theater am Potsdamer Platz. Am Sonntag läuft das Udo-Lindenberg-Stück "Hinterm Horizont" zum letzten Mal. Ist die Musicalbranche in der Krise?
Das Musicalgenre groß herauszubringen, das hatte sich das Unternehmen Stella gemeinsam mit Disney vorgenommen. Und so eröffneten sie 1999 ein Haus mit 1800 Plätzen in der Mitte Berlins. 17 Jahre später ist nun Schluss.
Der Grund: Musical-, Theater- und Filmproduzent Joop van den Ende hätte sein Stella-Unternehmen und Lebenswerk fahrlässig an einen Finanzinvestor übergeben, so Peter Lund, Leiter des Studiengangs Musical an der Universität der Künste, im Deuschlandradio Kultur.
"Die haben anscheinend versäumt, auch ein neues Stück zu entwickeln. Jetzt hat das Theater nichts mehr zu zeigen und macht die Türen zu, weil jeder Tag offen würde anscheinend eine Mark mehr kosten als es zu schließen - und mit dem Denken ist es natürlich für Theater schwierig."

Missbrauch in Deutschland gegenüber Musical-Branche

Vergleichbar mit Hollywood befände sich das Musical weltweit in der Krise, so Lund. Hierzulande hätte es das Genre aber besonders schwer.
"In Deutschland hat das Musical das Luxusproblem, dass durch eine große subventionierte Theaterlandschaft, man einfach nicht die Preise nehmen kann, die das Produkt kosten würde, wenn man es ganz realistisch produziert."
Zudem gebe es seit dem Missbrauch durch die Propaganda der Nationalsozialisten ein großes Misstrauen dem Genre gegenüber, erklärte der Musical-Professor.
"Und dazu kommt natürlich, das Deutschland schon immer einen großen Hang zum Schwergewicht hatte, und das, was leicht verständlich ist – das heißt ja nicht, dass es dumm ist, sondern nur das man versteht, beim ersten Gucken –, auch dem wird in Deutschland mit großem Misstrauen begegnet."
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