Lese-Empfehlungen

Kurz und kritisch

Eine schwangere Frau hält ihren Bauch.
Arbeitslose und alleinerziehende Mütter werden von der deutschen Politik benachteiligt, schreibt Antje Schmelcher. © dpa/Fredrik von Erichsen
21.04.2014
In Deutschland sind viele Frauen von Altersarmut bedroht, warnen die Autorinnen Christina Bylow und Kristina Vaillant. Und Antje Schmelcher beklagt in ihrem Buch einen Generalangriff auf die Weiblichkeit.
Arm, weiblich, über 60 – dieses Schicksal droht vielen Frauen der Babyboomer-Jahrgänge. Doch das Problem der Altersarmut wird verdrängt, trotz der jährlichen Renteninformationen. Von der Politik, von der Gesellschaft und von den betroffenen Frauen selbst. Aber nicht von den Autorinnen Christina Bylow und Kristina Vaillant. In ihrem Buch "Die verratene Generation" beschreiben die beiden detailliert, warum sich viele Frauen - heute um die 50 - im Alter auf ein karges Leben einstellen müssen: mit 600 Euro Rente im Monat.
Das trifft auf über 40 Prozent der Frauen im Westen der Republik zu. Daran werden auch die Mütterrente und der ein oder andere Rentenpunkt für die Kinder nichts ändern. Ernüchternd deutlich stellen die zwei Autorinnen fest, dass die viel beschworene Vereinbarkeit von Beruf und Familie vom Staat wie von der Gesellschaft nach wie vor sträflich vernachlässigt wird.
Das Ehegattensplitting bevorzugt die Einverdienerfamilie, die Teilzeitarbeit wirkt sich negativ auf die Rente aus und es mangelt an Respekt für die Leistung berufstätiger Mütter. Dieser Ausblick auf das Rentenalter ist frustrierend und nicht immer gut geschrieben – doch der realistische Einblick lohnt sich und wappnet für die Zukunft.
Christina Bylow und Kristina Vaillant: "Die verratene Generation"
Christina Bylow und Kristina Vaillant: "Die verratene Generation"© Pattloch Verlag

Die verratene Generation. Was wir den Frauen in der Lebensmitte zumuten. Von Christina Bylow und Kristina Vaillant
254 Seiten, 16,99 Euro, Pattloch Verlag


Mutterwerden wird propagiert. Muttersein dagegen sanktioniert. Besonders, wenn die Mutter keine gutverdienende Akademikerin ist. So lautet die zentrale Erkenntnis des Buches "Feindbild Mutterglück". Warum nur fördert die deutsche Familienpolitik vor allem die ohnehin privilegierten Doppelverdiener-Eltern und lässt dafür arbeitslose, alleinerziehende oder studierende Mütter zahlen?
Die Journalistin Antje Schmelcher formuliert eine böse Antwort: Kinder aus bildungsfernen Schichten sind in Deutschland unerwünscht. Die Regierung hilft lieber Akademikern und deren Kindern. Antje Schmelcher analysiert und begründet gut und belesen, zumindest in diesem Teil des Buches. Doch dann wittert Antje Schmelcher einen Generalangriff auf Weiblichkeit und Werte.
Sie wettert gegen Gleichheitsfeminismus, Gleichstellungsfeminismus, Großraumbürofeminismus, Vulgärfeminismus und noch ein paar Feminismen mehr. Sie gruselt sich genüsslich vor moderner Geschlechterforschung und aller Theorie, die mehr als zwei Geschlechter zulässt. Und wähnt sich schließlich in einer Welt, in der weiße Heterosexualität zum Feindbild wird und Männer schwarz und schwul sein sollen. Die Lese-Empfehlung lautet deshalb: einfach nach der Hälfte aufhören. Das hätte die Autorin auch tun sollen.
Antje Schmelcher: "Feindbild Mutterglück"
Antje Schmelcher: "Feindbild Mutterglück"© Verlag Orell Füssli

Feindbild Mutterglück. Warum wir einen neuen Feminismus brauchen. Von Antje Schmelcher
208 Seiten für 16,95 Euro, Verlag Orell Füssli