Leiter des Geräuscharchivs

Der Hüter der tausend Töne

Hans Cybinski, Geräuscharchivar von Deutschlandradio Kultur
In seinem Element: Hans Cybinski, der Geräuscharchivar von Deutschlandradio Kultur © Deutschlandradio/Bettina Straub
Von Sabine Huthmann und Friederike Wigger · 28.11.2014
Ein bellender Hund gefällig oder doch lieber ein plätschernder Waldbach? Hans Cybinski hat das passende Geräusch parat. Und falls nicht, dann sucht er im Geräuscharchiv, das er seit Jahrzehnten für Deutschlandradio Kultur leitet.
Atmo: Waldbach und Natur
Nein, es ist weder Frühling noch sind wir im Wald, wir sind nicht mal draußen.
Atmo: Waldbach und Natur
Wir sind in einem kleinen Büro im 5. Stock von Deutschlandradio Kultur.
Atmo: Hirsch lacht
"Der lachende Hirsch, das ist auch ne wunderschöne Aufnahme und dann kommen die Waldkäuze. Waldkauz ist eins der meist geforderten und gefragten Vögel aus den Archiven, Möwen auch."
Atmo: Waldkauz und Möwen
Anforderungen sind gestiegen
Hans Cybinski weiß genau, wo er spezielle Geräusche findet. Gerade arbeitet er an einer Anfrage vom Hörspiel. Denn vieles ist bereits im Speicher.
Atmo: Tür auf, Wirtshaus, Tür zu
"Heute, wo viele Hörer zum Ohrstöpsel, zum Kopfhörer greifen, dann hörst Du es ja noch mehr. Das heißt, die Anforderungen an Geräusch sind sehr, sehr stark gestiegen."
Atmo: Maybach-Limousine, Schritte, Autotüren
"Ein Rauchsalon, wieder mal hastige Schritte im Abgeordnetenhaus, am Wohnhaus soll eine Maybach Limousine ankommen, parken und Tür auf, Tür zu (Telefonklingel) Das ist natürlich wieder sone Sache, hört man das, dass es ein Maybach ist, ja... der Spezialist hört das, Cybinski?"
Die Wände seines Büros sind gefüllt mit Hunderten von CDs, verschiedenen Requisiten und alten Tonbändern.
Atmo: Dampfbetriebener Eisbrecher, Tonband
"Es gibt historische Aufnahmen, einen dampfbetriebenen Eisbrecher."
Atmo: Dampfbetriebener Eisbrecher
"Volkswagen, Käfer, Trabant."
Atmo: Käfer, Trabant
"Bilder hat man genügend, ja! Aber wie klangen die - das ist dann der Schatz in so einem Archiv."
Atmo: Quietschen und Schneesturm, Schritte im Schnee
Gelernter Elektriker
Vor 30 Jahren übernahm Hans Cybinski die Stelle als Geräuscharchivar. Gelernt hat er zunächst Elektriker.
"Weil mein Vater meinte, du kannst studieren, was du willst, aber erstmal einen Beruf (lacht), der dich ernährt, Elektrotechnik, und dann an der TU im Heinrich Hertz Institut Akustik und hab dort die ersten Anfänge des Kunstkopfs auch mitgekriegt."
Er baut Schallanlagen für Diskotheken, geht als Techniker an ein Berliner Off-Theater und jobbt beim Sender Freies Berlin und im RIAS.
Atmo: Berliner S-Bahn
"Und nach ein paar Jahren freiberuflich war dann die Stelle des Geräuscharchivs vakant und seit 1985 kümmere ich mich hier ums Geräuscharchiv und Geräusche."
Atmo: Glocken Nôtre Dame, Spielautomat, Klingel
Bis heute sammelt er leidenschaftlich Geräusche aller Art.
Atmo: Hundegebell
Hans C. Ich geh auch raus und mach da Aufnahmen, klar. Wenn irgendwas Spezielles gebraucht wird.
Atmo: Trottellumme
"Die Zutaten für Nemo, die sind in meinem Kopf"
Ein beträchtlicher Teil der Aufnahmen im Archiv stammt vom ihm.
Atmo: Kakadus Australien
"Ei, ja, ja, da ist immer ein Rekorder dabei. Da freust du dich schon, wenn Du irgendwo im australischen Busch, wenn... du scheuchst dann auf einmal Kakadus auf und hast ein Gekreische, das ist ja herrlich."
Atmo: Geräusch steht frei und endet
An Hans wenden sich Radiomacher mit den unterschiedlichsten Wünschen:
Atmo: Komparsenszene Prügelei
" Also wir haben schon uns gekabbelt, wir haben schon einen König festgenommen und wir waren auch schon mal Matrosen auf einem Schiff gewesen..."
Atmo: eiserne Schiebetür
"Didelitt, didelitt – Bumm"
Und manchmal muss er richtig erfinderisch sein.
Atmo: Hörspiel Miniausschnitt aus "20.000 Meilen unter dem Meer"
"Captain Nemo. Da spielt natürlich sein Unterseeboot ne große Rolle."
"Dann haben wir uns gefragt, wie baut man so ein U-Boot. Die Zutaten für Nemo, die sind in meinem Kopf... ich war doch mal unten im Keller gehört, dass da im Elektronikraum, wo der Wind sich gefangen hat und durch die Türen pfiff und das brummte und dis sind ganz merkwürdige Geräusche."
"Und dann gabs noch so ne Art Kurbelgeräusch, so ein metallisches."
"Dann fiel mir wieder ein, dass ich aus Australien eine Windmühle aufgenommen hatte, die immer so einen Rhythmus : didelitt, didelitt – Bumm.... machte und so dass wir dann aus diesen Komponenten eine wunderbare Nautilus herstellen konnten."
Atmo: Tür
"Und da steht jetzt gerade so eine kleine Kutsche (geht rüber)die wir auch mal zur Anschauung gebaut haben."
Atmo: Kutsche
"Ich kenne meine Hunde"
Wie eine Kutsche sieht die kleine Maschinerie gar nicht aus.
"Also das ist ein Holzbrett, dann ist ein altes eisernes, ein Wagenrad draufgeschraubt, das ist hier einfach so ne Schraube, die als Bremse fungiert, dann natürlich die Ketten am Pferd, dann gibt's einen Waschmittelspender, ne kleine runde Kugel und ein Schuhanzieher, die wir für das Pferdegetrappel nehmen, hier noch die Peitsche."
Heute ist Hans Cybinskis letzter Arbeitstag. Mit 65 geht er in Rente. Nun muss das Programm von Deutschlandradio ohne seine guten Ideen auskommen.
"Wenn die jetzt irgendwo einen Wachhund suchen, dann kenn ich meine Hunde, dann weiß ich schon, was da passt. Aber das wird dann schwierig werden. Und diese Beratung ist dann nicht mehr da, das ist weg."
Mehr zum Thema