Leipziger Buchmesse 2017

"Ohne Meinungsfreiheit gäbe es diese Branche nicht"

Besucher gehen am 23.03.2017 über eine Treppe mit den Schriftzug "Für das Wort und die Freiheit" auf der Buchmesse in Leipzig.
"Für das Wort und die Freiheit" ist ein Motto der Leipziger Buchmesse. © dpa / Jan Woitas
Von Alexandra Gerlach · 26.03.2017
In Leipzig geht heute die Buchmesse zu Ende, der wichtigste Frühjahrstreff der Branche. Knapp 2500 Aussteller aus 43 Ländern präsentierten ihre Neuheiten – ein neuer Rekord für Leipzig. Der rege Besucheransturm sorgte zeitweilig für ein Verkehrschaos rund um das Messegelände.
Dass die Leipziger Buchmesse 2017 eine besonders politische Bücherschau werden würde, wurde bereits zum Auftakt deutlich.
Messechef Oliver Zille: "Die Leipziger Buchmesse ist seit Jahren eine sehr politische Buchmesse und mit den Veränderungen in unserer Gesellschaft und dem zunehmenden Druck verändert sich auch unser Programm. Und es ist klar, Demokratie und Freiheit sind auch in Europa mittlerweile wieder unter einem Druck, den man sich vor drei, vier, fünf Jahren echt nicht vorstellen konnte; und wir sehen jetzt, dass dieser Druck für die Demokratie und für die Freiheit wirklich kämpfen zu müssen, steigt und dringlicher wird, Antworten zu finden."
So etwa der Programmschwerpunkt "Europa21", der sich in zahlreichen Foren mit Fragen nach der bedrohten Meinungsfreiheit, sowie den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Diskursen um die Zukunft des Europäischen Zusammenhalts befasste. Beispielhaft war hier das diesjährige Gastland Litauen, das in den zurückliegenden knapp 27 Jahren seit der politischen Wende knapp ein Viertel seiner Bevölkerung durch Abwanderung in das westliche Ausland verloren hat. Neben dem Themenkomplex "Wie weiter mit Europa" standen das Aufblühen nationalistischer und populistischer Bewegungen sowie die Verteidigung der Meinungsfreiheit und Vielfalt im Mittelpunkt der politischen Diskussionen dieser Buchmesse. Das sei essentiell für die Branche, hatte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels nicht nur mit Blick auf die aktuellen Zustände in der Türkei schon zum Beginn der Messe formuliert. Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis:
"Für die deutsche Buchbranche ist die Meinungsfreiheit sozusagen die Essenz ihres Seins. Ohne Meinungsfreiheit gäbe es diese Branche jedenfalls so nicht. Die Lage der Meinungsfreiheit spitzt sich in der ganzen Welt zu, da sitzen Menschen im Gefängnis, werden vom Tode bedroht weil sie ihre Meinung gesagt haben, weil sie gewagt haben, eine Kritik an irgendeinem Herrscher zu üben. Da dürfen wir nicht schweigend zuschauen, das müssen wir unsere Stimme erheben."

Online-Petition an die Türkei

Eine entsprechende Online-Petition hat die deutsche Buchbranche an die Türkei gestellt. An dem Ausreiseverbot namhafter türkischer Autoren, die nach Leipzig geladen waren, änderte das nichts.
Als breites Forum für politische Debatten erwies sich auch in diesem Jahr das Lese-Festival "Leipzig liest". 3300 Mitwirkende nutzten mehr als ebenso viele Veranstaltungen auf 570 Bühnen im gesamten Stadtgebiet, um über aktuelle Fragen zu sprechen. Schriftsteller, Verleger und Experten diskutierten intensiv Fragen nach Abstiegsängsten der Bürger und dem Aufstieg nationalistischer Kräfte in Europa. Vielerorts gab es volle Säle, das Publikum hoch interessiert:
"Weil das gesellschaftliche Klima momentan sehr angespannt ist, Bundestagswahlen vor der Tür stehen, Europa sehr nach rechts rückt und eine höhere Sensibilität vorherrscht."
Verleger, wie Christoph Links vom gleichnamigen Verlag freut diese Entwicklung, auch er meint in diesem Jahr eine besonders intensive Stimmung auf der Leipziger Buchmesse verspürt zu haben:
"Es ist eine sehr deutlich spürbare politische Atmosphäre auf dieser Messe und das kann ich nur begrüßen, denn die Weltlage ist so, dass man an den Dingen nicht vorbei gehen kann und so sehr gute Lyrik ihre Berechtigung hat, über diese Themen muss ja auch gesprochen werden."
Neben dieser starken inhaltlichen Ausrichtung setzte die Leipziger Buchmesse 2017 einen starken Fokus auf die digitalen Medien und neue Möglichkeiten zur Vermittlung von Literatur sowie einer engeren Bindung von Autoren und Lesern. Wie wichtig das ist, zeigen die aktuellen Konjunkturzahlen der Branche. Danach konnte der Buchhandel erstmalig seit drei Jahren bei den Verkaufszahlen über alle verfügbaren Kanäle mit 0,8 Prozent wieder leicht zulegen. Zugleich ging die Frequenz der Besucher in den Buchläden merklich zurück.