Laurie Penny

"Frauen suchen die Schuld immer bei sich selbst"

Laurie Penny
Die britische Autorin und Bloggerin Laurie Penny © Jon Cartwright
Laurie Penny im Gespräch mit Frank Meyer · 17.06.2015
Schluss mit dem "Hunger" nach Macht, Geld, Aufmerksamkeit oder Liebe: Das rät die britische Feministin Laurie Penny den Frauen. Das Konzept der romantischen Liebe kritisiert sie als "Opium fürs Volk" und als politische Fehlleistung.
Laurie Penny ist mit ihren Blogs, Zeitungsartikeln und Büchern zu einer der Stimmen eines neuen, radikalen Feminismus geworden. Ihr jüngstes Buch "Unsagbare Dinge − Sex, Lügen und Revolution" geht von einer Erfahrung aus, die sie selbst mit 17 Jahren gemacht hat. Damals war sie schwer magersüchtig und musste lange Zeit im Krankenhaus verbringen.
Hunger sei von allen weiblichen Sünden die unverzeihlichste Sünde, heißt es in dem Buch. Diesen Satz erläuterte Laurie Penny im Deutschlandradio Kultur:
"In dem Buch steht Hunger ja nicht nur für den Hunger nach Essen. Es steht für das Verlangen nach allem, was Frauen haben könnten: nach Macht, nach Geld, nach Aufmerksamkeit oder Liebe. Das ist nicht das, was Frauen verlangen sollten."
Der Buchtitel "Unsagbare Dinge" beziehe sich im Englischen auf zwei Aspekte, sagte Penny: Zum einen auf das, was man wirklich nicht aussprechen könne. Zum anderen aber auch auf das, was Frauen nach Meinung mancher Menschen besser nicht aussprechen sollten:
"Dass wir uns eben mit den grässlichen Dingen auseinandersetzen und sie dann aber hübsch und nett machen, sie schön präsentieren sollen. All das Trauma, der Schmerz und die emotionalen Verletzungen, die Frauen erfahrenen haben, die sollen sie eben nicht darstellen. Die verstecken sie ja und suchen die Schuld dafür nicht in den Strukturen oder in den Umständen, sondern sie suchen die Schuld immer bei sich selbst."
Handfeste wirtschaftliche Interessen
Penny kritisiert in ihrem Buch auch das Konzept der romantischen Liebe: Es sei eine Art "Opium fürs Volk" und außerdem eine politische Fehlleistung. Denn es ginge nicht immer nur um Gefühle und Liebe, sondern auch um handfeste wirtschaftliche Interessen:
"In der Geschichte ging es vor allem darum, dass man einen Haushalt gründete. Und das war dann oft eben so, dass die Frauen darin gefangen waren. Dieses patriarchalische Familiensystem, das ja auch bis heute noch anhält, ging einher mit dem kapitalistischen Produktionssystem. Und darum sollen gerade Frauen das eben nicht weiter hinterfragen, weil das sonst Probleme schaffen würde für eine Gesellschaft, die darauf angewiesen ist, dass Frauen diese unbezahlte Arbeit im Haushalt leisten."

Laurie Penny: Unsagbare Dinge − Sex, Lügen und Revolution
Aus dem Englischen von Anne Emmert
Edition Nautilus, Hamburg 2015
288 Seiten, 16,90 Euro

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