Kurzkritiken

Moderne Märchen und großes Kino aus Georgien

Giraffenweibchen im Zoo
"Giraffada": Ohne Passierschein kommt auch eine palästinensische Giraffe nicht nach Israel. © picture alliance / dpa / Arno Burgi
Von Noemi Schneider · 23.05.2015
In "Vorgespult" geht es heute um die Rettung einer traurigen Giraffe in einem palästinensischen Zoo, um ein Vorstadtidyll, in dem es spukt, und archaisches Inselleben im kaukasischen Grenzgebiet.
"Friede sei mit dir, Doktor Yacine!"
"Gleichfalls. Sag mal, warum musst du dein Gift ausgerechnet vor dem Zoo verkaufen?"
"Ich habe die besten Erdnüsse von ganz Palästina."
"Und warum kriegen dann meine Affen immer Durchfall von deinen verfluchten Nüssen?"
Yacine arbeitet als Tierarzt in dem einzigen palästinensischen Zoo in Qalqilia, der massiv unter Finanzproblemen und dem Nahostkonflikt leidet. Yacines zehnjähriger Sohn Ziad verbringt jede freie Minute mit den beiden Giraffen Brownie und Rita. Als Brownie bei einem israelischen Luftangriff stirbt, verweigert Rita aus Trauer und Einsamkeit das Futter und droht ebenfalls zu sterben.
Unter dem Nahostkonflikt leiden auch die Giraffen
Rita braucht Gesellschaft, doch der einzige in Frage kommende Giraffenbulle lebt in einem Zoo in Israel. Gemeinsam mit Laura, einer französischen Journalistin wollen Vater und Sohn die israelische Giraffe nach Palästina schmuggeln, doch zuerst müssen sie den Tierarzt "auf der anderen Seite" für den Plan gewinnen.
"... und hier der Passierschein für eine Giraffe nach Israel. Was ist denn los?"
"Ehrlich gesagt, wir haben vor, eine Giraffe aus deinem Zoo nach Qalqilia zu entführen."
"Ja klar, das soll ein Witz sein, oder? Yacine, das kannst du total vergessen. Du bist völlig durchgedreht, ich wusste es. Ich wusste, dass du irgendwas vor hast, ich wusste es. Journalistin!"
"Wenn du uns nicht hilfst, dann mache ich es allein."
"Dann mach das! Ich kann dir nicht beim Stehlen einer Giraffe helfen!"
Rani Massallah, dem französischen Regisseur mit ägyptisch-palästinensischen Wurzeln, gelingt mit "Giraffada" ein modernes Märchen zwischen Mauern und Checkpoints. Ein berührender Film, der zumindest teilweise auf wahren Begebenheiten beruht.

"Giraffada", Regie: Rani Massallah, Darsteller: Saleh Bakri, Laure de Clermont, Ahmad Bayatra, Länge: 80 Minuten, Frankreich, Deutschland, Italien, Palästina 2013, FSK 12

"Maddie, was machst du da?"
"Sie kommen her."
"Wer, wer kommt?"
Na, wer wohl? Die Poltergeister sind zurück, und zwar in 3D. Die Geschichte geht genauso wie vor 32 Jahren: Durchschnittsfamilie zieht in ein wunderschönes Haus in der Vorstadt, in dem es nicht mit rechten Dingen zugeht. Es spukt und zwar gewaltig. Nachdem Maddy, die jüngste Tochter, im Fernseher verschwunden ist, suchen die verzweifelten Eltern Hilfe bei einer Parapsychologin und einem Geisterjäger.
"Oh mein Gott."
"Das sind nicht nur ein paar wütende Geister, mit denen wir es hier zu tun haben. Das ist anders, als alles, was ich je zuvor gespürt habe. Den Poltergeist. Sie sind gefangen und verzweifelt. Und ihre Tochter, ist die Chance, dem Fegefeuer zu entrinnen."
Das bis auf ein paar kleine Änderungen beinahe originalgetreue Remake des Kulthorrorfilms "Poltergeist" von Gil Kenan ist nichts für schwache Nerven. Allerdings bietet es bis auf ein paar Effekte auch nichts wirklich Neues. Wozu also ein Remake?

"Poltergeist 3D", USA 2015, Regie: Gil Kenan, Darsteller: Sam Rockwell, Jared Harris, Rosemarie DeWitt, Saxon Sharbino, 94 Minuten, FSK 16

Im Frühjahr schwemmt der Fluss Enguri brockenweise fruchtbaren Boden aus dem Kaukasus hinunter in die Ebene, der sich mitten im Fluss zu temporären kleinen Inseln zusammen schließt. Der Farmer Abga unternimmt den Versuch eine der schwimmenden Inseln zu bebauen, seine Enkelin Asida hilft ihm dabei.
Kein Wort fällt in den ersten 20 Minuten des mehrfach ausgezeichneten Films "Die Maisinsel" des georgischen Regisseurs George Ovashvili. In langen ruhigen Einstellungen entsteht eine faszinierende bildgewaltige Meditation des archaischen Insel-Lebens.
Abga und Asida bauen eine Hütte, graben den Boden um, säen Mais, fischen, essen, schlafen inmitten des Flusses.
Idylle sucht man hier jedoch vergebens. Die schwimmende Insel droht jederzeit abzutreiben und die Grenze rundum an den Ufern des Flusses ist von georgischen und russischen Truppen umkämpft.
"Die Maisinsel" ist eine atemberaubende Allegorie über Naturgewalt, Selbstbestimmung und Freiheit in der kaukasischen Grenzregion. Großes Kino aus Georgien!

"Die Maisinsel", Georgien/Deutschland/Frankreich/Tschechien/Kasachstan 2014, Regie: George Ovashvili, Darsteller: Ilyas Salman, Mariam Buturishvili, 100 Minuten

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