Kurz und kritisch

02.06.2013
Fritz Schaap hat undercover in einer Salafisten-Schule recherchiert. In seinem Buch zeigt er die Methoden islamistischer Indoktrination. Hisham Kabbani schildert die facettenreiche Geschichte des Islam, und der indische Psychoanalytiker und Schriftsteller Sudhir Kakar erzählt von einem Leben zwischen Orient und Okzident.
Recherche in der Islamisten-Schule
Publikumswirksam verschenken bärtige junge Männer auf öffentlichen Plätzen den Koran. Sie versuchen, Jugendliche in Einkaufspassagen zu missionieren. Ihre Religion ist der Salafismus, dem auch die Mitglieder der Sauerlandgruppe zuneigten. Wie aber kommt es, dass sich junge Menschen in Deutschland vom Salafismus beeinflussen lassen? Woher kommt der Hass auf die Andersdenkenden, Andersglaubenden und Anderslebenden? Woher die Bereitschaft, sich von einer eher holzschnittartigen Koranauslegung beeindrucken zu lassen und kritisches Denken zu verteufeln? Fritz Schaap treiben diese Fragen ins ägyptische Alexandria. Dort recherchiert er undercover in einer Sprachschule, in der auch Angehörige der Sauerlandgruppe geschult wurden. Eindrucksvoll dokumentiert er die Methoden der Indoktrination und enthüllt die Strukturen eines islamistischen Netzwerkes. Seine Reportage zeigt die Gefahr, die vom Salafismus ausgeht. Sie verdeutlicht aber auch, dass für die meisten Muslime in Alexandria die Salafisten Fremde sind, deren Radikalität sie verabscheuen. So bleiben die Salafisten eine extreme, aber kleine Gruppe in der Weltreligion des Islam.

Cover: "Nur der Satan isst mit links. Ich war undercover in einer Islamistenschule" von Fritz Schaap
Cover: "Nur der Satan isst mit links. Ich war undercover in einer Islamistenschule"© Herder Verlag
Fritz Schaap: "Nur der Satan isst mit links. Ich war undercover in einer Islamistenschule", Herder Verlag, Freiburg, 160 Seiten, 14,99 Euro


Die heilsame Wirkung des Erzählens
Islamisten zerstören in Nordafrika die Bibliothek von Timbuktu. Denn dort dokumentieren historische Manuskripte eine Vielfalt des Islam, die die Einfalt des Salafismus entlarvt. Hisham Kabbani stellt in dem großartigen Buch "Der Weg der Meister" die Historie des bedeutenden Sufi-Ordens der Naqshbandi dar: eine sehr facettenreiche Geschichte des Islam, eine Geschichte von Spiritualität, Humanität und Toleranz. Allerdings empfiehlt es sich, zuvor Annemarie Schimmels "Der Sufismus" gelesen zu haben, um hinter den scheinbar blumigen Formulierungen das andere Denken zu entdecken. Es heißt: "Wenn über die Heiligen und ihr Leben berichtet wird, dann zerspringen die Sünden der Zuhörer wie Glas." So berichtet das Buch auch von der heilsamen Wirkung des Erzählens. Hisham Kabbani öffnet dem Leser einen Zugang zu einer anderen Kultur, zu ihren Vorstellungen und überraschenden Sichtweisen.

Cover: "Der Weg der Meister. Geschichte und Vermächtnis der erhabenen Großscheichs des Naqshbandi-Ordens" von Hisham Kabbani
Cover: "Der Weg der Meister. Geschichte und Vermächtnis der erhabenen Großscheichs des Naqshbandi-Ordens"© Spohr Verlag
Hisham Kabbani: "Der Weg der Meister. Geschichte und Vermächtnis der erhabenen Großscheichs des Naqshbandi-Ordens", Spohr Verlag, Lympia, 400 Seiten , 18 Euro


Ein praktisches Plädoyer für Toleranz
In eine fremde Kultur entführt uns auch der indische Psychoanalytiker und Schriftsteller Sudhir Kakar. "Die Seele der Anderen" erzählt in Form einer Autobiographie von einem Leben zwischen Ost und West. Für den Europäer mag der Inder der Andere sein – für den Inder ist es der Europäer. Das Buch untersucht diese Unterschiede, aber auch die überraschenden Übereinkünfte. Als Hindu ist Sudhir Kakar mit den Konflikten zwischen Hindus und Muslimen aufgewachsen, doch in seinen Erinnerungen vermeidet er Schuldzuweisungen und skizziert die Katastrophen ethnischer oder religiöser Gewalt. Insofern stellt das Buch ein sehr praktisches Plädoyer für Toleranz und Verständnis des jeweils anderen dar – sei er Christ, Hindu oder Muslim, sei er Inder oder Europäer.

Cover: "Die Seele der Anderen" von Sudhir Kakar
Cover: "Die Seele der Anderen"© C.H. Beck
Sudhir Kakar: "Die Seele der Anderen. Mein Leben zwischen Indien und dem Westen", C.H. Beck, München, 313 Seiten, 26,95 Euro