Kurz und kritisch

18.07.2010
In "Besser für beide" plädiert Ruprecht Polenz für einen EU-Beitritt der Türkei. Hinter dem Titel "Polens eigensinniger Held" verbirgt sich eine Biografie des Arbeiterführers Lech Walesa. Für "Was bin ich wertt?" hat Jörn Klare akribisch den Wert eines Menschen recherchiert.
Ruprecht Polenz: Besser für beide - Die Türkei gehört in die EU
Edition Körber-Stiftung

Wenn ein führender CDU-Politiker das Christliche Abendland als "emotionalen Kampfbegriff" abtut, wird der Leser hellhörig. Ruprecht Polenz, CDU-Abgeordneter und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, argumentiert solcherart für einen Beitritt der Türkei zur EU. Davon hätten nämlich beide etwas: Die Türkei mehr Schwung bei inneren Reformen, wirtschaftlicher Entwicklung und außenpolitischer Positionierung. Und die EU bekäme eine Brücke in die islamische Welt mit Modellcharakter und nebenbei auch besseren Zugang zu Öl und Gas in Zentralasien.

Aber was ist mit Problemen wie Erweiterungs-Unlust der europäischen Bevölkerung oder Rückständigkeit der Türkei? Alles eine Frage von Geduld und Verhandlungen, meint Polenz. Ein optimistisches Plädoyer für den Glauben an Machbarkeit in der Politik.


Reinhold Vetter: Polens eigensinniger Held - Wie Lech Walesa die Kommunisten überlistete
Berliner Wissenschaftsverlag

Den markanten Schnurrbart kennt jeder, doch wer kennt wirklich dessen Träger, Lech Walesa? Der Journalist Reinhold Vetter hat Polens Nationalhelden Walesa mehr als dreißig Jahre lang beobachtet, seine Einstellung zu dem Arbeiterführer und Politiker wandelte sich dabei von Enthusiasmus über scharfe Kritik zu distanziertem Wohlwollen.

Nun legt Vetter eine Biografie Walesas vor, der gelingt, was gute politische Biografien ausmacht: Die Lebensgeschichte erhellt die Zeitläufte, die Brüche und Widersprüche des Protagonisten spiegeln die Dramatik des Systemwechsels im früheren Ostblock wider. Und der sehr polnische Held Lech Walesa vermittelt dem deutschen Leser ein facettenreiches Bild seines Heimatlandes.


Jörn Klare: Was bin ich wert? Eine Preisermittlung
Suhrkamp Verlag

1022 Euro und 43 Cent, das ist der Körper von Jörn Klare wert, chemisch gesehen. Akribisch recherchiert der Journalist den Wert eines Menschen unter allen möglichen Aspekten, er spricht mit Ärzten und Versicherungs-Mathematikern, mit Philosophen, Prostituierten und einem Mörder und kommt auf Beträge vom zwei- bis in den siebenstelligen Bereich. Locker geschrieben, reizt dieser Bericht zum Schmunzeln, aber auch zum Entsetzen.

Denn wir erfahren, wie weit die Verdinglichung des Menschen vorangeschritten ist: Humankapital sind wir bestenfalls, Kostenfaktoren allemal, manchmal Ware, auf jeden Fall kalkulierbar. Die scheinbar naive Frage nach dem Preis eines Menschen provoziert entlarvende Antworten, das ist Aufklärung mit einer Prise Unterhaltung, über 260 Seiten hinweg allerdings auch bisweilen eintönig.
Cover: "Ruprecht Polenz: Besser für beide"
Cover: "Ruprecht Polenz: Besser für beide"© Edition Körber-Stiftung
Cover: "Reinhold Vetter: Polens eigensinniger Held"
Cover: "Reinhold Vetter: Polens eigensinniger Held"© Berliner Wissenschaftsverlag
Cover: "Jörn Klare: Was bin ich wert?"
Cover: "Jörn Klare: Was bin ich wert?"© Suhrkamp Verlag