Kurz und kritisch

24.08.2008
Über die Gefährlichkeit des Iran macht sich der Nahost-Experte Volker Perthes in "Iran - Eine politische Herausforderung" Gedanken. Manfred Alexander schreibt über die Geschichte der böhmischen Länder und der Fortschrittsskeptiker Jules Barbey d’Aurevilly bietet in "Feinheit des Geistes rührt von Niedertracht" zeitlos-elegante Aphorismen.
Volker Perthes: Iran - Eine politische Herausforderung
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main

Ist der Möchtegern Atomwaffen-Staat Iran wirklich so gefährlich? Für die USA und insbesondere Israel schon. Der deutsche Nahost-Experte Volker Perthes schaut in seinem neuen Buch "Iran - eine politische Herausforderung" genauer hin: Für ihn ist der Iran weder die größte Bedrohung der USA noch die mächtigste Nation der Welt. Ein bedeutender Öl exportierender Staat gewiss, aber auch ein Land, das ohne ausländische Hilfe nicht einmal eine Ölraffinerie bauen kann. Dennoch: Perthes übersieht nicht die Gefahren und verweist auf das iranische Nuklearprogramm. Aber er plädiert auch nachdrücklich dafür, den Iran ernst zu nehmen. Sehr ernst sogar. Auf gut 150 Seiten untersucht er die verschieden internationalen Positionen und spricht von einem Testfall für Europa. Fazit des kenntnisreichen Autors: Es geht um eine Balance zwischen Sicherheit und Vertrauen: Sicherheit für die Nachbarn im Nahen Osten und iranisches Vertrauen in die internationale Gemeinschaft. Ob das am Ende reicht?


Manfred Alexander: Kleine Geschichte der böhmischen Länder
Reclam Verlag, Stuttgart

Die böhmischen Länder liegen im Herzen Europas. Tschechen und Deutsche, aber auch Juden haben die Geschichte dieser Länder gestaltet und an ihr gelitten. Zeiten des Glanzes wechselten mit solchen des Niedergangs und der Verfolgung. Der Historiker Manfred Alexander will mit seinem Buch "Kleine Geschichte der böhmischen Länder" zu einem besseren Verständnis beitragen. Und das ist auch bitter nötig. Ein Streitpunkt nach wie vor: Millionen Sudetendeutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben. Im historischen Kontext stellt Alexander nüchtern und konzentriert Ursachen und Beweggründe von Flucht und Vertreibung dar. Ob damit Vorbehalte und Unverständnis für die andere Seite ausgeräumt werden? Wünschen möchte man das. Und spätestens seit dem EU-Beitritt Tschechiens - so der Autor - sei es dafür allerhöchste Zeit.


Jules Barbey d’Aurevilly: Feinheit des Geistes rührt von Niedertracht
Aus dem Französischen von Gernot Krämer
Verlag Matthes & Seitz, Berlin

"Nichts ist so amüsant wie die Wut der Dummköpfe", meinte der französische Essayist Jules Barbey d’Aurevilly. Mit Melancholie und ätzendem Spott reagierte der Fortschrittsskeptiker auf die beginnende Moderne im 19. Jahrhundert. Seine Aphorismen sind provozierend unzeitgemäß, doch zeitlos elegant. Witzige, originelle Formulierungen sind Barbey d’Aurevilly nur so zugeflogen. Einen schönen Eindruck von dieser Gabe vermitteln seine Aphorismen, die jetzt zum ersten Mal auf Deutsch erschienen sind. "Feinheit des Geistes rührt von Niedertracht" heißt das das Buch. "Sich der öffentlichen Meinung entgegenzustellen - zu nichts braucht es größeren Mut!", lautet das Credo des streitbaren Franzosen. Ach, hätten wir doch heute auch solche couragierten Autoren.


Buchtipp: Wolfgang Herles: Winston Churchill: Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi
Übersetzer: Georg Brunold
Die Andere Bibliothek im Eichborn Verlag
Volker Perthes: "Iran - Eine politische Herausforderung"
Volker Perthes: "Iran - Eine politische Herausforderung"© Suhrkamp Verlag
Manfred Alexander: "Kleine Geschichte der böhmischen Länder"
Manfred Alexander: "Kleine Geschichte der böhmischen Länder"© Reclam Verlag
Jules Barbey d’Aurevilly: "Feinheit des Geistes rührt von Niedertracht"
Jules Barbey d’Aurevilly: "Feinheit des Geistes rührt von Niedertracht"© Verlag Matthes & Seitz