Kunstmuseum mit Rissen

Von Michael Watzke · 13.07.2012
Bröckelnder Putz und graue Schlieren: Gerade mal zehn Jahre alt ist das Gebäude der Pinakothek der Moderne in München - doch die Mängel sind gravierend. 750.000 Euro sollen die Sanierungsarbeiten kosten. Und das, obwohl man beim Bau eigentlich Geld sparen wollte.
Aus der Ferne wirkt sie wie ein Raumschiff, das auf schlanken Stelzen im Münchner Kunstareal gelandet ist: die Pinakothek der Moderne. Als der bayerische Kunstminister Hans Zehetmair das Museum im Jahr 2002 eröffnete, da pries er das Bauwerk als architektonisches Kleinod von einzigartiger Schönheit:

"Am Anfang stand die Vision. Der Weg zur Verwirklichung dieses mutigen Objektes war lang, begleitet von Herausforderungen und Rückschlägen, aber er war erfolgreich."

Diesen Satz würde Bayerns heutiger Kunstminister Wolfgang Heubisch in dieser Form nicht wiederholen. Heubisch (FDP) muss ausbaden, was sein CSU-Vorgänger hinterlassen hat: ein Sichtbeton-Gebäude von minderer Bauqualität:

"Es war damals noch nicht bekannt, dass dieser Beton so schrumpfen würde und die Ziegel, die verwendet wurden, quellen würden. Das ist auch dokumentiert, dass das damals noch nicht bekannt war. So kam es zu diesen Problemen, und die müssen und wollen wir jetzt beheben."

300.000 Menschen besuchen die Pinakothek der Moderne pro Jahr. Die Gäste ahnen schon durch einen Blick auf die Außenfassaden des Gebäudes, dass an Münchens meist besuchtem Kunstmuseum der Zahn der Zeit nagt. Und das nur zehn Jahre nach Eröffnung. Auf den grauen Sichtbeton-Wänden hat herabfließender Regen Spuren hinterlassen. Patina? Oder einfach nur hässlich?

An manchen Ecken und Kanten des rechtwinkligen Gebäudes bröckelt der Putz. Doch die wahren Probleme schlummern im Innern der Pinakothek: Risse im Mauerwerk durchziehen die elegante Rotunde des Gebäudes. Der längste ist 17 Meter lang. Die Risse sind seit Jahren bekannt. Das Bauamt München hat lange versucht, sie provisorisch zu beheben, indem man die Fugen und Spalten verspachtelte, erklärt der Leiter des Münchner Bauamtes, Kurt Bachmann:

"Dabei wurde festgestellt, dass zum Teil die Maueranker, die das Mauerwerk an die Stahlkonstruktion anbinden sollen, herausgerissen wurden. Daraus schließen wir, dass sehr starke Bewegungen stattfinden, die diesen Vorgang bewirkt haben."

Herausgerissene Maueranker. Wie können solch massive Probleme bereits nach zehn Jahren auftreten? Die Baukosten der "Pinakothek der Moderne" waren mit 121 Millionen Euro vergleichsweise niedrig für ein Gebäude, dessen Grundfläche mehr als zwei Fußballfelder umfasst. Der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber wollte ein großes Prestigeobjekt, obwohl im Staatshaushalt aufgrund des Sparkurses Ebbe herrschte.

Der Architekt der Pinakothek der Moderne, Stephan Braunfels, ein Star der Architektenszene, war bei der Eröffnungsfeier so wütend, dass er mit kritischen Worten die festliche Stimmung störte:

"Nicht glücklich bin ich über die Ausführung. Die Ausführungsqualität ist wegen des viel zu geringen Budgets einfach nicht perfekt. Und das ist schade, dass ein so großes, weltbedeutendes Museum, für das am Schluss doch ein sehr guter Entwurf gelungen ist, dass das nicht im gleichen Standard perfekt ausgeführt ist. Das ist verschenkt."

Der Architekt sollte Recht behalten. Denn beim Bau der Pinakothek wandten die Ingenieure eine kostengünstige Mauertechnik an, die kaum erprobt war. Zwar betont Kunstminister Heubisch:

"Das kann man nicht als Pfusch am Bau bezeichnen."

Doch Kurt Bachmann, Leiter des Münchner Bauamtes, kritisiert, dass die moderne Pinakothek nach Bauvorschriften errichtet wurde, die für dieses Gebäude nicht adäquat sind:

"Würde man das nach den ganzen Bauvorschriften errichten, dann würde das auch bedeuten, dass wir hier immer mal wieder Dehnungsfugen, Arbeitsfugen, Bewegungsfugen haben. Und das war damals absolut nicht gewünscht. Man hat somit in Kauf genommen, dass dieses Gebäude mal im Unterhalt aufwändiger sein wird."

750.000 Euro sollen die Sanierungsarbeiten kosten. Das ist niedrig veranschlagt und könnte nach Aussage von Experten deutlich teurer werden. Noch einmal 750.000 Euro wird der geplante Ersatzbau kosten, ein luftiger Pavillon aus Stahlrohren gleich nebenan, erklärt Andres Lepik, der designierte Direktor des Architektur-Museums der TU München:

"Die Idee ist, den Pavillon als temporäre Struktur zu nutzen für verschiedene Aktivitäten, die man sonst im Museum gar nicht gehabt hätte. Also Performances, Aktionen, Veranstaltungen, Workshops, auch Filmvorführungen außen."

Der Ersatz-Pavillon wird ab Februar 2013 sieben Monate lang einen Teil der Exponate der Pinakothek der Moderne zeigen. Der Rest wandert ins Archiv, geschützt vor dem Staub, der bei den Sanierungsarbeiten der Rotunde entsteht. Im August nächsten Jahres soll die Pinakothek wieder öffnen. Wenn bei der Sanierung nicht noch weitere Mängel entdeckt werden.