Kunstauktion

NRW debattiert über Warhol-Versteigerung

Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen. l-r), der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und der Spitzenkandidat der NRW-Piraten, Joachim Paul, kommen am 20.10.2014 zu einer Pressekonferenz im Anschluss an den NRW-Flüchtlingsgipfel in der Messe in Essen (Nordrhein-Westfalen).
Die NRW-Landesregierung hat sich eigentlich schon auf den Verkauf der Bilder eingestellt. © dpa / picture alliance / Matthias Balk
Von Thielko Grieß · 23.10.2014
Nordrhein-Westfalen will zwei Warhol-Bilder versteigern, der Erlös würde in den Landeshaushalt fließen. Aus der Kunstszene regt sich Widerstand. Jetzt ist eine Diskussion um den Umgang mit Kunst entbrannt.
Auf dem Schreibtisch von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft liegt seit dem Nachmittag ein neuer Brief auf dem Tisch – unterzeichnet haben ihn wieder knapp 30 Museumsdirektoren aus Nordrhein-Westfalen. In ihrem ersten Brief von vor zehn Tagen hatten die Direktoren gefordert, den Verkauf zu stoppen. Jetzt, so heißt es aus Museumskreisen, geht es darum, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Denn Nordrhein-Westfalen, so sieht es heute aus, richtet sich darauf ein, künftig ohne die beiden Warhol-Bilder dazustehen.
"Wenn Sie eine Aktion in dieser Dimension in dieser Größenordnung vorbereiten bei Christie’s in New York", argumentiert Rainer Priggen, Fraktionschef der Grünen im NRW-Landtag. "Wenn die Kataloge gedruckt werden, wenn Sie das ankündigen, dann müssen Sie hohe Pönalstrafen zahlen, wenn Sie das noch wieder stoppen wollen."
Das Problem: Die Verträge sind nicht öffentlich
Die Rede ist von zweistelligen Millionenbeträgen Vertragsstrafe – ganz genau aber ist das nicht bekannt, beklagt die Opposition. Lukas Lamler ist kulturpolitischer Sprecher der Piraten, die Fraktion hatte den Meinungsaustausch über den Verkauf im Landtag auf den Weg gebracht:
"Es gibt vermutlich Wege, den zu stoppen. Das Problem ist, dass die Verträge, die scheinbar mit den Auktionshäusern geschlossen worden sind, nicht öffentlich sind. Das heißt, wir Politiker, wir Kulturpolitiker, haben keinen Einfluss darauf und haben keine Möglichkeit zu erfahren, welche Möglichkeiten es gibt, dort die Notbremse zu ziehen."
Nach wie vor aber hat Westspiel politischen Rückhalt in der NRW-Politik. Wie etwa den von Rainer Priggen, dem Grünen-Fraktionschef:
"Wir brauchen Investitionen, gerade der Standort in Aachen. Da brauchen wir jetzt um die zehn Millionen von der Westspiel, um hier das alte Automatenspiel und das Klassische zusammenzufügen und dem Standort eine Chance zu geben. Die Bilder, die hier mal gehangen haben und jetzt schon lange in Tresoren sind, sind eine stille Reserve des Unternehmens, und ich finde das sehr richtig, dass das auktioniert wird und dann genutzt wird."
Der Casino-Betreiber Westspiel, der mittelbar dem Land gehört und die Warhol-Bilder versteigern lässt, schreibt rote Zahlen, obwohl er in den vergangenen Jahren stets Millionen an den Landeshaushalt abgeführt hat. Bringen die Warhols den erhofften Erlös, will Westspiel in NRW ein weiteres Casino eröffnen: in Köln, wo es bislang keines gibt. Allerdings ist noch gar nicht entschieden, ob Westspiel die Versteigerungs-Millionen wirklich bekommt. Gerhard Heiligenberg, zuständiger Abteilungsleiter im Finanzministerium:
Erlös fließt in den Landeshaushalt
"Das ist ganz klar geregelt, der Erlös nach dem Spielbankgesetz, fließt in Landeshaushalt. Und der Landesgesetzgeber entscheidet autonom, ob diese Mittel, ob diese Mittel in einer bestimmten Höhe an Westspiel zurückfliegen. Es keine Entscheidung, die allein die Landesregierung trifft, sondern diese Entscheidung wird auch Landtag getroffen. Diese Entscheidung ist noch zu treffen mit der Verabschiedung des Haushaltes 2015."
Wohl auch deshalb wollen die Museumsdirektoren den Gesprächsfaden mit der Landesregierung nicht abreißen lassen. Denn es wird wohl so kommen, dass die Warhol-Millionen zu verteilen sind. Außerdem gibt es in Nordrhein-Westfalen mannigfaltige weitere Kunstwerke und Schätze, die Unternehmen besitzen, die rechtlich zwar eigenständig sind, aber dem Land gehören: Westspiel selbst hat nach eigenen Angaben noch mehr als 230 Kunstwerke, plant sie zurzeit aber nicht zu verkaufen. Daneben fällt der Name Portigon, Rechtsnachfolger der einst stolzen und reichen Landesbank West LB. Als sie das noch war, kaufte sie viel Kunst – die jetzt zur Abwicklungsmasse gehört.
Die Landesregierung erwägt nun einen runden Tisch, um über den Umgang mit Kunst sprechen. Denn es wäre doch gut, heißt es vielfach in Düsseldorf, wenn sich der Fall Warhol nicht wiederholte. Oder es Werken so ergeht wie dem "Lichtregen" von Heinz Mack im Casino Aachen. Die Installation mit tausenden Leuchten war nicht mehr Ordnung, dann wurde sie weggeschafft. Wohin, vermag heute niemand mehr zu sagen.
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