Revival der Dauerwelle

Es dreht sich wieder

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In einem Frisörsalon in Frankfurt (Oder) sitzt eine Frau mit Dauerwellenstäben im Haar unter einem Haubentrockner, aufgenommen am Montag (18.09.2006).
Heute wird die Dauerwelle auch Permanent Waves, Permanent Curls oder Beach Waves genannt. © picture alliance/dpa/Patrick Pleul
Von Katharina Kühn · 06.04.2019
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In den 80ern trugen sie Glenn Close, Julia Roberts oder Meg Ryan: die Dauerwelle. Stunden verbrachten Frauen und Männer für die künstlichen Locken in den Haarsalons, bis die Haarpracht nur noch verpönt war. Jetzt erlebt sie ein Revival.
Sie ist zurück. Rund, springend, drehend, wild. Die Dauerwelle!
"Locken sind jetzt ja auch wieder in Mode, also nachdem nach den 80er-Jahren Dauerwellen gar nicht mehr so sehr im Trend waren, hat es ja in den letzten Jahren ein Revival gegeben. Locken sind ja auf jeden Fall wieder tragfähig, da habe ich natürlich mitgemacht."
Sagt Alessa, Digital-Designerin, 30 Jahre, blonde Locken.
Die Dauerwelle war nach den 80ern nicht nur nicht mehr im Trend: Sie war verschrien. Pudel, Wischmopp, aufgeplatztes Sofakissen, nichts war gemein genug, um die ausladende Haarpracht zu kritisieren, ja, sogar zu mobben.

Tortur für die Schönheit

Dabei war der Weg zur Dauerwelle eine Tortur, die natürlich Frauen durchmachen mussten. Der Erfinder Karl Ludwig Nessler, genannt Charles Nestlé, probierte Anfang des 20. Jahrhunderts seine Idee nämlich an seiner Frau Katharina Laible, genannt Yvonne, aus.
Chemietinkturen, Brandblasen am Kopf und Haarausfall – alles für die Entwicklung der Dauerwelle. Die Welt liebte die krausen Mähnen. Die Nazis haben sie – wie so vieles – verboten, aber nicht, weil sie ihnen nicht passte, sondern weil sie die Chemikalien im Krieg brauchten.
Die Blütezeit der Dauerwelle waren, klar, die 80er. Ein Jahrzehnt Party: Julia Roberts, Meg Ryan, Bonny Tyler, Die drei Engel für Charlie, aber auch David Hasselhoff, Tony Marshall, Rudi Völler, alle tanzten auf dem Vulkan der künstlichen Locke. Dann, der Absturz. Keiner wollte mehr mit Mähne gesehen werden.


Noch zum 100-jährigen Jubiläum 2006 fragte die FAZ, ob der Erfinder nicht bestraft werden müsste, Udo Walz verbot sie in seinem Salon.
Jetzt langsam kommt sie wieder, nicht nur auf den Köpfen nostalgischer älterer Damen, sondern auch bei jüngeren, modebewussten Frauen. Dabei ist der Weg zur Dauerwelle noch immer kompliziert.
Gruppenbild der Hauptdarsteller (l-r) Glenn Close, Michael Douglas und Anne Baxter des Films "Eine verhängnisvolle Affäre" ("Fatal Attraction") von 1987.
Hochzeiten der Dauerwelle - die 80er-Jahre. Hier Schauspielerin Glenn Close (l), Michael Douglas und Anne Baxter in "Eine verhängnisvolle Affäre" von 1987.© picture alliance/dpa

Für die Dauerwelle an die Nordsee

"Es ist immer noch schwer, einen guten Friseur zu finden, der eine Dauerwelle macht. Ich fahre dafür zum Beispiel immer in meine Heimat, ich komme aus einem relativ kleinen Ort an der Nordsee und da ist es so, dass die Friseure einfach noch eine wahnsinnige Expertise haben, weil natürlich die älteren Ladys sich gerne noch die Dauerwelle machen lassen."
Das bestätigt Romano.
"Ich finde es halt sehr bedauerlich, viele Friseure lehnen es halt ab, entweder können sie es zum Teil nicht mehr, ja, trauen sich das nicht zu oder sie haben halt noch diese alte Dauerwelle im Kopf so wie sie früher war."

"Dauerwelle, 80er, oh mein Gott"

Für Romano dürfte das eigentlich kein Problem sein. Er ist Friseurmeister bei Püppikram, einem Beautysalon in Berlin-Friedrichshain und hat sich auf die Dauerwelle spezialisiert.
"Man soll ja auch eigentlich nicht mehr Dauerwelle sagen, weil dieses Wort ja negativ belastet ist, Dauerwelle, 80er, Oh mein Gott."
Permanente Umformung wird also dazu heute gesagt, wahlweise auch Permanent Waves, Permanent Curls, Beach Waves. Aber auch der Look ist natürlich ein bisschen anders. Zunächst einmal sind die Wickler nicht mehr so klein wie früher.

"Und die Wicklung an sich, also so wie ich den Wickler setze, ist halt auch noch mal ausschlaggebend. Früher, klassisch, hat man gesagt, alles auf eine Spannkraft, damit die Locke auch identisch wirklich einen Schwung hat und heute ist es so, dass man sie teilweise auch unterschiedlich wickelt, von der Spannkraft her. Damit sie auch unterschiedlich fällt und so ergibt das ein natürlicheres Ergebnis, also du hast im Ansatz nicht mehr diese extreme Locke, sondern es fängt an mit einer leichten Wellung und dann wird es halt stärker."

Es ist immer noch Chemie

Manchmal sind es also nur fast Locken, Wellen, die in die Haare gebracht werden. Friseure betonen natürlich, dass es zwar immer noch Chemie sei, die Tinkturen aber schonender seien. Trotzdem, sagt auch Romano, robuster macht eine Dauerwelle oder Verformung die Haare nicht:
"Ich bin dann ein Friseur, der dann auch mal nein sagt, das heißt, wenn das Haar zu trocken ist oder man hat zum Beispiel aufgehellte Haare, dann lehne ich das ab. Weil es einfach zu viel Strapazen für das Haar ist und die Welle kann dann nicht schön werden. Dann muss man warten oder halt im schlimmsten Fall sagen, dann muss man halt was anderes überlegen."
Alessa hat bei ihrem Friseur in der Heimat noch keine Absage bekommen.
"Solange meine Haare mitmachen, bleib ich der Dauerwelle treu, ich bin wirklich ein absoluter Fan und freu mich, dass es die Möglichkeit gibt, sich da so ein bisschen künstlich nachzuhelfen."
Mal sehen, wie lange sich die künstliche Wicklung diesmal hält.
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