Kulturhauptstadt Mons

"Das ist ein echtes Abenteuer"

Eine Plakatwand im historischen Kern von Mons wirbt für die Kulturhauptstadt 2015
Kulturhauptstadt 2015: Mons © dpa / picture alliance / Oliver Berg
Von Annette Riedel · 24.01.2015
Eine Lichterkette, gebildet von 18.000 Menschen: Heute eröffnet die belgische Stadt Mons mit einem großen Fest ihr Kulturhauptstadtjahr. Deren Konzept geht auch an die Wurzeln des Ortes zurück.
Der neue Bahnhof von Mons, nach den Plänen des weltbekannten Architekten Santiago Calatrava, ist nicht, wie geplant, fertig. Es wird es wohl erst 2017. Der Bahnhof von Mons besteht momentan aus einer Reihe von Containern.
Aber auf der anderen Seite der Gleisanlagen ist das neue Kongress-Zentrum inzwischen eröffnet worden. Es hat die Form eines Schiffrumpfes, gebaut nach Plänen von Daniel Libeskind.
Yves Vasseur ist der Intendant von Mons 2015. Vier Jahre lang hat der ehemalige Journalist an dem Programm gearbeitet.
"Das Konzept für eine Kulturhauptstadt muss sich zuallererst aus ihren Wurzeln speisen. Mons selbst war keine Arbeiterstadt, eher eine der Ingenieure, der Notare, der Angestellten, die buchstäblich auf die Bergbauarbeiter der Umgebung herabsahen. Und doch lebte die ganze Gesellschaft vom Bergbau."
Mit dem Ende des Kohlezeitalters begann auch der wirtschaftliche Abstieg von Mons. Das Jahr als Kulturhauptstadt Europas, mit den Investitionen davor, den Besuchern, die auch nach 2015 kommen oder wiederkommen sollen, will sich Mons nicht mehr und nicht weniger als neu erfinden, sagt Yves Vasseur:
"Irgendwann muss die Politik entscheiden, wir müssen den Umstieg schaffen – durch Tourismus, durch Kultur, durch neue Technologien. Wir bieten eine neue Stadt an. Eine Metamorphose der Infrastruktur und des Esprits. Das ist ein echtes Abenteuer, das nicht 2015 endet."
Vier Baudenkmäler sind Weltkulturerbe
Allein vier Baudenkmäler, die Welt-Kulturerbe sind, gibt es in Mons und um Mons herum. Und hunderte Kohlegruben. In der Umgebung von Mons, im Borinage, begann die industrielle Revolution auf dem europäischen Festland. Die Kohle lag teilweise buchstäblich auf den Feldern.
"Wir befinden uns hier bei der vorherigen Kohlengrube Marcasse."
Eine der bekanntesten und größten Zechen war die Marcasse im Borinage, in der Nähe des Ortes Petit-Wasmes bei Mons. Vincent Van Gogh hat hier gelebt, als er noch Pfarrer war. Hier beschloss er Maler zu Werden. Er hat die Zeche selbst einmal besucht. Zwischen den zerfallenden Ruinen, imposanten Beispielen industrieller Backstein-Architektur, grasen heute Pferde des privaten Besitzers.
"Am letzten Wochenende im April werden wir ein ganzes Wochenende hier für Van Gogh inszenieren."
Erzählt Filip Depuydt, der sich ganz und gar der Geschichte der zwei Jahre verschrieben hat, die Van Gogh Ende der 70Jahre des 18. Jahrhunderts hier lebte. Er kennt gewissermaßen jedes Haus, in das Van Gogh in und um Mons herum jemals einen Fuß gesetzt hat.
"Ab Anfang Februar werde ich auch Wanderungen begleiten, um mal die verschiedenen Orte hier in Petit-Wasmes kennenlernen zu können."
Van-Gogh-Wochenenden in der Zeche Marcasse
Nicht zuletzt um Orte wie die Zeche Marcasse vor dem Verfall zu retten, setzt sich Filip Bepuydt engagiert dafür ein, das Thema Van Gogh für die Region 2015 zu vermarkten: Van Gogh-Wochenenden in der Zeche Marcasse, Van Gogh-Pralinen, Van Gogh-Bier – trotz aller Anstrengungen fürchten mit Filip Depuydt viele, dass der Aufschwung, den Mons mit dem Status Europäische Kulturhauptstadt 2015 erhofft, in der Region ohnehin nicht ankommt.
"Anfangs waren die verschiedenen Leute in der Region ziemlich kritisch gegenüber Mons 2015. Ich weiß nicht, was davon übrig bleiben wird, ob es viel ändern wird – nicht für's Borinage."
Viel konzentriert sich natürlich auf Mons selbst. Dort ist ab morgen auch eine Ausstellung im Beaux-Arts-Mons-Museum für moderne Kunst über Van Goghs Zeit im Borinage zu sehen.
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