Kryptologie

Fenster in eine geheime Welt

Das NSA-Museum in Washington DC
Das NSA-Museum in Washington DC © Deutschlandradio Kultur (Jürgen Kalwa)
Von Jürgen Kalwa · 30.07.2014
Der Star im NSA-Museum: Ein deutsche Enigma, mit der Hitler-Deutschland seine Nachrichten im Zweiten Weltkrieg verschlüsselte. Auch daneben gibt es einige interessante Exponate zu sehen. Doch sie sind alle ziemlich alt - wer Einblick in das Spionage-Geschäft von heute erwartet, wird enttäuscht. Und das hat einen Grund.
Was der eine erfindet, kann der andere ausspähen und enträtseln. Das war schon so, ehe der schottische Physiker Arthur Conan Doyle diese Weisheit in einen seiner Sherlock-Holmes-Romane schrieb. Und das blieb es auch danach: Während des Zweiten Weltkriegs zum Beispiel, als die Alliierten den Funkverkehr der deutschen Wehrmacht abhörten. Sie hatten – was damals in Berlin niemand wusste – das Geheimnis der komplizierten Chiffrier- und Dechiffriermaschine mit dem Namen Enigma entschlüsselt.
"Die Deutschen dachten, die Maschine sei perfekt. Denn die Verschlüsselungsmöglichkeiten waren unglaublich groß", sagt Patrick Weadon und zeigt, wie das Gerät funktioniert. "Eine Zahl mit 114 Nullen."
Eine Enigma im NSA-Museum in Washington.
Eine Enigma im NSA-Museum in Washington. © Deutschlandradio Kultur (Jürgen Kalwa)
Es gibt nicht viele Orte, an dem eine solche Apparatur – Sammlerwert: mindestens 60.000 Euro – zu sehen ist. Sieht man mal ab vom Deutschen Museum in München, wo man drei Enigmas hat. Aber in diesem schmucklosen Flachbau gleich an der Autobahn nach Washington ist sie sogar so etwas wie der Star der Ausstellung. Denn dies ist das National Cryptologic Museum, ein Museum für Spionage-Memorabilia aus der Spezialabteilung Kryptologie und Codebrecherwesen.
Das Besondere ist der Betreiber: Niemand anderer als die National Security Agency, die gleich nebenan hinter einem hohen und bewachten Zaun ihre Zentrale hat – einen riesigen Komplex, in dem zehntausende von Angestellte anonym arbeiten und die ganze Welt ausspähen. Ihre Mission: streng geheim. Trotzdem wissen wir – ganz nach Sherlock Holmes – seit kurzem durchaus, was sie tun. Dank Edward Snowdon, dem Informanten, der zu allen Geheimnissen Zugang hatte und vor einem Jahr die wichtigsten abspeicherte, mitnahm und Journalisten übergab.
Ein nützliches PR-Instrument
Dessen Foto wird vielleicht eines Tages auch in diesen Räumen zu sehen sein. Wenn auch noch nicht klar ist, in welcher Abteilung. In der der Guten oder der Bösen. Chefkurator Patrick Weadon kann man das nicht fragen. Der hat eine andere Mission.
"Wir müssen uns wirklich von aktuellen Ereignissen fernhalten. Aber man kann Menschen helfen zu verstehen, wie wichtig Kryptologie ist."
Manche Besucher erwarten durchaus etwas mehr. Aber sie werden enttäuscht.
"Ich habe gehofft, dass man hier einen Einblick in das bekommt, was die NSA heute tut", sagt Max Waldon, ein junger Historiker aus Connecticut am Ende seines Rundgangs. "Weil der Schwerpunkt auf der Geschichte liegt, ist das eher schwierig. Aber es ist sicher ein nützliches PR-Instrument."
Nützlich weil es das Szenario eines Überwachungsstaates, der lückenlos, flächendeckend und konsequent die eigenen Bürger ausspioniert, einfach ausblendet. Statt dessen wird man mit Maschinen aus einer anderen Zeit konfrontiert, die ein bisschen wie Spielzeug wirken. Und die sicher in der Lage sind, unkritische Betrachter zu beeindrucken.
"Geheimhaltung ist doch die Idee hinter Kryptologie"
Patrick Weadon: "Das ist der Frostburg. Ein bisschen größer als ein Volkswagen. Wenn ich den anschalte, könnte der 65 Milliarden Rechenvorgänge pro Sekunde produzieren. Das ist eine Menge. Aber – diese Maschine steht bereits im Museum."
Mit anderen Worten: die Rechner, mit denen die NSA heute arbeitet, sind längst größer und noch viel schneller. Genauso wie die Datenbanken, in denen die Informationen gespeichert werden, wie die 10 Hektar große neue Anlage in Utah, über die die Behörde zumindest schon mal auf ihrer Webseite ein paar Informationen bereit hält. Walter Carr, ein anderer Besucher aus North Carolina, macht sich ansonsten keine Illusionen.
Walter Carr: "Es wäre sicher hübsch zu wissen, was sie alles machen. Aber das wird nicht passieren. Geheimhaltung ist doch die Idee hinter Kryptologie."
Aber kann man sich dann überhaupt sicher fühlen, wenn man so wenig weiß? Das könne er nicht sagen, meine Carr. Aber es wäre sicher gut, man würde es wissen.
"I can't tell, if I am safer, just because they are working on it. I don't know what they are working on. It would be nice to know."
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