Kriminologin rechnet mit Nachahmungseffekt

11.03.2009
Die Professorin für Kriminologie an der Universität Gießen, Britta Bannenberg, erwartet nach dem Amoklauf von Winnenden einen Nachahmungseffekt unter Jugendlichen. Man könne jetzt sicher vorhersagen, dass in den nächsten zwei Monaten an allen Schulen Deutschlands vermehrt Bedrohungslagen entstehen würden, sagte Bannenberg.
"Diejenigen, die sich schon gedanklich mit so etwas befassen, die werden angeregt, es jetzt wieder zu versuchen." Diese potenziellen Täter nähmen auch die Bilder von Amokläufen sehr stark zur Kenntnis, "was im Grunde die Medien dazu veranlassen sollte, keine Bilder zu zeigen. Das ist wirklich ein Punkt, der zur Nachahmung anregt."

Bannenberg verwies darauf, dass es in Deutschland regelrechte "Fanclubs" gebe, die die Geburtstage von Amokläufern feierten, zum Beispiel den von Robert Steinhäuser. In der Szene, in der man sich mit diesen Gedanken trage, würden solche Taten in einer Art Lobrede als Rache der Jugendlichen gegenüber den Erwachsenen dargestellt. Das könne bei persönlichkeitsgestörten Menschen zur Tatführung beitragen und einen "Verstärkereffekt" haben.

Die Zahl der Amokläufe habe weltweit nicht zugenommen, betonte Bannenberg. Deutlich häufiger seien Gewalttaten unter Schülern und Jugendlichen sowie Tötungsdelikte im häuslichen Bereich, die jährlich in die Hunderte gingen. In Deutschland gebe es etwa einmal im Jahr einen Amoklauf wie jetzt in Winnenden, angestiegen sei allerdings die Häufigkeit der Bedrohungsfälle. Das Forschungsinteresse sollte sich daher stärker auf präventive Maßnahmen zur Abwendung solcher Ereignisse richten.

Das Gespräch mit Britta Bannenberg können Sie bis zum 11. August 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio