Kriminalität

Geldwäsche durch Hauskauf

Nagelneue Häuser mit Mietwohnungen und Eigentumswohnungen sind in Berlin an der Grenze der Bezirke Mitte und Kreuzberg zu sehen.
Schmutzige Geschäfte - schmutziges Geld: Kriminelle kaufen Immobilien in Deutschland © picture-alliance / dpa / Wolfram Steinberg
Von Jens Rosbach · 23.09.2014
Gewinne aus Drogengeschäften, Waffenschmuggel und Menschhandel: Kriminelle kaufen hierzulande für Milliarden Immobilien und waschen so ihr schmutziges Geld. Die deutschen Ermittler sind hilflos, die Behörden ducken sich weg und schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu: Deutschland - ein Paradies für Geldwäscher.
Ein tristes Industriegelände im Süden Berlins, in Marienfelde. Auf einer stark befahrenen Straße brettern LKWs vorbei. Einige bremsen - und parken vor einem gelben Betonklotz: einer alten Baumwollspinnerei, heute eine Lagerhalle. Investigativ-Journalist Uwe Müller beobachtet das Geschehen genau. Der 56-Jährige - graue Haare, Wildlederjacke, roter Rucksack - verfolgt eine heiße Spur. Eine Spur, die nach Osten führt: nach Russland.
Müller: "Der russische Zentralbank-Gouverneur, der hat 2012 gesagt, dass 41 Milliarden Euro aus dem Land geflossen sind - klassische Kapitalflucht, die jetzt nochmal ganz andere Dimensionen durch die Ukraine-Krise erreicht hat. Jedenfalls hat der Zentralbank-Gouverneur gesagt, dass von diesen 41 Milliarden Euro rund 28 Milliarden Euro über kriminell operierende Netzwerke geflossen sind. Häufig mithilfe von Scheinfirmen und fingierten Rechnungen, meist in kleinen Tranchen."
Ein verlassenes Pförtnerhäuschen. Gelbe Umzugscontainer mit der Aufschrift "Zapf". Ein offenes Eisentor. Müller, Mitglied eines Spezial-Teams der Welt-Verlagsgruppe, ist überzeugt: In dieses Gelände wurden Millionen aus Russland gepumpt. Eingefädelt über einen ominösen Anwalt in Moskau.
Müller: "Dieser Anwalt steht in Verbindung mit mächtigen russischen Oligarchen. Sein Name ist auch mal genannt worden in dem litauischen Parlament. Damals wurde gesagt, dass er eine Verbindung habe zu einer Luschniki-Gruppe in Moskau. Diese Luschniki-Gruppe wird in russischen Medien der Mafia zugerechnet."
Müller wedelt mit einem Stapel Dokumenten: dutzende Geheim-Verträge, Urkunden, Fotos, Grafiken und Grundbuch-Auszüge. Aus ihnen geht hervor, dass der Moskauer Anwalt beteiligt war, rund 30 Millionen Euro nach Berlin zu lotsen. In mehreren Tranchen, unter anderen über eine Briefkastenfirma auf den Marschall-Inseln und über eine Firma in Amsterdam. Mitgemischt hat den Unterlagen zufolge auch ein russischsprachiger Unternehmer in Berlin.
Müller: "Dieser Unternehmer hat dafür eine Geldverteilmaschine gegründet. Ein großer Teil des Geldes ist verwendet worden, um diese Immobilie zu erwerben - diese alte Baumwollspinnerei, vor der wir jetzt hier stehen."
"Alles wirkt oberfaul"
Stutzig machte den Rechercheur, dass auf der Immobilie eine exorbitante Grundschuld liegt. Dass im Firmengeflecht zinslose Darlehen gewährt wurden. Dass auf einigen Verträgen nicht einmal eine Geschäftsadresse stand.
Müller: "Alles wirkt oberfaul, wir wissen nicht, von wem stammt das Geld, wir wissen nicht, wer ist der Empfänger dieses Geldes. Es spricht viel dafür, dass hier Geld, das vielleicht aus nicht ganz sauberen Quellen kommt, sauber gemacht werden sollte."
Frank: "Der Immobilienmarkt ist der zweitgrößte Wirtschaftszweig in der Bundesrepublik Deutschland. Mit knapp einer Million Transaktionen im Jahr. Das zeigt schon, hier kann unbemerkt viel Geld durchgeschleust werden der Organisierten Kriminalität."
Experten wissen: In der deutschen Hauptstadt wurden im vergangenen Jahr rund 15 Milliarden Euro für Häuser und Grundstücke ausgegeben. Ein gutes Versteck für Gewinne aus Bandenbetrug, Waffenschmuggel und Menschenhandel.
Röth: "Weiterhin muss man natürlich sagen, dass die Globalisierung der Märkte, das heißt ausländische Investoren investieren nach Deutschland, natürlich auch die ganzen Transaktionen komplizierter und schwerer ermittelbar machen."
Koch: "Man weiß von abgehörten Telefonaten aus den 90er-Jahren, dass zum Beispiel die Mafia Gelder in den neuen Bundesländern damals investiert hat. Also von daher klar: Im Immobilienbereich wird Geld gewaschen, ja, auch in Deutschland."
Gründerzeithäuser im Bezirk Steglitz in Berlin.
Gründerzeithäuser im Bezirk Steglitz in Berlin.© picture-alliance / dpa / Wolfram Steinberg
Laut Bundeskriminalamt eignet sich der Immobilienmarkt ganz besonders für Geldwäsche: wegen der hohen Kaufsummen - und der guten Tarnmöglichkeiten, etwa durch Strohmänner. Auf der anderen Seite stehen deutsche Haus- und Grundstücksmakler, die gar nicht nach der Herkunft der Millionen-Summen fragen. Das hat eine BKA-Studie ergeben, die Kriminalhauptkommissar Jochen Röth ausgewertet hat.
Röth: "Hauptergebnis der Studie war, dass bei einigen Marktteilnehmern nur eine eingeschränkte Sensibilität für Geldwäsche vorhanden war oder ist. Das heißt, hier hat man nicht erkannt, dass es durchaus auch Straftaten gibt, aus denen eben diese Gelder herrühren könnten. Zum Beispiel aus Drogenhandlungen, Erpressung oder sonstigen Straftaten."
Koffer voller Bargeld
Zweidrittel der befragten Branchenvertreter sehen keine besondere Gefahr für Geldwäsche in ihren Unternehmen. Dabei sind die Haus- und Grundstücksmakler "Verpflichtete" laut Geldwäschegesetz: Sie müssen - ähnlich wie Notare - von sich aus verdächtige Käufer an die Strafverfolger melden. Etwa wenn Koffer voller Bargeld mitgebracht werden. Oder wenn der Käufer sich nicht ausweisen will. Doch die Verpflichteten mauern: So haben die Makler von 2010 bis 2012 - bundesweit - gerade einmal zwei Verdachts-Meldungen abgegeben. In der boomenden Hauptstadt Berlin wurde überhaupt nichts Verdächtiges registriert - obwohl hier jährlich über 30.000 Immobiliengeschäfte abgeschlossen werden. BKA-Polizist Röth klagt über die Verweigerung der Makler-Branche.
Röth: "Jeder hat auf den nächsten verwiesen. Zum Beispiel der Immobilienmakler sagt, da ist eine Bank dazwischen geschaltet oder es gibt einen Notar. Aber gerade in dieser Kette von mehreren Leuten, die melden können, ist es eben auch notwendig, dass der Immobilienmakler Verpflichteter des Geldwäschegesetzes ist."
Koch: "Natürlich, da haben mit Sicherheit einige Makler eben geantwortet, also bevor ich die Provision verliere, mache ich natürlich das Geschäft! Ich kann auf der einen Seite den Makler verstehen, kann aber natürlich aber auf der anderen Seite durchaus verstehen, dass das nicht richtig ist."
Der Staat verdient immer mit
Berlin-Mitte, im Haus der Verbände, beim Immobilienverband IVD. Eine Handvoll Spitzen-Makler steht - anlässlich einer Präsidiumssitzung - vor einem kleinen, aber feinen Buffet: Es gibt Shrimps-Häppchen, Hühnchen-Spieße und Suppe aus einer Edelstahl-Terrine. Geldwäsche? IVD-Vize Rudolf Koch lässt sich von dem heiklen Thema nicht den Appetit verderben. Schließlich habe ja auch der Staat kein übergroßes Interesse, Haus- und Grundstückskäufe von Kriminellen aufzudecken, erklärt Koch.
Koch: "Letztendlich verdient Vater Staat ja über die Steuereinnahmen immer mit! Mir als Gewerbetreibender wird vorgeworfen: Du guckst ja nur auf Deine Provision! Na ich glaube, der Finanzminister guckt auf die Grunderwerbssteuer, ne."
Der Immobilienverband betont zwar die Bedeutung der Geldwäschebekämpfung - verweist dabei aber auch gern auf andere: Kriminelles Geld lande eher in großen Immobilienportfolios, die von internationalen Anwaltskanzleien verwaltet werden, und nicht vom "kleinen Makler". Außerdem verweist der IVD auf die Behörden mehrerer Bundesländer, die Makler bei der Geldwäschekontrolle anleiten und kontrollieren sollen.
So habe der Immobilien-Verein in der Hauptstadt eineinhalb Jahre lang Kontakt gesucht, bis ein erstes Gespräch mit einem zuständigen Beamten zustande kam. Dann sei der Kontakt - ohne Begründung - wieder abgebrochen worden. Koch wünscht sich bei der Geldwäschebekämpfung Unterstützung durch die Berliner Wirtschaftsverwaltung.
Koch: "Und wenn das fehlt ... diese Nichtgesprächsbereitschaft fördert kein Vertrauen, sondern schafft eigentlich nur Misstrauen. Und Misstrauen in diesem Zusammenhang ist ja vollkommen falsch."
Frank: "Man möchte nicht. Es ist nicht, dass man nicht kann, sondern man will nicht. Man macht nichts - man lässt Deutschland offen als Paradies für Geldwäscher."
Die Fassade des Bundesfinanzministeriums an der Berliner Wilhelmstraße
Die Fassade des Bundesfinanzministeriums an der Berliner Wilhelmstraße© dpa / picture-alliance / Ole Spata
Behörden ducken sich weg
Fachleute gehen davon aus, dass in Deutschland - jedes Jahr - rund 50 Milliarden Euro schmutziges Geld gewaschen werden. Doch die Makler können keine auffälligen Investments erkennen. Kein Wunder: Wer will schon seine Geschäftspartner bei der Polizei "verpfeifen"? Doch warum hakt es offenbar auch bei den Behörden? Andreas Frank war einst Banker bei Goldmann Sachs in der Schweiz und leitet heute ein eigenes Finanzberatungs-Unternehmen in der Nähe von Zürich. Frank hat das Problem der Geldwäsche jahrelang untersucht. Seine Bilanz: Die Kommunen wollen keine Investoren verschrecken. Und die Landesbehörden, die die Makler überwachen sollen, schrecken vor der hochkomplexen Materie - organisierte Kriminalität, internationale Transaktionen - zurück.
Frank: "Wenn ein Bundesland tatsächlich durchsetzen würde, würden die Geldwäscher einfach in ein anderes Bundesland abwandern. Das ist auch die Gefahr - wurde auch öffentlich geäußert, warum sie dann nicht entsprechend dem Gesetz, diese Überwachung durchsetzen."
Bloßgetellt vor der EU-Kommission
Der Ex-Banker hat viel Unruhe bei deutschen Behörden hervorgerufen: Mit zahlreichen Anrufen und Anfragen schaffte er es, dass die EU-Kommission zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einleitete, 2005 und 2009. Die Verfahren machten deutlich, dass die Bundesrepublik die EU-Richtlinien zur Geldwäschebekämpfung nicht vollständig umgesetzt hatte. Andreas Frank hat - als Privatperson - Deutschland bloßgestellt vor der Europäischen Kommission.
Frank: "Man sagte mir, sie sind geradezu angewiesen auf die Mitarbeit, auf die Initiative der Bürger, um Vertragsverletzungen von Mitgliedsstaaten aufzuzeigen. Es ist eine sonderbare Situation!"
Konkret rügte die EU-Kommission, dass es in Deutschland - außerhalb des Bankensektors - so gut wie keine Behörden gab, die die Geldwäsche-Verpflichteten überwachen. Laut deutschem Gesetz hätten bereits 1993 Aufsichtsbehörden für den Bereich der Spielbanken arbeiten müssen. Eine EU-Richtlinie von 2001 forderte dies auch für andere Branchen, wie den Immobilienbereich. Doch erst ab 2010 begann Deutschland Aufsichtsbehörden zu schaffen.
Frank: "Das heißt, man hatte 18 Jahre lang zugesehen, wie die Organisierte Kriminalität sich in Deutschland breit machen kann. Dramatisch!"
TV Monitor: "Es geht um die deutsche Schattenwelt. Schwarzgeld aus Steuerhinterziehungen und Immobilienspekulationen - Milliardengewinne zur Freude der Branche."
Standesbeamtin und Geldwäsche-Beauftragte
Die Bundesregierung gab den internationalen Druck an die Bundesländer weiter. Einige Länder wiederum versuchten, die lästige Geldwäscheaufsicht an die Kommunen zu delegieren. So wurden in den Städten und Landkreisen plötzlich einfache Beamte zu Geldwäsche-Beauftragten ernannt. Für besonders heiße Debatten sorgte ein Monitor-Report, der die Standesbeamtin Britt Paulsen zeigte. Bislang war die Schleswig-Holsteinerin für Geburten und Sterbefälle zuständig - und nun auch noch für Geldwäsche.
TV-Ton:
Reporter: "Was verstehen Sie von Geldwäsche?"
Paulsen: "Von Geldwäsche verstehe ich eigentlich gar nichts. ... Man muss im Wirtschaftsrecht fit sein, man muss ... ja, ich denke mal einfach auch Buchführungsunterlagen lesen können, verstehen können. Und das haben wir bei uns in der Ausbildung einfach nicht gelernt."
Berlin - warten und mauern
Die schleswig-holsteinischen Kommunen fühlten sich überfordert und protestierten. 2012 musste die Landesregierung umsteuern - seitdem ist das dortige Wirtschaftsministerium für die Geldwäsche-Aufsicht verantwortlich. Ähnlichen Streit gab es auch in anderen Bundesländern. Noch schlimmer ist die Lage in der deutschen Hauptstadt: Hier wird nicht einmal debattiert. Hier wird nur gewartet und gemauert.
Berlin-Schöneberg, in der Senatsverwaltung für Wirtschaft - der zuständigen Behörde für die Anleitung und Kontrolle der Hauptstadt-Makler. Ein großzügiges Foyer mit hellem Deckenlicht, einer mächtigen Freitreppe und drei offenen Flügeltüren. Doch gegenüber Journalisten zeigt sich die Behörde verschlossen - jedenfalls wenn es um Geldwäschebekämpfung geht. Wie viele Beamte kontrollieren die Berliner Makler? Bereits diese einfache Frage, per Telefon und per E-Mail gestellt, ruft bei der Verwaltung nervöse Reaktionen hervor. Nach wochenlangem Nachfragen erklärt die Pressesprecherin, dass sie die Auskunft verweigere. Ein Hinweis, dass die Verwaltung gesetzlich verpflichtet sei, den Medien diese Information zu geben, kontert die Pressesprecherin mit den Worten: Dann klagen Sie doch!
Rudolf Koch vom Immobilienverband IVD kritisiert die Politik der öffentlichen Hand:
"Abschotten - das kann nicht der richtige Weg in Berlin sein."
Kopfschütteln auch bei der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus. Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, deutet das Schweigen der Senatsverwaltung.
Esser: "Ich nehme an, denen ist das wirklich peinlich. Die Wirtschaftsverwaltung ist für das Maklerwesen zuständig. Haben die wahrscheinlich irgendeine Person, die soll das jetzt einfach mitmachen. Das ist peinlich gegenüber der Öffentlichkeit. Und das ist vielleicht auch ein Problem gegenüber der Europäischen Union, die ja mit ihren Geldwäschevorgaben anderes erwartet hat."
Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft räumt - telefonisch- zumindest ein, dass sie sich zuletzt im Jahr 2012 mit den Maklern beschäftigt habe. Damals seien 55 von ihnen angeschrieben worden für eine Befragung. Danach habe man - bis auf eine einzige Ausnahme - nicht weiter kontrolliert. In der Hauptstadt gibt es bis zu 3000 haupt- und nebenberufliche Makler. Sie vermittelten - allein im vergangenen Jahr - Immobilien-Geschäfte in Höhe von mehr als acht Milliarden Euro. Geschäfte, auch mit ausländischen Investoren, ohne behördliche Überwachung. Im Landesparlament will die Opposition nun die Geldwäscheaufsicht der Berliner Wirtschaftsverwaltung - öffentlich - durchleuchten.
Esser: "Wir werden versuchen, das rauszukriegen."
In anderen Bundesländern wurde bereits offen gelegt, dass die Behörden ihren Pflichten nicht nachkommen. So gab es im vergangenen Jahr heftige Debatten im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Der Bundesregierung kommen diese Diskussionen ungelegen. Hatte sie doch schon 2011- nach Einleitung des zweiten EU-Vertragsverletzungsverfahrens - eifrig nach Brüssel gemeldet, dass nunmehr in allen Bundesländern Behörden für die Geldwäscheaufsicht benannt worden seien. Das Vertragsverletzungsverfahren wurde daraufhin eingestellt. Aber bereits im folgenden Jahr mahnte EU-Kommissions-Sprecher Jonathan Todd, es reiche nicht aus, die europäische Geldwäscherichtlinie rein formell abzuhaken.
Todd: "Wir haben uns schon mehrmals an die Bundesregierung gewandt, um eine wirkliche Umsetzung der EU-Richtlinie zu erreichen. Und das wird auch so weitergehen, denn schließlich ist es unsere Aufgabe sicherzustellen, dass die Geldwäsche-Richtlinie in Deutschland wie in allen anderen Mitgliedsstaaten auch wirklich umgesetzt wird."
Brüssel macht Druck
Heute sind in Deutschland - offiziell- über 100 verschiedene Institutionen für die Geldwäscheaufsicht im Immobilienbereich zuständig: Kommunen, Bezirksregierungen, Landesverwaltungsämter, Regierungspräsidien. Das Bundeskriminalamt schlägt in seiner Branchen-Studie Alarm: Die aufgesplittete Aufsicht, "birgt die Gefahr der Begünstigung der Begehung von Geldwäschestraftaten". Das BKA fordert, dass der Bund - ähnlich wie im Bankenbereich - die Geldwäsche-Kontrolle auch für andere Branchen übernehmen soll. Dies hatte auch schon die Länderkammer, der Bundesrat, gefordert. Doch der Bund blockt ab. Der zuständige parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, CDU-Politiker Michael Meister, sieht keinen Handlungsbedarf.
Meister: "An der Stelle haben wir eine klare Zuordnung der Kompetenzen im Grundgesetz. Dass es da Länderzuständigkeiten gibt. Und wir wollen selbstverständlich nicht nur die Geldwäsche bekämpfen, sondern auch unsere Verfassung beachten."
Doch Brüssel macht weiter Druck auf die Bundesregierung. Denn nicht nur bei der behördlichen Aufsicht gibt es Ärger, sondern auch bei den deutschen Paragraphen. Das Problem: Kriminelle, die selbst Geld waschen, können dafür bislang nicht belangt werden. Das Einschleusen in den legalen Finanzkreislauf wird nur als Folge des ursprünglichen Delikts gewertet - etwa eines Drogendelikts. Doch die EU schreibt anderes vor: Ihre zuständige Arbeitsgruppe Financial Action Task Force, FATF, hatte bereits 2010 gefordert, dass die Selbstgeldwäsche strafbar sein soll. Da die Bundesrepublik aber nicht darauf reagierte, leitete die FATF ein Überwachungsverfahren gegen Deutschland ein. Erst in diesem Jahr, also vier Jahre später - verpflichtete sich die Bundesregierung, die Straffreiheit für selbst gewaschenes Geld abzuschaffen.
Meister: "Wo wir einfach darauf hinwirken, dass die Originaltat und die Geldwäsche dann zu einer Bestrafung führen. Also ich glaube, das ist ein Punkt, über den der Gesetzgeber nachdenken muss in Deutschland, diese wirkungslose Strafvorschrift in diesem Kontext zu beseitigen."
Zwei EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und ein Überwachungsverfahren der Financial Action Task Force - die Bundesrepublik reagiert bei der Geldwäschebekämpfung nur auf internationalen Druck. Auch die neueste Initiative kommt nicht aus Berlin, sondern aus Brüssel: So ringt die EU derzeit um eine neue Anti-Geldwäsche-Richtlinie, die Strohmänner und Tarnfirmen entlarven soll. Dafür sollen Unternehmensregister eingerichtet werden, die die tatsächlichen Eigentümer auflisten. Der EU-Finanzministerrat will nur Behörden den Zugang zu dem Register erlauben - doch das EU-Parlament will eine öffentliche Datenbank. Genauso wie der Grüne Jochen Esser: Der Berliner Landespolitiker kämpft dafür, dass Haus- und Grundstücksverkäufe in der Hauptstadt hundertprozentig transparent werden.
100-prozentige Transparenz
Esser: "Es gibt ja keinen Grund, sowas irgendwie zu verschleiern, ja. Es gibt immer wieder dankenswerte Arbeit von Abgeordneten verschiedenster Ebenen. Die brauchen den Zugang zu den Informationen. Auch von der vierten Gewalt, den Medien. Und es gibt auch immer wieder einzelne Bürger, die da was beizutragen haben. Und warum man diese gesellschaftliche Kompetenz eben von den Informationen abschneiden will, leuchtet mir jedenfalls nicht ein."
Investigativ-Journalist Uwe Müller recherchiert weiter auf dem Industriegelände Berlin-Marienfelde. Die verdächtigen Geldbewegungen rund um die alte Baumwollspinnerei lassen ihn nicht los. Zwar weist der russischsprachige Unternehmer jeglichen Geldwäsche-Vorwurf zurück. Doch die Berliner Staatsanwaltschaft verfolgt seine internationalen Geldströme; die Strafverfolger sprechen allerdings von mühsamen und zeitraubenden Ermittlungen.
Müller: "Ich vermute fast, dass auch eine Staatsanwaltschaft überfordert wäre mit so einem Fall."
Bilanziert Zeitungsmann Müller. Nach all seinen Nachforschungen glaubt er nicht mehr, dass die Staatsanwälte die Herkunft des ominösen Geldes wirklich aufklären.
Müller: "Wie sollen die recherchieren auf den Marschall-Islands? Was sollen die machen mit einem Anwalt, der in Moskau sitzt und für Oligarchen tätig ist? Von daher lässt man da glaube ich auch lieber die Finger von solchen Sachen."