Krakau

Ansturm auf den Weltjugendtag

Blick über den Marktplatz (Rynek) in der Altstadt von Krakow auf die Marienkirche.
Blick über den Marktplatz (Rynek) in der Altstadt von Krakow auf die Marienkirche. © picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Von Marta Kupiec · 03.07.2016
Ende Juli lädt die römisch-katholische Kirche alle Jugendlichen zwischen 15 und 30 Jahren zum Weltjugendtag in Krakau ein. Das Event ist beliebt unter jungen Gläubigen. Die Veranstalter erwarten zwei Millionen Besucher. Doch verkraftet das die Stadt?
Seit Monaten ist dieser Song in ganz Polen bekannt – die offizielle Hymne des Weltjugendtags dudelt in diversen Radiokanälen. Auch Dorota Abdelmoula kennt ihn schon auswendig. Die Halb-Tunesierin ist Pressesprecherin des Treffens der katholischen Jugend. Sie rechnet nicht mit den angekündigten drei Millionen Pilgern. Unorganisierte Menschenmassen werde es in Krakau nicht geben, meint sie, da die registrierten Besucher eine Woche vor der Auftaktveranstaltung am 26.Juli auf die Diözesen verteilt werden. Auch wenn man immer noch nach Schlafmöglichkeiten in Krakauer Gastfamilien, Turnhallen oder Schulen suche – alle werden unterkommen, versichert Abdelmoula:
"Nach unseren Schätzungen kommen zwei Millionen Menschen. In Krakau brauchen wir zirka 350.000 Schlafplätze, die meisten haben wir bereits zugesagt bekommen. In den Diözesen gibt es 260.000 Plätze, von denen bislang aber nur 140.000 reserviert wurden."

Übernachtung auf Isomatten in Turnhallen

Alle, die offiziell kein freies Bett finden, können noch auf Hotels, Pensionen oder Zeltcamps ausweichen. Zum Weltjugendtag in Madrid vor fünf Jahren kamen ungefähr 1,7 Millionen Pilger. Davon haben laut offiziellen Angaben lediglich etwa 300.000 Menschen die von den Organisatoren angebotenen Schlafmöglichkeiten in Anspruch genommen. Problematisch dürfte es trotzdem in der Nacht vor der Abschlussmesse werden, wenn Papst Franziskus mit über einer Million Jugendlichen gemeinsam auf dem "Feld der Barmherzigkeit" beten wird. Aber selbst dann befürchtet das Organisationskomitee kein Gedränge. Das etwa 12 Kilometer vom Stadtzentrum entfernte Areal sei für fast zwei Millionen Menschen eingerichtet.
Dorota Przystaś, die im städtischen Infopoint arbeitet, ist trotzdem beunruhigt. Die gut 750.000-Seelen-Stadt Krakau vertrage solche Pilgermassen nicht, meint sie. Sie befürchtet, dass viele auf Isomatten schlafen müssen, und dass Schulen und Turnhallen aus allen Nähten platzen werden.
"Ich werde diese Zeit außerhalb der Stadt verbringen. Die Innenstadt wird praktisch in eine einzige Fußgängerzone umgewandelt. Wie soll da der Verkehr rollen? Ein Hostel, in dem ich arbeite, ist seit drei Monaten komplett ausgebucht. 60 Plätze wurden allein von einer südkoreanischen Pilger-Gruppe reserviert."
In der Konditorei "Cukiernia Wadowice" hat man sich bereits mit Vorräten an Mehl, Eiern und Butter eingedeckt. Die Filiale des traditionsreichen Hauses aus der Geburtsstadt Johannes Pauls II. will bei den Pilgern mit Vanillebuttercreme-Schnitten punkten – dem Lieblingsgebäck des polnischen Papstes.
"Wir freuen uns, dass so viele Pilger kommen, denn das bedeutet für uns bares Geld. Aber ob wir diesen Ansturm überleben? Das ist die Frage."

Angst vor Terrroranschlägen

Auch der Einzelhandel reibt sich die Hände. Beata Pyzlik denkt schon an all die Papstandenken, die über die Ladentheke ihres Souvenirladens gehen werden – vom Magneten bis zum Schlüsselanhänger. Doch ein Thema liegt ihr schwer im Magen: die Sicherheit.
"Heiß diskutiert wird derzeit die Terrorgefahr. Die Stadtbewohner haben Angst vor Anschlägen, das höre ich auch von unseren Kunden. Es kann doch passieren, dass mit den Pilgern auch Terroristen kommen."
Damian, der bei einem Busunternehmen arbeitet und die größte Angst vor riesigen Staus hat, teilt auch die Sicherheitsbedenken. Seit Monaten kursieren in Polen Gerüchte, das Land könnte während des Weltjugendtags zur Zielscheibe der Islamisten werden.
"Eine Bekannte erzählte mir, dass sie von einem arabischstämmigen Bekannten sogar gewarnt wurde. Er hat ihr geraten, die Stadt während des Weltjugendtags zu verlassen. Die Polizisten befürchten mehr Diebstähle."

Pilger und Freiwillige werden kontrolliert

Man solle den Teufel nicht an die Wand malen, appelliert das Organisationskomitee an alle, die solche Ängste schüren. Seit Monaten arbeite man eng mit Sicherheitsdiensten zusammen. Pilger und Freiwillige werden genau kontrolliert, sagt die Pressesprecherin des Weltjugendtags, Dorota Abdelmoula.
"Wir benötigen 25.000 Helfer. Jede Person wird überprüft. Sie muss sich bereits bei der Anmeldung mit einem Empfehlungsschreiben ausweisen. Ausländische Helfer werden von Sicherheitsdiensten unter die Lupe genommen. Dies betrifft auch Pilger, die ein Visum beantragen müssen. Wer kommen will, soll ein vom örtlichen Bischof oder seinem Vertreter unterschriebenes Schreiben vorlegen. Niemand bliebt anonym. Außerdem wird die Anmeldung von den Botschaften und Konsulaten verifiziert."
Beruhigende Worte kommen auch von den Behörden. Siebentausend Polizisten und dreitausend Soldaten sollen in Krakau für Recht und Ordnung sorgen. Die Menschen sind guter Hoffnung, dass sich der heiliggesprochene Johannes Paul II. der Sache höchstpersönlich annehmen wird und sogar einen wolkenfreien Himmel bestellt.
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