"Konono No1 meets Batida"

Elektropop aus dem Kongo und Lissabon

Lissabon , die Hauptstadt Portugals
Lissabon , die Hauptstadt Portugals © picture alliance / Klaus Rose
Von Kerstin Poppendieck · 07.04.2016
Die Geschichte der Band Konono No1 aus dem Kongo ist ein Musikmärchen: Mehr als 20 Jahre lang kannte fast niemand die Band. Dann wurde sie von einem belgischen Produzenten entdeckt. Das neue Album hat sie im portugiesischen Lissabon aufgenommen.
13 Metalllamellen auf einem Holzbrett befestigt; alle sind unterschiedlich lang und haben unterschiedliche Stärken; indem man die Enden der Metalllamellen mit den beiden Daumennägel zupft, werden Töne erzeugt - so funktioniert ein Daumenklavier. Likembe heißt das Instrument im Kongo, der Heimat der Band Konono No1. Wobei ihre Daumenklaviere noch elektronisch verstärkt sind.
Die Daumenklaviere sind das Markenzeichen der Band. Deshalb hätte der Start der Aufnahmen zum neuen Album auch nicht schlechter laufen können.

Vor den Aufnahmen geht das Daumenklavier kaputt

Eine Autogarage in Lissabon. Zwischen Werkbänken, leeren Bierkästen und Metallregalen bauen die Bandmitglieder ihre Instrumente auf und beginnen mit dem Stimmen. Nur Augustin Makuntima Mawangu ist mit einem Lötkolben beschäftigt. Noch bevor die Musiker einen Ton aufgenommen haben, ist sein Daumenklavier kaputt gegangen.
Sein Vater Mingiedi Mawangu war vor über 50 Jahren Gründungsmitglied von Konono No1 und jahrelang der Bandleader. Nach seinem Tod im vergangenen Jahr hat diesen Posten sein Sohn Augustin übernommen. Am Klang der Band hat sich deshalb aber kaum etwas verändert.
"Wir bewahren diese typischen Klänge. Wir verwenden nach wie vor Megafone und wir haben natürlich auch noch die Likembe. Daran ändern wir auch nichts. Der Rhythmus und die Likembe, das sind unsere Markenzeichen und das bleibt."

DJ Batida liebt die Musik der Kongolesen

Die Garage in Lissabon gehört dem angolanisch-portugiesischen Musikproduzenten und DJ Pedro Coquenao, Künstlername Batida. Seit ein paar Jahren schon ist er begeistert von der Musik der Kongolesen und legt regelmäßig ihre Platten auf. Für ihn sind Konono No1 die perfekte Verbindung zwischen traditioneller und elektronischer Musik aus Afrika.
Als Marc Hollander, der Chef des Plattenlabels Crammed Discs, bei dem Konono No1 unter Vertrag sind, Batida vor zwei Jahren live auf dem Womex Festival erlebte, hatte er eine Idee. Er brachte Batida und Konono No1 für ein gemeinsames Projekt zusammen. Und so sehr der neue Bandleader Augustin Mawangu das musikalische Erbe seines Vater fortführen will, ist er doch offen für neue Ideen.
"Wir ändern ein bisschen was, wir modifizieren etwas am Rhythmus. Papa hat ziemlich langsam gespielt. Und ich, weil ich jung bin, spiele natürlich schneller. Deshalb ändern wir einzelne Teile. Auch, um dem Publikum zu gefallen. Wir erhöhen insgesamt etwas den Drive, um das Publikum mehr mitzureißen. Aber die Grundklänge bleiben dieselben."
Auch die Instrumente bleiben dieselben. Neben den Daumentrommeln, E-Gitarren und einem Schlagzeug, haben die Bandmitglieder ihre Instrumente aus allerlei Auto- und Elektroschrott zusammengeschraubt. Auch Töpfe und Kuhglocken sind dabei und kreieren einen Afro-Elektro-Sound, der so bislang einzigartig ist.
In ihren Texten singen sie größtenteils auf Kikongo, eine der vielen lokalen Sprachen im Kongo. Manchmal tauchen auch ein paar französische, portugiesische oder englische Worte auf.

Wichtige Botschaften sind den Musikern unwichtig

Es geht den Musikern nicht darum, wichtige Botschaften zu vermitteln. Vielmehr singen sie über witzige Begebenheiten oder über ihren Alltag, wie in dem Song "Kinsumba".
"Wenn man heiratet, ist das sehr teuer. Für dieses Geld könnte man eine ganze Herde Rinder oder auch Elefanten kaufen. Es ist wirklich teuer. Aber dafür kann man dann mit der Frau zusammen sein, die man geheiratet hat. Dieses Geld, was man für die Braut zahlen muss, das nennt man Kinsumba. Als ich meine Frau geheiratet hab, hab ich wahnsinnig gelitten, weil ich so viel Geld ausgeben musste."
Es ist Musik, die einen in Trance versetzen kann, wenn man sie nur lange genug hört. Ein klassischer Liedaufbau mit Strophe und Refrain ist nicht erkennbar. Vielmehr erinnert die Musik an immer wiederkehrende Gebetsgesänge mit hypnotisierender Wirkung. Den sonst eher organischen, traditionellen Sound von Konono No1 hebt der Musikproduzent Batida auf eine ganz neue Stufe elektronischer Musik.
Außerdem hat er eine ganze Reihe von befreundeten Musikern aus Lissabon eingeladen, bei diesem Album mitzumachen: Papa Juju zum Beispiel, Sänger und Namensgeber der bekanntesten Afro-Fusion-Band der Stadt, und die mosambikanische Sängerin Selma Uamusse.
Eine überraschende Musikkollaboration, die aber sehr gut funktioniert und ganz offensichtlich auch den Musikern Spaß gemacht hat. "Konono No1 meets Batida" ist ein gelungenes Album zum 50-jährigen Jubiläum der Band.
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