Komödie "Heil" kommt in die Kinos

Slapstick mit Deppen-Glatzen

Szene aus dem Kinofilm "Heil".
Szene aus dem Kinofilm "Heil". © X-Verleih/dpa
Von Matthias Dell · 15.07.2015
Eine Komödie über deutsche Neonazis habe er drehen wollen, erklärt Regisseur Dietrich Brüggemann zu seinem Film "Heil". Es ist auch einiges los in dem Film, aber im Prinzip bedient er nur gängige Klischees: Die Neonazis sind bei ihm allesamt debile Deppen-Glatzen aus dem Osten.
Dietrich Brüggemann: "Ich habe den Produzenten Michael Lehmann getroffen, der wollte sich mal treffen, um vielleicht mal über Filme zu reden, die man vielleicht mal machen könnte. Es war gerade der NSU-Skandal in aller Munde, ich war gerade an einem Riesen Plakat von 'Kriegerin' vorbeigefahren und hörte mich dann so sagen, wär's nicht mal Zeit für 'ne Komödie mit Neonazis? Und er sagte sofort, das machen wir. Und ich dachte die ersten 30 Sekunden, was für eine genial originelle Idee, unglaublich toll, noch nie dagewesen und dann dacht ich mir, nee, das macht doch bestimmt gerade jeder."
Aber nicht jeder macht es wie Dietrich Brüggemann. Das, zumindest, kann man "Heil" zugute halten – es ist einiges los in dem Film. Der Grundeinfall ist klassische Komödiengegensätzlichkeit, Slapstick inklusive: Ein afrodeutscher Erfolgsautor kriegt einen Schlag auf den Kopf und plappert fortan alles nach, was ihm von Nazis vorgesagt wird. Die ziehen mit ihm durch konservative Salons und überdrehte Talkshows, ehe sie erneut den Überfall Polens auf Deutschland faken wollen.
Filmszene:
"Also da sind die Kameraden und auf die schießen wir."
- "Nein, wir schießen auf die Kaserne."
"Aber das sind doch Deutsche."
– "Genau das ist unsere List."
Die immergleichen Bilder von doofen Nazis
Von früher ist nicht nur der Plan, von gestern sind auch die Bilder, die sich der Film von Neonazis macht. Zwar gibt es sogenannte Hamburger Nazi-Hipster, die rechten Hauptakteure im Film aber wohnen im Problem-Osten, sie tragen Springerstiefel, Bomberjacken und Renee-Frisuren, sind doof und wollen nur geliebt werden.
Filmszene:
"Dürfte ich dich vielleicht mal auf 'n Heißgetränk einladen?"
"Du darfst vielleicht mal Platz machen, ich hab zu tun."
"Ja, ich hab auch zu tun, aber ich würd am Wochenende einfach mit dir telefonieren."
"Du kannst mal anrufen, wenn du Deutschland regierst und in Polen einmarschierst."
Die Mordserie des NSU hat Brüggemanns Film, trotz gegenteiliger Bekundung, so wenig beeindruckt wie verbürgerlichte Formen rechtsextremen Denkens – "Heil" hält das Bild von der letztlich harmlosen Deppen-Glatze hoch, die White Power nicht richtig buchstabieren kann.
Unpräzise wie ein Facebook-Thread
Aber in dem Film geht es auch gar nicht um Nazis, sondern um das mediale Gerede über Nazis. "Heil" ist eine Art Facebookkommentarstrangverfilmung, die selbst nicht mehr weiß, warum Nazis doofer sind als die Antifa oder umgekehrt.
In seinem Begriff von der Gegenwart ist der Film genauso unpräzise wie Brüggemanns halbironischer Erklärungsversuch mit geflügeltem Wort:
"Und wer sich an die Geschichte nicht erinnert, ist verdammt sie zu wiederholen, und zwar einmal als Tragödie und dann als Farce."
Das stand bei Karl Marx etwas anders.
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