Kommentar

Wie käuflich ist der Sportjournalismus?

Deutsche Handball-Spieler trainieren in Katar.
20 deutsche Journalisten haben sich zur Handball-WM nach Katar einladen lassen. © picture-alliance / dpa / Axel Heimken
Von Stefan Osterhaus · 01.02.2015
Dass sich Journalisten einladen lassen, wie sie es jetzt zur Handball-WM nach Katar getan haben, wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Das liegt vor allem an der Zeitungskrise - doch es steht viel auf dem Spiel.
Kleine Aufmerksamkeiten erhalten die Zuneigung. Wer zu einem Spiel des FC Bayern als Journalist akkreditiert ist, dem wird ein ordentliches Büffet bei reichlich Bier und gutem Wein serviert. Ist das Bestechung? Das ist eine gute Frage. Ich kann nur sagen: Wir, die über den FC Bayern berichten, haben uns mittlerweile dran gewöhnt.
Und was ist davon zu halten, dass ausländische Journalisten bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland umsonst mit der Bahn Erste Klasse reisen konnten? Es wurde kurz diskutiert. Einen Aufschrei gab es jedenfalls nicht.
Den gibt es aber jetzt bei der Handball-WM in Katar. Dass 20 deutsche Journalisten die Einladung des Weltverbandes angenommen haben, wird allenthalben als Unding dargestellt. Und das ist es auch. Und doch gilt es, genauer hinzusehen. Denn die Sache mit der Einladung sagt nicht nur etwas über die Geltungssucht Katars aus - sie erzählt auch einiges über den Zustand des deutschen Zeitungsjournalismus.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Journalismus
Noch vor einem Jahrzehnt wäre es schwer vorstellbar gewesen, dass ein Angebot von so einem Ausmaß angenommen worden wäre. Da war "Zeitung machen" noch ein einträgliches Geschäft. Doch die Krise, ausgelöst durch die Digitalisierung, den ungehemmten Informationsfluss im Internet, hat die Printmedien in einem Maße erfasst, wie es kaum vorstellbar war. Selbst Flaggschiffe wie die FAZ sparen - nicht zuletzt an den Sportseiten. Für manche freiberufliche Kollegen geht es schlicht und einfach um die wirtschaftliche Existenz. Die Branche ächzt.
Man werfe nur einen Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Da gab es keine Angebote des Veranstalters. Da galt das Gegenteil: Die Reisekosten und Hotelpreise waren astronomisch hoch. Wer nach Brasilien reiste, der konnte sich auf ein teures Vergnügen einstellen. Das zeigte sich bereits bei der Liste der Anmeldungen. Journalisten, die früher wie selbstverständlich gefahren waren, blieben zuhause.
Ich habe eine Menge Zeitungen in den letzten Tagen gelesen - und dabei viele kritische Texte über Katar auch von Kollegen gelesen, die sich einladen ließen. Sie machen ihren Job, sie haben sich nicht kaufen lassen. Und doch streut die Annahme eines solchen Angebotes bei denjenigen, die die Verhältnisse nicht kennen, Zweifel an der Glaubwürdigkeit. Und mit der steht und fällt alles im Journalismus.
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