Kommentar

Keller muss gehen, Di Matteo kommt

Fußball Bundesliga 7. Spieltag: TSG 1899 Hoffenheim - FC Schalke 04 am 04.10.2014 in Sinsheim (Baden-Württemberg) in der Rhein-Neckar-Arena. Schalkes Trainer Jens Keller steht im Stadion.
Jens Keller, ehemaliger Trainer des FC Schalke 04 © picture alliance / dpa / Uwe Anspach
Von Günter Herkel · 12.10.2014
Überraschend hat sich der FC Schalke 04 von Cheftrainer Jens Keller getrennt. Der Nachfolger steht sogleich parat: Roberto Di Matteo. Mit dem Wechsel möchte man einen neuen Impuls setzen, erklärte Schalke-Manager Horst Heldt. Günter Herkel kommentiert.
Zum Rauswurf nun auch noch Mitleid. Das hat Schalkes stets so sorgenvoll dreinblickender Ex-Trainer nicht verdient. Jens Keller habe nie eine Chance gehabt, kritisierte Lutz Hangartner vom Bund Deutscher Fußball-Lehrer. Irrtum. Gemessen an der meist recht kurzen Amtszeit eines guten Dutzend seiner Vorgänger hat Keller geradezu eine Ära bei S04 begründet.
Nur Mirko Slomka und Huub Stevens, der Knurrer von Kerkrade, hielten länger durch. Wobei Stevens auch der Titel des "Jahrhunderttrainers" nicht davor schützte, vor zwei Jahren am Ende seiner zweiten Etappe beim Revierklub recht rüde entsorgt zu werden. Nein, gemessen am öffentlichen Druck, der ihn vom ersten Tag an begleitete, hat Keller erstaunliche Steherqualitäten bewiesen. Respekt!
Ja, die Medien! Sie ließen allerdings diesen Respekt von Beginn an vermissen. Ein B-Jugend-Trainer auf der großen Show-Bizz-Bühne der Bundesliga – das kann ja nicht gut gehen, raunte es schon bei Kellers Präsentation. So pfiffen es vor allem die Provinzredakteure der Regionalblätter an der Ruhr aus ihrer VIP-Lounge. Solche, die Manu Neuers ironischen Spruch, Gelsenkirchen-Buer sei im Grunde das Monaco des Ruhrgebiets, für bare Münze nahmen und das immer noch tun. Ein Trainer, der – mit durchaus wechselndem Erfolg – nur seinen Job macht! Keine Veitstänze im feinen Zwirn an der Grundlinie! Keine Autowerbung! Wo bleibt da der Glamour? Wie unberechenbar ist doch die königsblaue Seele! Sieg im Revierderby? Hosianna! Niederlage gegen Hoffenheim? Kreuziget ihn! Zwischentöne sind Krampf im Ligakampf.
Zum Abschied: Lob für gute Arbeit
"Einen Freund zu entlassen, tut doppelt weh!" Also sprach Schalke-Manager Horst Heldt. Vermutlich leidet er momentan wie ein Hund, ist Keller nach Felix Magath doch bereits der zweite Freund, den er in die Wüste schickt. Jetzt kommt heraus, dass er sich mit dem neuen Hoffnungsträger di Mateo bereits im Frühjahr 2013 zum Kennenlern-Kaffee verabredet hatte. Wie zuvor wohl schon mit Thomas Tuchel, Armin Veh, Stefan Effenberg, fehlt noch jemand? Ein Schachzug, mit dem Freund Keller permanent signalisiert wurde, dass er nur auf Bewährung coacht. Zum Abschied dann ein Lob für gute Arbeit, für die zweimalige Champions-League-Quali und manches mehr. Nach dem Motto: Feste drücken, seufzen, entsorgen!
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Roberto di Matteo ist neuer Trainer von Schalke 04© dpa / Roland Weihrauch
Passt der Neue zu Schalke? Wie man's nimmt. Sollte es Roberto di Matteo gelingen, wie mit Chelsea gegen Bayern im 2012er-"Finale dahoam" die Champions League-Trophäe nach Gelsenkirchen zu holen, stünde vermutlich einer Heiligsprechung wenig entgegen. Mehr wird eigentlich von ihm nicht erwartet. Egal, ob das mit einer ähnlich elenden Catenaccio-Strategie erfolgt oder nicht. Seit Huub-die-Null-muss-stehen-Stevens sind die Schalker Fans in Sachen gepflegter Spielanlage nicht gerade verwöhnt.
Eingewöhnungsschwierigkeiten dürfte di Mateo kaum haben. Die Abraumhalden, in die sich die Schalker Arena malerisch schmiegt, könnten ihn mit ein wenig Fantasie an die sanfte Hügellandschaft seiner heimischen Abruzzen erinnern. Auch den Umgang mit russischen Oligarchen wird er nicht üben müssen. Von Abramowitsch zu Gasprom ist es schließlich nur ein kleiner Schritt.