Königlicher Befreiungsschlag

Von Georg Gruber · 06.11.2009
Die britische Queen ist das Staatsoberhaupt von Australien sowie auch dessen Königin. Seit 1901 ist das Land eine parlamentarische Monarchie. Doch die Australier sind monarchiemüde. Vor zehn Jahren sollte darüber entschieden werden, ob das Land eine Republik werden sollte.
Nachdem im Jahr 1770 der Seefahrer und Entdecker James Cook die Ostküste Australiens für die englische Krone in Besitz genommen hatte, nutzten die Briten das weite Land auf ihre Art: Sie gründeten Strafkolonien. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden rund 160.000 Sträflinge nach Australien gebracht. 1901 schlossen sich diese Kolonien zu einem Bundesstaat zusammen.

Australien gab sich eine Verfassung und wurde parlamentarische Monarchie: mit der britischen Queen als Staatsoberhaupt. Bis heute ist sie Königin von Australien und wird dort durch einen Generalgouverneur vertreten. De facto ist Australien unabhängig, der Gouverneur hat vor allem repräsentative Funktionen. Seit den 60er-Jahren wird er von der australischen Regierung ausgewählt.

Mitte der 70er-Jahre kam es jedoch zu einer ernsten Staatskrise - der schwersten in der Geschichte des Landes - als der Generalgouverneur einen fortschrittlichen Labour-Premier auf Antrag der konservativen Opposition absetzte. Hier liegt eine der Wurzeln der republikanischen Bewegung, die anfangs besonders von den Sozialdemokraten getragen wurde. Paul Keating, Labour-Premierminister von 1991 bis 1996, verfolgte den Plan, die Queen zum 100. Jahrestag der Verfassung im Jahr 2001 in Australien in den Ruhestand zu schicken. Das Land solle sich vollständig von Großbritannien lösen, so seine Vision:

"Australien wird im Jahr 2001 eine Republik sein."

Eine Republik ohne Königin, stattdessen mit einem Präsidenten. Erfolgen sollte diese Verfassungsänderung durch ein Referendum. Die Chancen standen gut, denn in den 90er-Jahren erschien die Monarchie den meisten Australiern nicht mehr zeitgemäß, gerade den jungen und den Einwanderern aus Südeuropa oder Ländern der asiatisch-pazifischen Region. Am 6. November 1999 war es schließlich soweit:
"(Mann) es ist schon peinlich, ein ausländisches Staatsoberhaupt zu haben, es wird Zeit, dass wir eigenständig werden, meint ein Paar in Sydney. Ich habe persönlich nichts gegen die Monarchie. Aber die königliche Familie hat einfach keinen Platz mehr hier. Wir sind Australier, und keine Briten."

Australien, losgelöst von der britischen Krone – für Monarchisten undenkbar:

"Also erstmal, dieses Land wurde von den Briten aufgebaut, ohne sie gäbe es Australien gar nicht und jetzt wollen diese Republikaner einfach die Monarchie abschaffen. Das geht nicht. Und deshalb vertraue ich diesen Leuten auch nicht."

Dieses Misstrauen fasste der Nachfolger von Paul Keating, der konservative Premier John Howard, in eine einfache Formel:

"Weshalb etwas reparieren, das nicht defekt ist?"

John Howard und die Monarchisten gingen dann auch als Sieger aus dem Referendum hervor – obwohl sich in Umfragen vorher nur neun Prozent zu echten Anhängern der Queen erklärt hatten. Warum stimmten dann doch fast 55 Prozent gegen eine Änderung der Verfassung? Aus Protest gegen das zur Wahl stehende Modell. Denn John Howard hatte durchgesetzt, dass der zukünftige Präsident nicht vom Volk, wie es sich die meisten Australier gewünscht hätten, sondern vom Parlament gewählt worden wäre. Ein geschickter Schachzug des Premierministers. Der Sprecher der Koalition für eine australische Republik, Richard Fidler, erklärte nach der Niederlage:

"John Howard hat mit einem Trick die republikanische Bewegung um ihren Sieg gebracht, dabei ist die große Mehrheit laut Umfragen eindeutig für die Republik. Und so wäre es nur natürlich gewesen, 100 Jahre nach Gründung der australischen Föderation auch endlich einen Australier zum Staatsoberhaupt zu machen."

Im September 2009 hat nun erstmals eine Frau das Amt des Generalgouverneurs angetreten. Möglicherweise ist Quentin Bryce die erste und letzte Gouverneurin, denn die inzwischen an die Macht zurückgekehrte Labour-Partei hält weiter an dem Plan fest, das königliche Band zum Mutterland zu durchschneiden – auch wenn noch kein Termin für ein neues Referendum feststeht.