Kleinerer CO2-Fußabdruck der Filmindustrie

Von Michael Meyer · 14.02.2012
Nicht nur die Berlinale will umweltbewusster werden, auch die Filmindustrie selbst will weniger Energie verschwenden. Die BBC in Großbritannien ist einer der Vorreiter. An den Sets in Deutschland ist davon noch wenig zu spüren.
"Der größte Hebel sind – wie bei Ihnen und bei mir - wirklich Flugemissionen, Reiseemissionen, das heißt, wenn man am Set statt 15 Leute nur noch 12 Leute braucht, und damit drei Flüge eingespart hat, hat man schon einen massiven Schritt getan."

sagt Jacob Bilabel vom grünen Think Tank "Thema 1". Dort hat man vor einem Jahr ein Pilotprojekt namens "Carbon Film Quote" entwickelt, mit dem sich Dreharbeiten von Filmen und Werbespots im Vorfeld auf ihre Umweltverträglichkeit berechnen lassen. Der "Carbon Foot Print", also der CO2- Fußabdruck, soll damit auch beim Dreh von aufwändigen Werbespots oder Actionfilmen kleiner werden. Das Ganze hat noch Versuchscharakter – aber das Thema wird wichtiger werden, meint Bilabel:

"Weil bei einem geringeren Carbon Footprint man nicht unbedingt weniger machen muss, man muss Sachen anders machen, anders produzieren, effizienter produzieren, und genau das ist der Ansatz des Carbon Film Quotes, dass man eine Idee entwickelt, wie kann man ein genauso kreatives Ergebnis, ein genauso atemberaubendes Ergebnis mit weniger Energie hinbekommen."

Die BBC in Großbritannien versucht bereits, ihre Filme mit weniger Energieaufwand zu produzieren, und auch NBC/Universal und die Produktionsgesellschaft Focus Features in den USA haben sich das Thema auf die Fahnen geschrieben.

Doch der Alltag am Set in Deutschland sieht bislang meist anders aus, stellt Christian Goldbeck fest, er ist Art Director vieler deutscher Filme wie etwa "Requiem", "Der Vorleser" oder "Krabat". Das Thema stehe in Deutschland noch kaum auf der Agenda, Geld- und Zeitknappheit bestimmen den Produktionsrhythmus. Allerdings seien manche ökologisch motivierten Einsparungen dann ja auch ökonomisch sinnvoll:

"In meinem Bereich ist es schon in dem Sinne kein Widerspruch, dass, wenn ich ein Set errichte im Studio, habe ich neulich erst gemacht, einfach aus Kostengründen, mehrere Wandelemente für verschiedene Sets zu benutzen, wodurch wir das Bauvolumen um fast 60 Prozent reduziert haben."

Auch durch Computertechnologie lassen sich eine Reihe von Emissionen vermeiden – längst nicht mehr jede Kulisse muss auch wirklich gebaut werden. Dennoch: Das Thema CO2-Reduktion beim Filmdreh hat es unter anderem auch deswegen so schwer, weil auch immer wieder die Sinnhaftigkeit von weniger Kohlendioxid-Ausstoß insgesamt in Frage gestellt wird, meint Jürgen Kopp, von der Potsdamer Climate Media Factory – einem Think Tank, der Umweltthemen verstärkt in die Öffentlichkeit bringen will. Erst in dieser Woche kam das neue Buch von RWE-Manager Fritz Vahrenholt in die Läden. Seine These besagt: Alles Unsinn, der CO2-Fußabdruck muss gar nicht gesenkt werden, Klimaveränderungen seien bis zu einem gewissen Grad normal:

"Themen werden nicht dadurch richtiger, dass man sie ständig wiederholt, vor allen Dingen falsche werden nicht dadurch richtiger, dass man sie ständig wiederholt, und es ist unsere Aufgabe, (...) einmal nachzuschauen, wie kommen solche Kommunikationsstile zustande und wie kann man es in Zukunft besser machen."

Doch am Ende des Tages entscheidet immer noch der Kinozuschauer, wie wichtig ihm das Thema überhaupt ist. Würde man einem ökologisch korrekt gedrehten Film den Vorzug geben, auch wenn man ihn nicht so spannend findet? Wohl kaum meint Christian Goldbeck:

"Es wäre für mich immer noch kein Grund ins Kino zu gehen, aber vielleicht ein Film, der mich interessiert und dagegen ein Film, der mich auch genauso interessiert, vielleicht hätte ich da einen kleinen Anreizpunkt den Film auszuwählen, das er unter ökologischen Aspekten produziert worden ist."

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