Kinokolumne "Top Five"

Die erhabensten Krönungen in Film und Serien

Ein Werbebild der Serie «Game of Thrones» (undatiertes Handout). Die deutsche TV-Ausstrahlung der zweiten Staffel der Erfolgs-Serie startete am 8. März 2013 auf RTL II.
© dpa / 2011 Home Box Office
Von Hartwig Tegeler · 21.01.2017
Ob Obama, Trump oder Roosevelt – gegen diese Inthronisierungen verblasst jeder noch so pompösere Amtsantritt eines US-Präsidenten: Wir haben die größten, erhabensten, wuchtigsten Krönungsszenen in Film und Fernsehen zusammengestellt.
Platz 5: "Game of Thrones" von David Benioff und D. B. Weiss (seit 2001)
Szene aus der TV-Serie "Game of Thrones"
Szene aus der TV-Serie "Game of Thrones"© imago/ZUMA Press
Bei all den Königreichen auf Westeros und Essos kann man schon mal den Überblick verlieren in diesem Fantasy-Mittelalter. Wer sitzt bei diesem "Spiel der Throne" gerade auf welchem Thron? Wobei natürlich am eindrucksvollsten der Eiserne Thron ist in der Großen Halle auf Königsmund, geschmiedet aus 1000 Schwertern. Wenn nun der sadistische, narzisstische Joffrey, gezeugt von den Geschwistern Cersei und Jaime, darauf seine Inauguration erfährt, dann finden mit dem Sitzmöbel - nicht gerade bequem - und dem durchgeknallten Gesichtsausdruck dieses zu viel zu viel Macht gekommen Kindes etwas eine filmisch überzeugende Synthese, das definitiv klinisch zu benennen wäre mit dem Begriff Wahnsinn.
Platz 4: "Der letzte König von Schottland" von Kevin Mcdonald (2006)
Szene aus "Der letzte König von Schottland" mit Forest Whitaker als Idi Amin.
Szene aus "Der letzte König von Schottland" mit Forest Whitaker als Idi Amin.© picture alliance / dpa / dpa-Film 20th Century Fox
Als Thron dient ein schöner antiker Stuhl, wenn der Diktator Idi Amin in der Uniform eines schottischen Soldaten inklusive Kilt Audienz hält. Ein absoluter Herrscher, bei dem sich Wahnsinn und Monstrosität auf unheimliche Weise paaren. Das mag das Kino natürlich in all seinen Varianten gerne gemäß folgender Dramaturgie: erst die Krönung, dann Abstieg und Sturz. Dazwischen böse Intrigen und Action. Auf die äußere Hülle, den Charme des afrikanischen Herrschers fällt James McAvoy als schottischer Arzt in Uganda am Anfang gerne herein. Dann kommt das böse Erwachen, wenn Amin die Maske fallen lässt – genauer, wenn Forest Whitaker in seinem grandios-verstörenden Spiel die Abgründe dieses Menschenschlächters aufreißt.
Platz 3: "House of Cards" von Beau Willimon (seit 2013)
Kevin Spacey spielt Frank Underwood in "House of Cards"
Kevin Spacey spielt Frank Underwood in "House of Cards"© picture-alliance / dpa / Melinda Sue Gordon
"House of Cards", eine moderne Fassung von "Game of Thrones" hinter den gediegenen Fassungen – sprich Abgründen – von Washington D.C. Es geht mit anderen Worten um die Spiele auf der Weltbühne der Macht und den Preis, der dafür zu zahlen ist. Kevin Spacey als reiner Machiavellist Frank Underwood, der keine Ethik, keine Moral, sondern nur ein Ziel kennt: die eigene Macht, das eigene Wohl. Die Krönung beziehungsweise Vereidigung mit dem "Ich gelobe feierlich …" wird angedeutet. Viel spannender, süffisanter, filmisch lustvoller ist die eigentliche Inauguration, die dieser fiktive 46. Präsident der USA an sich und mit sich selbst vornimmt, wenn er das erste Mal allein das Oval Office betritt und der Narziss - eigene Macht, eigenes Wohl - in der Ergriffenheit über sich selbst, in der Andacht über die eigene Erhabenheit, hinter den Schreibtisch tritt und uns anschaut – und dann einmal mit der Faust auf den Präsidentenschreibtisch haut. Großes Bild.
Platz 2: "Der Untergang des Römischen Reiches" von Anthony Mann (1964)
Szene aus dem Monumentalfilm "Der Untergang des Römischen Reiches"
Szene aus dem Monumentalfilm "Der Untergang des Römischen Reiches"© picture alliance / dpa
Wir schreiben das Jahr 180 nach Christi. Der Kaiser Marc Aurel hatte kurz vor seinem Tod noch die Pax Romana verkündet, den Frieden im ganzen Imperium. Dann wird er vergiftet und mit seinem Nachfolger wird klar: Das römische Reich ist überdehnt, von innen zersetzt. Die Macht des absoluten Herrschers stellt sich nur noch aus. Die Position auf dem Thron muss gekauft werden und damit ist das Imperium schon im Zerfallsprozess. Wenn Christopher Plummer als schlechter Kaiser in Rom einzieht, dann ist das die Krönung auf der großen Bühne für die Massen. Doch hinter dem Pomp und dem Glamour, den dieser Commodus lustvoll bei seiner Inauguration einsaugt, pfeifen es die römischen Spatzen schon von den Dächern: alles nur hohle Geste. Und auch, wenn dieser Sandalenfilm - Vorlage übrigens für Ridley Scotts Quasi-Remake "Gladiator" - den Untergang des Römischen Reiches, der Jahrhunderte dauerte, hier auf zwölf Jahre verdichtet, so verströmt Anthony Manns Film eine wunderbare Aura von Melancholie und Vergänglichkeit. Der Priester ruft dem neuen Kaiser zu: "Bedenke, dass du ein Mensch bist!" Doch der schaut nur verächtlich. Wie Frank Underwood, King Joffrey, Idi Amin und die anderen Kino-Könige und -Herrscher.
Platz 1: "Elisabeth" von Shekhar Kapur (1998)
Die Schauspielerin Cate Blanchett 
Die Schauspielerin Cate Blanchett© picture alliance / dpa / Frédéric Dugit
1. Januar 1559. Zu den Klängen von Mozarts Requiem schneidet eine Hofdame Elisabeth I. mit einer groben Schere die langen Haare ab. Rote Perücke, weiß geschminkte Haut, weißes Kleid, die Robe in der gleichen Farbe - so tritt Cate Blanchett in den Krönungssaal. Eine einst lebensfrohe, sinnliche Frau, nach all den Kämpfen um Macht und ums Überleben Siegerin über alle einsam, ganz verletzlich. In der äußeren Verwandlung und der folgenden Krönung zur absoluten Herrscherin findet die Transformation statt. Sie ist nun die jungfräuliche Königin. Das Ego ist gestorben. Der Mensch tritt ganz zurück hinter das Amt. Der er – hier: sie – einst war, ist nicht mehr. Für diese Idealisierung des guten Herrschers erschafft Shekhar Kapur ein Kino-Bilder-Tableau, der einem immer wieder den Atem raubt. Auf was für eine wunderbare Weise kann uns das Kino doch manchmal den Verstand rauben.
Mehr zum Thema