Kinderreport 2016

Kinderarmut in Bremen am höchsten

Ein junges Mädchen blickt am 24.01.2014 in Berlin aus einem Fenster.
In Bremen wachsen über 33 Prozent an Kindern in armen Familien auf. © picture alliance / dpa / Nicolas Armer
Von Almuth Knigge · 28.01.2016
In Bremen gibt es bundesweit die meisten armen Kinder. Laut Kinderreport 2016 sind es mehr als 33 Prozent. Eine Fahrt durch die Stadt zeigt aber: Es gibt auch schicke Villen. Wie kommt es also, dass so viele Kinder benachteiligt sind?
45 Haltestellen, ziemlich genau eine Stunde Fahrtzeit, dauert es, wenn man mit der Straßenbahnlinie 1 einmal quer durch Bremen, von Huchting im Westen nach Hemelingen im Osten der Stadt fährt – einmal durch alle sozialen Milieus – direkt nebeneinander. Durch eine Stadt mit über 33 Prozent an Kindern, die in armen Familien aufwachsen. Warum ist das so, das Bremen 2012 sogar Mecklenburg-Vorpommern überholt hat? Das Bundesland, das sonst immer zuverlässig die rote Laterne am Ende sozialer Statistiken in der Hand hat. Carsten Schlepper, der Vorsitzende des Kinderschutzbundes in Bremen hat sich am Hauptbahnhof mit in die Bahn gesetzt und erklärt:
"In den Untersuchungen wird eben deutlich, dass in Bremen es schon auch eine umfängliche Lage von unqualifizierten Arbeitsplätzen gibt, entsprechend Menschen, die dort auch wenig Geld verdienen und eine verfestigte Einkommensnot, die sich schon über mehrere Generationen hinzieht."
Dabei ist Bremen auf Platz 4 der bundesweiten Einkommensstatistik. Diese Meldung wurde in den vergangenen Tagen in der Hansestadt gefeiert.
"Im Sinne der Menschen, die hier auch viel Geld haben, ja."
Bremen: Lebenserwartung variiert zwischen den Stadtteilen
Das heißt aber auch, die soziale Schere geht immer weiter auseinander – das zeigt sich bei den Kindern und bei den alten Menschen. Die Lebenserwartung variiert zwischen einzelnen Stadtteilen um bis zu acht Jahre.
"Das ist ja auch das Thema, das wir hier in Bremen haben und wo eigentlich schon seit Jahren versucht wird, dagegen anzuarbeiten in der Regel, nämlich dass diese Einkommenskluft so groß wird und wir Stadtteile haben, da ist die Not riesengroß."
Und einige Wenige gibt es, da ist der Reichtum zu Hause. Durch einen solchen fahren wir jetzt – Schwachhausen. Böse Zungen haben das Sprichwort geprägt "Lieber stark wohnen als schwach hausen" aber vielleicht spielt dabei auch Neid eine kleine Rolle, denn Schwachhausen ist der Stadtteil, in dem reiche Bremer Kaufleute Anfang des 19. Jahrhunderts ihre Landvillen errichteten und der seitdem – bis heute – beliebtes Wohngebiet für das reiche Bremer Bürgertum ist. Die Kinderarmut liegt hier bei knapp 6 Prozent. 85 Prozent aller Schüler machen Abitur – im Nachbarstadtteil sind es nur 15. Auch die Lebenserwartung ist am höchsten. In den großen weißen Villen lässt es sich gut leben. Dann macht die Strecke einen kleinen Bogen und es geht in die Vahr.
"Die Vahr ist ja auch ein hergestellter Stadtteil damals nach dem zweiten Weltkrieg, hohe Häuser, Vielfamilienhäuser sozusagen in denen dann viele Familien auf engem Raum leben."
Kinderarmut trotz Geldern für den Kindergarten- und Schulbereich
Hier leben mehr als 50 Prozent der Unter-15-Jährigen wie es im Amtsdeutsch heißt, in Bedarfsgemeinschaften nach dem Sozialgesetzbuch II – sind also auf Hartz 4 angewiesen. Es gibt zwar Grün – aber …
"… es gibt keine Spielplätze, es gibt auch keine Möglichkeiten da auf einen Abenteuerspielplatz, da muss man auf die andere Seite der Weser gehen und hinterm Café Sand in diese Abenteuerwildnis hineingehen und das macht man nur als Kind, wenn man Eltern hat, die frei im Kopf sind, und die auch die Möglichkeiten haben, mit ihrem Kind zum Beispiel so eine Spielfläche mal aufzusuchen."
Oftmals fehlt dafür aber einfach schon das nötige Fahrgeld für die Straßenbahn.
"Es ist eine politische Steuerung an der Stelle in den letzten Jahren immer gewesen, die Politik hat gesagt, wir wollen keine Schieflage."
Aber genau das ist passiert.
"Es wird ja ganz viel Geld dafür ausgegeben, so ist es ja nicht, sowohl im Kindergartenbereich als auch im Schulbereich wird tatsächlich viel Geld hier in Bremen ausgegeben. Man das Geld, was ausgegeben worden ist, besser etwas verteilter auf den Weg bringen können. Das ist im Augenblick das Thema."
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