Kinder brauchen auch gute Betreuer

Von Gerhard Schröder, Hauptstadtstudio · 01.08.2013
Die gute Nachricht: Die Kommunen haben sich beim Bau von Kindergärten mächtig ins Zeug gelegt. Aber das reicht nicht, meint unser Hauptstadtkorrespondent Gerhard Schröder. Denn es fehlen Erzieher. Außerdem müsse die Ausbildung der Fachkräfte weiter verbessert werden.
Versprochen ist versprochen, wissen nicht nur die Kleinen im Kindergarten, sondern auch die Bundesfamilienministerin, die pünktlich zum Stichtag eine Erfolgsgeschichte zum Besten gibt. Es ist die Geschichte des erfolgreichen Kita-Ausbaus in Deutschland. Die Geschichte eines eingelösten Versprechens. Vor sechs Jahren haben Bund, Länder und Kommunen zugesichert, allen unter dreijährigen Kindern ab 2013 einen Betreuungsplatz anzubieten. Jetzt meldet Kristina Schröder Vollzug. Das Versprechen, so die Ministerin, sei annähernd erfüllt. Also: Ende gut, alles gut?

Keine Frage: Die Kommunen haben in den vergangenen Monaten einen beachtlichen Endspurt hingelegt, haben - die drohende Klagewelle enttäuschter Eltern vor Augen - sich mächtig ins Zeug gelegt und zusätzliche Betreuungsplätze aus dem Boden gestampft. Über 800 000 sollen künftig zur Verfügung stehen, sagt die Familienministerin, 30 000 mehr als noch vor kurzen erwartet. Das ist die positive Nachricht.

Die schlechte Nachricht lautet: Es reicht trotzdem nicht. Vor allem in den westdeutschen Großstädten werden viele Eltern auf der Suche nach einem Kindergartenplatz leer ausgehen. Das ist nicht überraschend, und es ist sicher auch nicht den Kommunen allein anzulasten. Vielen fehlte schlicht das Geld, den Kita-Ausbau schneller voranzutreiben, manchen waren aber auch prestigeträchtigere Projekte wichtiger, der Ausbau von Brücken oder Straßen zum Beispiel. Und sicher hat auch das zähe Ringen zwischen Bund, Länder und Gemeinden um Geld und Kompetenzen den Ausbau allzu lange gehemmt.

Den betroffenen Eltern dürften solche Erklärungsversuche ziemlich egal sein. Sie haben sich darauf verlassen, dass der Staat sein Versprechen einlöst - und sehen sich nun dort, wo dies nicht gelingt, vor existenzielle Probleme gestellt. Schließlich können sie den Nachwuchs nicht allein zu hause lassen, wenn sie zur Arbeit gehen müssen. Die wenigsten werden Zeit und Nerven haben, ihren Rechtsanspruch einzuklagen. Eine beruhigende Nachricht ist das nicht. Zu hoffen ist, dass dies für die Kommunen wie auch für Bund und Länder kein Grund ist, die Hände in den Schoß zu legen.

Schließlich geht es nicht nur um Masse, sondern auch um Qualität. Wir brauchen nicht nur mehr Betreuungsplätze, sondern auch bessere. Das betrifft die Ausstattung vieler Kitas wie auch das Personal. Erzieher oder Erzieherin zu werden ist längst keine verlockende Berufsperspektive mehr. Der Job ist anstrengend, vergleichsweise schlecht bezahlt, und bietet kaum Aufstiegschancen. Die Ausbildung ist verbesserungswürdig. Die Folgen sind absehbar: Es wird in den kommenden Jahren immer schwieriger werden, die nötigen Fachkräfte für die Kitas zu gewinnen.

Der Ausbau der Kinderbetreuung ist also nicht am Endpunkt angelangt, sondern steht noch ziemlich am Anfang. Das zeigt sich auch im internationalen Vergleich: Deutschland gibt für die frühkindliche Bildung nur halb so viel Geld aus wie die übrigen Industrieländer. Das ist eine Knauserigkeit, die uns noch teuer zu stehen könnte.