Killer, Pferdeknecht, Verführer

Von Christian Berndt · 11.02.2013
In Slowenien ist Marko Mandic ein Bühnen- und Filmstar. Hierzulande wurde der hagere, markante Typ durch Dominik Grafs TV-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" in der Rolle eines osteuropäischen Kriminellen bekannt. Nun ist der 38-Jährige auf der Berlinale an der Seite von Nina Hoss in Thomas Arslans Auswanderer-Epos "Gold" zu sehen.
"Aha. Meine Name ist Marko Mandic, ich bin aus Slowenien, aus Ljubljana, und das ist ziemlich alles." (lacht)"

Nein, das ist nicht alles. In zwei Stunden ist die Premiere von Thomas Arslans Film "Gold" auf der Berlinale. Der Schauspieler Marko Mandic spielt eine der Hauptrollen, aber nervös ist er überhaupt nicht. Er sitzt ganz entspannt in der quirligen Empfangshalle des Hyatt-Hotels am Potsdamer Platz und nimmt sich viel Zeit fürs Gespräch. Guckt nie auf die Uhr - und spricht ziemlich gut Deutsch:

""Ich finde, ich kann nicht so gut Deutsch, aber ich habe im Gymnasium gelernt. Und dann, immer wenn ich komme, bin ich komplett frustriert, oh, kann ich, ah, ah, wieder etwas sagen, oder: Die, der, das, waah, alles Grammatische gehen raus aus meinem Kopf, aber Tag für Tag ist es besser."

Mandic ist auf eine angenehme Art bescheiden, aber selbstbewusst. Er weiß, dass er was kann, und das sieht man auch im Wettbewerbsfilm "Gold". Im Goldgräber-Epos spielt er einen Amerika-Einwanderer, der Ende des 19. Jahrhunderts mit einer Gruppe weiterer deutscher Immigranten auf Goldsuche ist. Er ist nur der Pferdeknecht, aber ausgerechnet die kühle Emily – gespielt von Nina Hoss – zeigt an ihm Interesse:

Filmausschnitt "Gold":
"Hier. – Danke. – Sie sollten auch mal eine Pause machen. – Später. – Brauchen Sie Hilfe mit den Pferden? – Ich mache das schon, werde dafür bezahlt. – Hab’s verstanden. Wollte mich nicht aufdrängen."

Mandic, der mit seinem sehr schlanken Körper und fast hagerem Gesicht auffallend markant wirkt, agiert wortkarg und minimalistisch. Aber er schafft es mit diesen sparsamen Mitteln, eine wirkungsvolle Präsenz zu entwickeln. Man merkt seinem Spiel an, dass er eine vielseitige Ausbildung genossen hat. Die Leidenschaft fürs Spielen hat bei Mandic früh begonnen:

"Ich war nie so Showman – ich mach‘ das und imitiere – aber das war ein Wunsch, wenn ich war Kind schon. Ich war begeistert mit Puppen. Puppettheatre, dann in die Schule, wir hatten eine Vorstellung für diese Stadtfest, und wir haben ganze Programm auch zuhause wiederholt für meine Eltern, meine Schwestern und ich. Wir haben das organisieren, und sie, meine Eltern, haben gesessen da, und wir hatten viel Zeit, etwas zu entwickeln."

1974 wird Mandic in der slowenischen Kleinstadt Slovenj Gradec geboren. Nach der Schule geht er an die Film- und Theaterakademie Ljubljana, und für ein Jahr ans Lee Strasberg Institute in New York. Seit Mitte der Neunzigerjahre ist Mandic am Nationaltheater Ljubljana engagiert und arbeitet für den Film. 2007 dann wird er als einer der europäischen Shootingstars der Filmfestspiele Berlin ausgezeichnet. Zum Programm gehören Treffen mit Filmagenten, darunter ist auch die Casting-Direktorin für den geplanten Fernsehmehrteiler "Im Angesicht des Verbrechens" von Dominik Graf. Und der sucht für den Krimi im Milieu der Berliner Russenmafia osteuropäische Darsteller. Mandic bekommt die Rolle und spielt die wichtige Figur des Bandenführers Bodrov.

Filmausschnitt "Im Angesicht des Verbrechens":
"Feste Schläge, Schreie "Das ist noch gar nichts. Wenn ihr nicht wollt, dass wir weitermachen und euch ficken, dann packt ihr jetzt euren Anführer. Und ich zähle jetzt bis zehn!""

Als brutaler Killer mit kahlrasiertem Schädel wirkt Mandic beängstigend echt. Sitzt man hier im Hyatt-Hotel dem liebenswürdig-fröhlichen Schauspieler gegenüber, der mit blonden kurzen Haaren und Dreitagebart sanft entspannt wirkt und gerne lacht, kann man die Diskrepanz kaum fassen. Allerdings hätte nach "Im Angesicht des Verbrechens" auch die Gefahr bestehen können, auf die Rolle des Russen-Mafioso festgelegt zu werden. Mehrere solcher Rollen hat Mandic hierzulande bereits gespielt:

"Ich hab kein Problem damit. Das sind immer interessante Rollen. Ich war am Anfang meiner Karriere ins Theater – mach mal – ach, warum bin ich immer diese Rolle: Wir sind aaach, sie haben viel Problemen mit allem, so, das, ich habe dann gesagt, warum spiele ich nicht einen bösen oder einen schwarzen Mann. Aber das, dann passiert."

Tatsächlich sind Mandics Rollen in seinen aktuellen deutschen Filmen ziemlich unterschiedlich. Er zeigt sich als erstaunlich wandelbarer Schauspieler, der sich die Figuren mit dem ganzen Körper aneignet. In "Lose your Head", seinem zweiten Film auf der Berlinale, spielt er zwar wieder einen zwielichtigen Osteuropäer. Aber dieses Mal in der Rolle eines dämonischen Verführers, der einen jungen Spanier magisch anzieht – und sich dabei in einigen sehr freizügigen, schwulen Sexszenen zeigt. Für Mandic kein Problem:

"Ich habe kein Problem damit, nackt zu sein, ich hab kein Problem damit, Sexszenen zu spielen. Ich finde, es ist immer interessant, eineChemie zwischen zwei Personen zu finden. Und diese Chemie kann sein zwischen zwei Männern, zwischen zwei Frauen, zwischen Frau und Mann oder, ja, in einer Gruppe auch." (lacht)"

Nach der Hauptrolle in "Gold" wird Mandic mit Sicherheit noch mehr Angebote aus Deutschland bekommen. Aber Zeit hat der Familienvater, der mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern in einer kleinen Wohnung in Ljubljana lebt und gerne trampt, nicht. Im Moment steht er dort am Nationaltheater als "Hamlet" auf der Bühne. Auch für Hobbys ist er zu beschäftigt. Nur reiten würde er gerne wieder, nachdem er zwei Monate lang für die Dreharbeiten zu "Gold" auf einem Pferderücken gesessen hat:

""Ich finde, das ist immer sehr wichtig: Du bekommst eins mit dem Tier. Manchmal sie sagen, Du musst Chef sein. Aber ich glaube das nicht. Für mich, das ist eine Kommunikation, auch der Pferd muss Chef sein."