Soundscout

Fluffiger Bubblegum-Pop aus dem Norden

Gitarre
Kid Astray: "Auch wir haben das zunächst nur aus Spaß gemacht." © imago/Westend61
Von Martin Risel  · 31.07.2015
Sie galt als Piano-Wunderkind, er modelte für das Modemagazin Vogue. Beide haben sich zusammen mit vier anderen Freunden für ihre Band Kid Astray entschieden. Die Gruppe gilt als Nachwuchshoffnung aus Norwegen, ihr Debütalbum heißt "Home Before The Dark".
"Still chasing nothing"
Mit dieser ersten Single geistern sie schon länger durch Videokanäle und Musikblogs: Kid Astray, dieser frischeste Pop-Nachwuchs, den Norwegen, vielleicht ganz Skandinavien, zur Zeit zu bieten hat. Unter den sechs Talenten ist eine junge Frau, Elizabeth Wu, und die hat den Text geschrieben zu "Still chasing nothing".
"Es geht einfach darum zu erkennen: Du bist gut genug. Wir sollten frei sein und nicht immer etwas hinterher jagen, wie es viele Leute heute tun. Denn es gibt nichts zu jagen. Also wenn Du eine harte Situation überstanden hast, fühl dich einfach frei, das beflügelt dich."
Nun muss man in der Poplyrik von 20-, 21-Jährigen nicht unbedingt solche großen Lebensweisheiten erwarten. Das zentrale Thema in vielen Texten der Band ist jedenfalls eher ein anderes, ihrem Alter entsprechendes, hoch hormonelles: Die Liebe in ihren Irrungen und Wirrungen.
"…you’re not coming back"
Neben der Liebe hatten einige der sechs jungen Musiker von Kid Astray auch schon intensiv mit anderen Dingen zu tun. Der eine war Model der Modezeitschrift Vogue, die andere Piano-Wunderkind - Elizabeth Wu mit ihren koreanischen Wurzeln.
"Ich hab bei vielen Privatschulen gelernt und an Wettbewerben teilgenommen, in Norwegen und international. Das brauchte ne Menge Üben und Disziplin – wie das Klischee von allen asiatischen Kindern, die Klavier oder Geige lernen. Ich mochte das Klavierspielen aber tatsächlich gerne."
Und dann ist da noch Benjamin Giørtz. Der Keyboarder und Sänger der Band war schon Junior Golf-Meister.
"Es war so: Ich hatte die Wahl, mit Golf weiter zu machen oder an die Musikschule zu gehen. Und als ich mich für Musik entschied, blieb kaum noch Zeit für Golf."
"Change who I am… back to the ordinary"
Nicht um jeden Preis von der Masse abheben
In "Back To The Ordinary" geht’s darum, sich nicht um jeden Preis von der Masse abheben zu müssen. Auch musikalisch ist das eine ziemlich eingängige Nummer – Kid Astray spielen einen fluffigen Bubblegum-Pop, wie er stilistisch auch von manchen anderen, vor allem britischen Bands zu hören ist. Im Konzert merkt man allerdings, dass sie wesentlich mehr drauf haben als der Durchschnitt. Und das hat auch mit ihrer guten musikalischen Ausbildung zu tun, wie sie ihnen in Norwegen ermöglicht wird.
Wu: "Wir haben uns an so einer Musikschule außerhalb von Oslo getroffen. Viele Leute haben da Bands gegründet. Auch wir haben das zunächst nur aus Spaß gemacht. Dann ist es aber explodiert: Wir haben bei vielen Festivals gespielt, bekamen einen Plattenvertrag und sind jetzt bei unserem ersten Album gelandet."
Das liegt weniger daran, dass dort in der Nähe ihres Heimatstädtchens Sandvika Wagners "Fliegender Holländer" angesiedelt ist, als viel mehr auch ihre musikalische High School. An so einer kann man im norwegischen Schulsystem quasi Vollzeit Musik machen statt nur ein paar Stunden in der Woche.
Diese Schule haben sie inzwischen hinter sich gelassen und es geht mit Label und Manager und Produzenten längst in Richtung professionelle Musik-Karriere. Ihre Songs schreiben Kid Astray allerdings noch selbst, erzählt Schlagzeuger Jakob Bechmann:
"Benjamin und ich komponieren meistens. Es beginnt mit seinen Akkorden und Arrangements, ich mache darauf die Melodie und jeder kann dann einen Text dazu machen oder natürlich noch seinen Einfluss reinbringen."
Und so lange zu den vielversprechenden eigenen Einflüssen nicht all zu viele von findigen Produzenten und großen Plattenfirmen hinzu kommen, sieht alles gut aus für Kid Astray. Denn Talente müssen nicht automatisch zu Produkten werden.

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