Keine Wende, sondern Imagepolitur

Irina Scherbakowa im Gespräch mit André Hatting · 12.09.2013
Der Vorstoß Putins zur Kontrolle syrischer Chemiewaffen stelle keinen wirklichen Wandel der russischen Außenstrategie dar, sagt die Bürgerrechtlerin Irina Scherbakowa. Putin habe lediglich das Ansehen Russlands in der Welt aufbessern wollen, meint die Aktivistin der Organisation "Memorial".
Vor allem mit Blick auf die Olympischen Winterspiele 2014 im russischen Sotschi sei es Putins Interesse, das Image seines Landes aufzubessern. "Die amerikanische Zusage, dass man die Olympiade nicht boykottiert, ist fast an demselben Tag gekommen. Da sehen wir ja die Zusammenhänge", so Scherbakowa. Auch innerhalb Russlands habe Putin mit seinem Vorstoß zur Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen sein Rating verbessern können.

Gleichzeitig müsse eine gesunde Skepsis an den Tag gelegt werden, ob Assad sich wirklich auf eine effektive Kontrolle der Chemiewaffen einlasse. "Es ist [ ... ] eine Gretchenfrage, wer chemische Waffen [ ... ] benutzt hat." Diese bisher ungeklärte Frage sei noch immer ein "Stolperstein" zwischen den USA und Russland.

Mit Blick auf die russischen Bürgermeisterwahlen in dieser Woche äußerte die Bürgerrechtlerin die Hoffnung, dass die russische Gesellschaft aus ihrer politischen Apathie erwachen könnte. Das Engagement tausender Freiwilliger habe gezeigt, dass sich die Menschen zumindest in den Großstädten mobilisieren. "Das waren hauptsächlich [ ... ] junge Menschen, die ganz offen gesagt haben, sie wollen Demokratie, sie wollen Wahrheit, Ehrlichkeit bei den Wahlen", so die Bürgerrechtlerin. Sie hoffe, dass die Regierung diesen Druck ernst nehme.

Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 12.02.2014 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören. MP3-Audio

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