Keine halben Sachen

Von Jürgen Liebing · 21.12.2011
Ein Jahrzehnt hat Andreas Homoki die Komische Oper Berlin geprägt, die 2007 von der Fachzeitschrift "Opernwelt" zum Opernhaus des Jahres gewählt wurde. In der kommenden Spielzeit wird er nach Zürich wechseln. Was ihm heilig ist, hat er unserem Autor Jürgen Liebing erzählt.
"Was mir heilig ist? Was ich nicht ausstehen kann, sind halbe Sachen. Wenn man Sachen nicht richtig macht, und von daher ist es mir heilig, dass man alles, was man macht, dann eben richtig macht - also keine Kompromisse. Wenn man Dinge nicht so realisieren kann in der künstlerischen Arbeit, wie man sich das vorstellt, dann ist es besser, man tut es nicht, weil der Schaden größer ist als der Nutzen. Also ein Bisschen, irgendwas ist immer eigentlich schlechter, als wenn man das dann lässt und lieber das macht, was man wirklich kann.

Ich mag Sachen, wenn sie gut und qualitätvoll sind, sie müssen nicht teuer sein, nicht nobel sein. Auch beim Essen: Ich mag gern eine gute Bratwurst, aber sie muss durchgebraten sein und knusprig und nicht schlapp. Es muss nicht Kaviar sein. Ich mag auch guten Rotwein, das muss aber auch kein 'Chateau Pétrus' sein, sondern da reicht ein schöner Bordeaux. Also wichtig ist die Qualität und eine Nachhaltigkeit und Durchgängigkeit der Dinge meiner Lebensqualität. Das ist eigentlich das Wichtigste.

Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Fleiß, Freude am Leben, Spaß, auch Bekenntnis zum Spaß, bei aller intellektuellen Schwere, die wir auch als Künstler und Theaterleute natürlich haben und bedienen müssen, aber den Bezug zum Leben nicht verlieren, nicht abheben, Mensch bleiben.

Die Menschen nehmen hier auch sehr stark Anteil, auch die Öffentlichkeit, die Presse - man hat das Gefühl, eine neue Opernpremiere wird diskutiert, wird wahrgenommen gerade in Berlin. Das ist eine tolle Sache, weil, da bin ich parteiisch, für mich die Kunstform Oper eine unglaublich tolle Möglichkeit ist, Inhalte über Geschichten, über musikalisch erzählte Geschichten darzustellen.

Da entsteht eine wahnsinnige Kraft, die man spüren kann über dieses gemeinsame Tun auf der Bühne mit einem inhaltlichen Anspruch, mit einer handwerklichen und künstlerischen Könnerschaft und Metierbeherrschung.

Wenn das gut passiert und in Kommunikation tritt mit den Menschen im Zuschauerraum, dann ist das eine unglaubliche Energie, die da frei wird und die bekommen Sie sonst nirgendwo, die bekommen Sie nicht im Kino, nicht vor dem Fernseher, und die bekommen sie auch nicht im Konzertsaal, weil dort die visuelle und inhaltliche Komponente fehlt. Ich kann nur jeden, der noch nicht in der Oper war, einladen, kommen Sie, kommen Sie beispielsweise in die Komische Oper, da haben sie deutsche Untertitel in den Sitzen, sie brauchen also keine Schwellenängste haben, kommen Sie rein, lassen sie sich unterhalten, lassen sie sich mitreißen, das ist eine tolle Sache!"

"Was mir heilig ist"
Weihnachtliche Reihe in Fazit
Mehr zum Thema