Kein Desaster der Gesundheitsbehörden

Von Georg Ehring, Deutschlandfunk · 10.06.2011
Sie hat kaum Kalorien, dafür die Vitamine B und C sowie die Spurenelemente Kalium, Zink, Magnesium und Phosphor. Und ab heute kann man sie wieder unbeschwert genießen - mit dem Segen des Bundesinstituts für Risikobewertung.
Das hat die Verzehrwarnung für Gurken aufgehoben, ebenso für Tomaten und Salat, weil anscheinend doch ausschließlich Sprossen die Infektion mit dem lebensgefährlichen EHEC-Erreger verbreitet haben. Landwirte in Deutschland und Spanien klagen über Schäden in Höhe von Hunderten von Millionen Euro durch die Verzehrwarnung vor Produkten, die sich schließlich als rundum gesund und bekömmlich herausgestellt haben.

Es ist also Zeit für Manöverkritik, das finden nicht nur die zuständigen Minister Ilse Aigner und Daniel Bahr. In der Tat: Kommunikationswege sind zu verbessern und Verwirrung durch unterschiedliche Einschätzungen von Behörden kann durch bessere Kooperation vermieden werden. Es ist wichtig, dass die amtlichen Stellen in so einer Krise mit einer Stimme sprechen, damit die richtigen Warnungen befolgt und unnötige Ängste vermieden werden. Und es kommt darauf an, schnell zu handeln, zu Beginn der Krise gab es unnötige Verzögerungen.

Auch wenn sie anfangs eine falsche Spur verfolgt haben - der Umgang mit EHEC ist kein Desaster der Gesundheitsbehörden - im Gegenteil: Sie haben insgesamt vernünftig gehandelt. Richtig war vor allem die Warnung vor Produkten, die unter begründeten Verdacht geraten waren - man konnte noch nicht wissen, dass er sich als unberechtigt herausstellen würde und es ging immerhin um Menschenleben. Über 30 Tote sind bisher durch EHEC zu beklagen, und es können durchaus noch mehr werden - dazu kommen Tausende zum Teil schwer erkrankte Menschen. Die betroffenen Landwirte, die ihre Produkte nicht mehr los wurden, bekommen eine Entschädigung. Das muss sein, schließlich können sie nichts dafür, dass ihre Erzeugnisse unverkäuflich wurden.

Die Forderung nach einer Bundesseuchenpolizei und straffer Zentralisierung bei der Lebensmittel- und Gesundheitsaufsicht führt nicht zum Ziel. Wenn irgendwo ein neuer Erreger auftaucht, sind die Behörden vor Ort zu Recht der erste, weil schnellste Ansprechpartner.

Lebensmittel sind immer wieder Überträger von Krankheiten und das wird auch so bleiben, denn eine Ernährung ohne Risiko ist nicht zu haben. Wer aus Angst vor Infektionen nur noch Dosenkost verzehrt, tut seiner Gesundheit auch nichts Gutes. EHEC, Salmonellen, Listerien und andere krankmachende Keime werden auch in Zukunft für Erkrankungen und auch für Todesfälle sorgen. Oft werden sie gar nicht als Ursache erkannt und wenn doch, macht dies nur selten Schlagzeilen. Dass es dieses Mal anders war, liegt vor an der Dimension des Ausbruchs und der Schwere der Erkrankung.

Vor der alltäglichen Keimbelastung kann sich der Verbraucher nur durch gute Hygiene in Küche und Kühlschrank schützen. Auf Gesundheitsbehörden und Lebensmittelaufsicht kann man sich im Zweifel ohnehin nicht verlassen, - nicht, weil die in diesem Fall schlecht gearbeitet hätten, sondern schlicht und einfach deshalb, weil Keime überall sind.