Katastophen-Flug JAL 124

Absturz der japanischen Boeing 747

Der Flugschreiber der abgestürzten Boeing 747
Der Flugschreiber der abgestürzten Boeing 747 der Japan Air Lines © dpa/picture alliance/Keizo Mori
Von Regina Kusch  · 12.08.2015
Es war eines der schwersten Unglücke der zivilen Luftfahrt: Der Absturz des Flugs JAL 124 der Japan Airlines am 12. August 1985. In Osaka kamen die 542 Passagiere aus Tokio nie an, nur vier Menschen haben die Katastrophe überlebt.
Der 12. August 1985 versprach für Japan Air Lines ein besonders guter Tag zu werden. Die größte japanische Fluggesellschaft verzeichnete einen neuen Passagier-Tagesrekord, denn viele Japaner waren unterwegs in ihre Heimatorte, um dort das jährliche Obon-Fest, an dem sie ihrer Toten gedenken, zu feiern. Auch Flug JAL 123 war mit 524 Menschen an Bord restlos ausgebucht. Aber kurz nachdem die Boeing 747 um sechs Uhr abends von Tokio nach Osaka gestartet war, brach im Heck der Maschine das Druckschott und in der Kabine sank der Druck ab.
"Der Flugzeugrumpf hat einen höheren Druck als die umgebende Luft in 10.000 Metern Höhe. Der Pilot geht in den Sinkflug über und fliegt in einer Höhe weiter, wo dieser Druckunterschied nicht mehr so hoch ist. "
In geringerer Flughöhe können die Passagiere auch ohne Druckausgleich atmen, erklärt der Leiter der Luftfahrtabteilung im deutschen Technikmuseum Heiko Triesch. Nach einem Sinkflug muss der Kapitän die Maschine dann aber wieder hochziehen.
"Die Steuerseile oder Steuerleitungen verlaufen innerhalb der Druckkabine und wenn ein Schaden an dem Schott auftritt, der in dem Bereich liegt, wo diese Steuerleitungen durchgeführt werden, kann es durchaus sein, dass auch die Steuerbarkeit des Flugzeuges beeinträchtigt ist."
Steuerbarkeit des Flugzeuges beeinträchtigt
Im Fall des Fluges JAL 123 war genau das passiert. Seiten- und Höhenleitwerk funktionierten nicht mehr. Die Piloten versuchten noch notzulanden, aber die Maschine ließ sich nicht mehr steuern. Etwa eine halbe Stunde lang trudelte sie unkontrolliert über den japanischen Alpen und zerschellte schließlich an einem Berggipfel. Ein Helikopter eines nahegelegenen US-Stützpunktes überflog 20 Minuten später die Absturzstelle. Ein amerikanisches Hilfsangebot lehnten die japanischen Behörden jedoch ab. Ihre eigenen Rettungshubschrauber erreichten die Unfallstelle erst nach Einbruch der Dunkelheit und man kam zu dem Schluss, dass es keine Überlebenden gebe. So begannen die Bergungsarbeiten erst am nächsten Morgen. Ein fataler Irrtum, so die Japanologin Susanne Brucksch von der FU Berlin.
"Vier Personen überleben den Absturz und aufgrund deren Berichte weiß man, dass es deutlich mehr Überlebende gegeben hat, die dann aber aufgrund von Kälte, aufgrund von fehlender Versorgung vor Ort sterben. Sie berichten, dass sie immer noch viele Stimmen gehört haben, die dann über Nacht weniger werden. Diese Augenzeugenberichte werden später auch durch medizinische Gutachten bestätigt."
Eine technische Untersuchungskommission stellte später fest, dass das Druckschott sieben Jahre zuvor schon einmal beschädigt und damals von Boeing unsachgemäß repariert worden war. In der Folge waren Haarrisse entstanden, die bei anschließenden Inspektionen weder vom Hersteller noch von der Fluggesellschaft entdeckt wurden. Die schoben sich gegenseitig die Schuld zu. Der Wartungschef von Boeing beging Selbstmord und der Präsident von Japan Air Lines wurde ausgewechselt. Die Fluggesellschaft konnte sich außergerichtlich mit den Angehörigen der Opfer einigen, zahlte hohe Entschädigungen, organisierte Massengedenkfeiern und weihte ein Jahr später ein Mahnmal an der Absturzstelle ein. Unter den Toten hatten sich mehrere Personen des öffentlichen Lebens befunden, Unternehmenschefs, der Präsident eines Baseballvereins und der beliebte Sänger Kyu Sakamoto, dessen Sukiyaki-Song weltweit bekannt wurde. Das Glück liegt über den Wolken im Himmel lautet eine Liedzeile.
Vier Überlebende
Dass gerade die japanische Gesellschaft, die so stolz ist auf ihren technischen Fortschritt, durch dieses Unglück, das bis heute zu den schwersten in der zivilen Luftfahrt zählt, so stark erschüttert wurde, erklärt Susanne Brucksch mit dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren. Zum Einen, dass sich an Bord viele Familien mit Kindern befanden, die zum Obon-Fest ihrer verstorbenen Angehörigen zu gedenken wollten.
"Zugleich fällt aber genau in diesen Sommerzeitraum August 1985 das 40-jährige Gedenken an die doppelten Atombombenabwürfe, sodass wir eine zeitliche und symbolische Verknüpfung von Tod, Technologie usw. sehen, die das Thema auch präsent hält."
Und so erinnert sich das Land jedes Jahr wieder daran, dass der 12. August 1985 zum schwärzesten Tag in der Geschichte von Japan Air Lines wurde.
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